Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.Blick um! wie hinter dir in blau Gedüft die Berge Sich hüllen, so verhüllt die Ferne Grüft' und Särge. Und kehrst du wieder ein, so ist der Dunstkreis rein, Und über'm Moder wird das Gras gewachsen seyn. 63. Jüngst rührte zwischen Schlaf und Wachen mich ein Schimmer, Ich sah die Meinigen im kerzenhellen Zimmer. Sie trieben ihr Geschäft und trieben ihre Spiele, Mich freut' es, wie so froh sie waren und so viele. Doch nebenaus von dem Getriebe war ein Nischchen Gewölbet in der Wand, darin gestellt ein Tischchen. Bei dämmerlichem Schein dort saßen zwo Gestalten, Die Jugendliche schlank mit vorgebückter Alten. Die schienen ihr Gespräch und ihr Geschäft zu treiben Für sich, doch theilnahmlos umher auch nicht zu bleiben. Ich kannte sie gar wol, es war die schlichte Güte Der alten Mutter und der Schwester Jugendblüte. Blick um! wie hinter dir in blau Geduͤft die Berge Sich huͤllen, ſo verhuͤllt die Ferne Gruͤft' und Saͤrge. Und kehrſt du wieder ein, ſo iſt der Dunſtkreis rein, Und uͤber'm Moder wird das Gras gewachſen ſeyn. 63. Juͤngſt ruͤhrte zwiſchen Schlaf und Wachen mich ein Schimmer, Ich ſah die Meinigen im kerzenhellen Zimmer. Sie trieben ihr Geſchaͤft und trieben ihre Spiele, Mich freut' es, wie ſo froh ſie waren und ſo viele. Doch nebenaus von dem Getriebe war ein Niſchchen Gewoͤlbet in der Wand, darin geſtellt ein Tiſchchen. Bei daͤmmerlichem Schein dort ſaßen zwo Geſtalten, Die Jugendliche ſchlank mit vorgebuͤckter Alten. Die ſchienen ihr Geſpraͤch und ihr Geſchaͤft zu treiben Fuͤr ſich, doch theilnahmlos umher auch nicht zu bleiben. Ich kannte ſie gar wol, es war die ſchlichte Guͤte Der alten Mutter und der Schweſter Jugendbluͤte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0317" n="307"/> <lg n="7"> <l>Blick um! wie hinter dir in blau Geduͤft die Berge</l><lb/> <l>Sich huͤllen, ſo verhuͤllt die Ferne Gruͤft' und Saͤrge.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und kehrſt du wieder ein, ſo iſt der Dunſtkreis rein,</l><lb/> <l>Und uͤber'm Moder wird das Gras gewachſen ſeyn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>63.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Juͤngſt ruͤhrte zwiſchen Schlaf und Wachen mich ein Schimmer,</l><lb/> <l>Ich ſah die Meinigen im kerzenhellen Zimmer.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie trieben ihr Geſchaͤft und trieben ihre Spiele,</l><lb/> <l>Mich freut' es, wie ſo froh ſie waren und ſo viele.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch nebenaus von dem Getriebe war ein Niſchchen</l><lb/> <l>Gewoͤlbet in der Wand, darin geſtellt ein Tiſchchen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Bei daͤmmerlichem Schein dort ſaßen zwo Geſtalten,</l><lb/> <l>Die Jugendliche ſchlank mit vorgebuͤckter Alten.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Die ſchienen ihr Geſpraͤch und ihr Geſchaͤft zu treiben</l><lb/> <l>Fuͤr ſich, doch theilnahmlos umher auch nicht zu bleiben.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Ich kannte ſie gar wol, es war die ſchlichte Guͤte</l><lb/> <l>Der alten Mutter und der Schweſter Jugendbluͤte.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [307/0317]
Blick um! wie hinter dir in blau Geduͤft die Berge
Sich huͤllen, ſo verhuͤllt die Ferne Gruͤft' und Saͤrge.
Und kehrſt du wieder ein, ſo iſt der Dunſtkreis rein,
Und uͤber'm Moder wird das Gras gewachſen ſeyn.
63.
Juͤngſt ruͤhrte zwiſchen Schlaf und Wachen mich ein Schimmer,
Ich ſah die Meinigen im kerzenhellen Zimmer.
Sie trieben ihr Geſchaͤft und trieben ihre Spiele,
Mich freut' es, wie ſo froh ſie waren und ſo viele.
Doch nebenaus von dem Getriebe war ein Niſchchen
Gewoͤlbet in der Wand, darin geſtellt ein Tiſchchen.
Bei daͤmmerlichem Schein dort ſaßen zwo Geſtalten,
Die Jugendliche ſchlank mit vorgebuͤckter Alten.
Die ſchienen ihr Geſpraͤch und ihr Geſchaͤft zu treiben
Fuͤr ſich, doch theilnahmlos umher auch nicht zu bleiben.
Ich kannte ſie gar wol, es war die ſchlichte Guͤte
Der alten Mutter und der Schweſter Jugendbluͤte.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/317 |
Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/317>, abgerufen am 16.02.2025. |