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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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Gewöhnungen und Kunstfertigkeiten jemals in Italien einge-
drungen, als vielmehr, daß solches so spät geschehen, als wir
sehen werden. Blieb doch Italien bis auf das eilfte Jahr-
hundert durch politische Verhältnisse, später durch den lebhaf-
testen Handel mit dem östlichen Reiche eng verbunden; betrug
doch der Abstand sogar für damalige Schifffahrt an vielen
Puncten nur einzelne Tagereisen. Allein in sittlichen Dingen
beruhet jeglicher Einfluß nicht bloß auf der ausströmenden
Wirkung, welche in dem Verhältniß, welches uns beschäftigt,
sicher unausgesetzt stattgefunden; vielmehr besonders auf Em-
pfänglichkeit, welche den Italienern bis gegen Ende des zwölf-
ten Jahrhunderts nun einmal durchaus gefehlt hat.

Zu verschiedenen Zeiten finden sich Spuren von Verbrei-
tung byzantinischer Kunstarbeiten und Fabrikate *), von Ver-
setzung einzelner Künstlercolonieen in den Westen. Der Kunst-
geschenke Kaiser Tibers an Chilperich, König der Franken,
habe ich oben erwähnt; Verwendung byzantinischer Goldarbei-
ten zum Schmucke römischer Kirchen, Verpflanzung byzantini-
schen Kunstfleißes nach Neapel habe ich an derselben Stelle
aus Anastasius nachgewiesen **); hier, wie in Amalfi und

*) Vielleicht dient es, hier an eine etwas neuere Begebenheit
zu erinnern, Witechind. ann. lib. III. (ed. Meibom. p. 659.). --
"Otto (I.) legatos suscipit Romanor. Graecor. Saracenorumque, per
cosque dies diversi generis munera, vasa aurea et argentea, ae-
rea quoque et mira varietate operis distincta vitrea, vasa eburnea
etiam etc."
--
**) Griechische Kunstworte, bey Muratori (antt. It. Diss.
24.), in jenem Codex des Domes zu Lucca, wo die Bezeichnungen:
Chrysocollon, Chrysographia. -- Obwohl solche Worte nicht eben
nothwendig in einer bestimmten Epoche des Mittelalters in das
Latein damaliger Zeiten sich eingedrängt haben müssen, da sie sehr

Gewoͤhnungen und Kunſtfertigkeiten jemals in Italien einge-
drungen, als vielmehr, daß ſolches ſo ſpaͤt geſchehen, als wir
ſehen werden. Blieb doch Italien bis auf das eilfte Jahr-
hundert durch politiſche Verhaͤltniſſe, ſpaͤter durch den lebhaf-
teſten Handel mit dem oͤſtlichen Reiche eng verbunden; betrug
doch der Abſtand ſogar fuͤr damalige Schifffahrt an vielen
Puncten nur einzelne Tagereiſen. Allein in ſittlichen Dingen
beruhet jeglicher Einfluß nicht bloß auf der ausſtroͤmenden
Wirkung, welche in dem Verhaͤltniß, welches uns beſchaͤftigt,
ſicher unausgeſetzt ſtattgefunden; vielmehr beſonders auf Em-
pfaͤnglichkeit, welche den Italienern bis gegen Ende des zwoͤlf-
ten Jahrhunderts nun einmal durchaus gefehlt hat.

Zu verſchiedenen Zeiten finden ſich Spuren von Verbrei-
tung byzantiniſcher Kunſtarbeiten und Fabrikate *), von Ver-
ſetzung einzelner Kuͤnſtlercolonieen in den Weſten. Der Kunſt-
geſchenke Kaiſer Tibers an Chilperich, Koͤnig der Franken,
habe ich oben erwaͤhnt; Verwendung byzantiniſcher Goldarbei-
ten zum Schmucke roͤmiſcher Kirchen, Verpflanzung byzantini-
ſchen Kunſtfleißes nach Neapel habe ich an derſelben Stelle
aus Anaſtaſius nachgewieſen **); hier, wie in Amalfi und

*) Vielleicht dient es, hier an eine etwas neuere Begebenheit
zu erinnern, Witechind. ann. lib. III. (ed. Meibom. p. 659.). —
Otto (I.) legatos suscipit Romanor. Graecor. Saracenorumque, per
cosque dies diversi generis munera, vasa aurea et argentea, ae-
rea quoque et mira varietate operis distincta vitrea, vasa eburnea
etiam etc.“
**) Griechiſche Kunſtworte, bey Muratori (antt. It. Diss.
24.), in jenem Codex des Domes zu Lucca, wo die Bezeichnungen:
Chrysocollon, Chrysographia. — Obwohl ſolche Worte nicht eben
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[315/0333] Gewoͤhnungen und Kunſtfertigkeiten jemals in Italien einge- drungen, als vielmehr, daß ſolches ſo ſpaͤt geſchehen, als wir ſehen werden. Blieb doch Italien bis auf das eilfte Jahr- hundert durch politiſche Verhaͤltniſſe, ſpaͤter durch den lebhaf- teſten Handel mit dem oͤſtlichen Reiche eng verbunden; betrug doch der Abſtand ſogar fuͤr damalige Schifffahrt an vielen Puncten nur einzelne Tagereiſen. Allein in ſittlichen Dingen beruhet jeglicher Einfluß nicht bloß auf der ausſtroͤmenden Wirkung, welche in dem Verhaͤltniß, welches uns beſchaͤftigt, ſicher unausgeſetzt ſtattgefunden; vielmehr beſonders auf Em- pfaͤnglichkeit, welche den Italienern bis gegen Ende des zwoͤlf- ten Jahrhunderts nun einmal durchaus gefehlt hat. Zu verſchiedenen Zeiten finden ſich Spuren von Verbrei- tung byzantiniſcher Kunſtarbeiten und Fabrikate *), von Ver- ſetzung einzelner Kuͤnſtlercolonieen in den Weſten. Der Kunſt- geſchenke Kaiſer Tibers an Chilperich, Koͤnig der Franken, habe ich oben erwaͤhnt; Verwendung byzantiniſcher Goldarbei- ten zum Schmucke roͤmiſcher Kirchen, Verpflanzung byzantini- ſchen Kunſtfleißes nach Neapel habe ich an derſelben Stelle aus Anaſtaſius nachgewieſen **); hier, wie in Amalfi und *) Vielleicht dient es, hier an eine etwas neuere Begebenheit zu erinnern, Witechind. ann. lib. III. (ed. Meibom. p. 659.). — „Otto (I.) legatos suscipit Romanor. Graecor. Saracenorumque, per cosque dies diversi generis munera, vasa aurea et argentea, ae- rea quoque et mira varietate operis distincta vitrea, vasa eburnea etiam etc.“ — **) Griechiſche Kunſtworte, bey Muratori (antt. It. Diss. 24.), in jenem Codex des Domes zu Lucca, wo die Bezeichnungen: Chrysocollon, Chrysographia. — Obwohl ſolche Worte nicht eben nothwendig in einer beſtimmten Epoche des Mittelalters in das Latein damaliger Zeiten ſich eingedraͤngt haben muͤſſen, da ſie ſehr

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/333>, abgerufen am 25.11.2024.