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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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Von einem anderen Gebäude dieser Zeit, der Vorhalle
des Klosters zu Lorsch, findet sich die Abbildung im ersten
Hefte von Georg Mollers Denkmälern der deutschen Bau-
kunst *); und gewiß dürfen wir diesem verdienstvollen Bau-
künstler Dank wissen, unsere Kunde von der Baukunst der ka-
rolingischen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verschiedener
Bestimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier läßt
das Ganze, wie das Untergeordnete, sich überall aus der rö-
mischen Baukunst ableiten. Denn, wie fremdartig dieses Bau-
werk auf den ersten Blick erscheinen möge, so ergeben sich
doch, wenn wir es in seine Theile zerlegen, lauter römische
Elemente, deren willkührliche Verknüpfung Niemand befrem-
den wird, dem aus den italienischen Denkmalen dieser und
früherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit
und durch allmähliche Uebergänge mancher wesentliche Theil
zur bloßen Verzierung eingeschmolzen, manche Verzierung ihre
Stelle gewechselt, oder benachbarte Glieder eingebüßt hat.

Schwerlich nun hatte die Bauart des späten und christ-
lichen Roms unter den Merowingern sich in der Reinheit und
Ausbildung erhalten, welche wir in den angeführten Bauwer-
ken Karl des Großen wahrgenommen haben. Denn es kommt,
außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieses in Be-
trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut-
sche Lebenssitten in ihre Eroberungen eingeführt. Ueberall
aber, wo die germanischen Völker den Römern bekannt gewor-

ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptisterien
von acht- und sechseckigem Grundriß, so wie einige ganz runde
aufgezählt.
*) Darmstadt. 1815.

Von einem anderen Gebaͤude dieſer Zeit, der Vorhalle
des Kloſters zu Lorſch, findet ſich die Abbildung im erſten
Hefte von Georg Mollers Denkmaͤlern der deutſchen Bau-
kunſt *); und gewiß duͤrfen wir dieſem verdienſtvollen Bau-
kuͤnſtler Dank wiſſen, unſere Kunde von der Baukunſt der ka-
rolingiſchen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verſchiedener
Beſtimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier laͤßt
das Ganze, wie das Untergeordnete, ſich uͤberall aus der roͤ-
miſchen Baukunſt ableiten. Denn, wie fremdartig dieſes Bau-
werk auf den erſten Blick erſcheinen moͤge, ſo ergeben ſich
doch, wenn wir es in ſeine Theile zerlegen, lauter roͤmiſche
Elemente, deren willkuͤhrliche Verknuͤpfung Niemand befrem-
den wird, dem aus den italieniſchen Denkmalen dieſer und
fruͤherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit
und durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mancher weſentliche Theil
zur bloßen Verzierung eingeſchmolzen, manche Verzierung ihre
Stelle gewechſelt, oder benachbarte Glieder eingebuͤßt hat.

Schwerlich nun hatte die Bauart des ſpaͤten und chriſt-
lichen Roms unter den Merowingern ſich in der Reinheit und
Ausbildung erhalten, welche wir in den angefuͤhrten Bauwer-
ken Karl des Großen wahrgenommen haben. Denn es kommt,
außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieſes in Be-
trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut-
ſche Lebensſitten in ihre Eroberungen eingefuͤhrt. Ueberall
aber, wo die germaniſchen Voͤlker den Roͤmern bekannt gewor-

ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptiſterien
von acht- und ſechseckigem Grundriß, ſo wie einige ganz runde
aufgezaͤhlt.
*) Darmſtadt. 1815.
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[213/0231] Von einem anderen Gebaͤude dieſer Zeit, der Vorhalle des Kloſters zu Lorſch, findet ſich die Abbildung im erſten Hefte von Georg Mollers Denkmaͤlern der deutſchen Bau- kunſt *); und gewiß duͤrfen wir dieſem verdienſtvollen Bau- kuͤnſtler Dank wiſſen, unſere Kunde von der Baukunſt der ka- rolingiſchen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verſchiedener Beſtimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier laͤßt das Ganze, wie das Untergeordnete, ſich uͤberall aus der roͤ- miſchen Baukunſt ableiten. Denn, wie fremdartig dieſes Bau- werk auf den erſten Blick erſcheinen moͤge, ſo ergeben ſich doch, wenn wir es in ſeine Theile zerlegen, lauter roͤmiſche Elemente, deren willkuͤhrliche Verknuͤpfung Niemand befrem- den wird, dem aus den italieniſchen Denkmalen dieſer und fruͤherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit und durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mancher weſentliche Theil zur bloßen Verzierung eingeſchmolzen, manche Verzierung ihre Stelle gewechſelt, oder benachbarte Glieder eingebuͤßt hat. Schwerlich nun hatte die Bauart des ſpaͤten und chriſt- lichen Roms unter den Merowingern ſich in der Reinheit und Ausbildung erhalten, welche wir in den angefuͤhrten Bauwer- ken Karl des Großen wahrgenommen haben. Denn es kommt, außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieſes in Be- trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut- ſche Lebensſitten in ihre Eroberungen eingefuͤhrt. Ueberall aber, wo die germaniſchen Voͤlker den Roͤmern bekannt gewor- †) *) Darmſtadt. 1815. †) ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptiſterien von acht- und ſechseckigem Grundriß, ſo wie einige ganz runde aufgezaͤhlt.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/231>, abgerufen am 27.11.2024.