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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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tester italienisch gothischer Zeichnung umgeben. Das goldene
Feld, die gothischen Randverzierungen waren, wie die Altarge-
mälde des Beato Angelico bezeugen, zur Zeit des Chelini noch
in Gebrauch, unterschieden sich jedoch von den früheren, durch
Pilaster abgetheilten Altartafeln durch ein weites, eine einzige
Handlung umfassendes Mittelfeld. Aus dieser Einrichtung,
vornehmlich aber aus einigen kleiner gehaltenen Bildnißfigu-
ren, welche nach der Sitte der ersten Hälfte des funfzehnten
Jahrhundertes bekleidet sind, erhellet unwiderleglich, daß un-
sere Tafel um ein Jahrhundert neuer ist, als Giottino, also
der Zeit nach mit dem Chelini zusammenfällt.

Nun zeigt dieses Werk besonders in den Extremitäten
die entschiedenste Verwandtschaft mit den eigenthümlichen Zü-
gen und Manieren unseres Künstlers, in der Auffassung des
Affectes der Marien, welche den heiligen Leib umgeben,
dieselbe anmuthige Weiblichkeit, welche in jenen Mauerge-
mälden vorwaltet. Zudem fehlt es nicht an einzelnen Ge-
stalten, welche mit anderen jener Mauergemälde des Bigallo
übereinstimmen; man vergleiche nur die mehr untergeordneten
Figuren der Kreuzesabnahme in s. Romeo mit jenen Nonnen-
ähnlichen Frauen, welche in mehrgedachtem Fragmente zu bei-
den Seiten die Gruppe der Weiber und Mütter begrenzen und
Wärterinnen der milden Anstalt zu seyn scheinen. -- Gewiß
würde selbst Vasari von dieser mehrseitigen Uebereinstimmung
beider Werke sich überzeugt haben, hätte er überhaupt den
Piero Chelini gekannt und auf ihn Rücksicht nehmen können,
als er, (sichtlich nach ganz allgemeinen Vermuthungen *), je-
nem Bilde einen Namen gab.


*) Vas. vita di Giottino p. c. -- Dicesi, che Tommaso fu per-
sona malinconica -- ma dell' arte amorevole e studiosissimo, come

teſter italieniſch gothiſcher Zeichnung umgeben. Das goldene
Feld, die gothiſchen Randverzierungen waren, wie die Altarge-
maͤlde des Beato Angelico bezeugen, zur Zeit des Chelini noch
in Gebrauch, unterſchieden ſich jedoch von den fruͤheren, durch
Pilaſter abgetheilten Altartafeln durch ein weites, eine einzige
Handlung umfaſſendes Mittelfeld. Aus dieſer Einrichtung,
vornehmlich aber aus einigen kleiner gehaltenen Bildnißfigu-
ren, welche nach der Sitte der erſten Haͤlfte des funfzehnten
Jahrhundertes bekleidet ſind, erhellet unwiderleglich, daß un-
ſere Tafel um ein Jahrhundert neuer iſt, als Giottino, alſo
der Zeit nach mit dem Chelini zuſammenfaͤllt.

Nun zeigt dieſes Werk beſonders in den Extremitaͤten
die entſchiedenſte Verwandtſchaft mit den eigenthuͤmlichen Zuͤ-
gen und Manieren unſeres Kuͤnſtlers, in der Auffaſſung des
Affectes der Marien, welche den heiligen Leib umgeben,
dieſelbe anmuthige Weiblichkeit, welche in jenen Mauerge-
maͤlden vorwaltet. Zudem fehlt es nicht an einzelnen Ge-
ſtalten, welche mit anderen jener Mauergemaͤlde des Bigallo
uͤbereinſtimmen; man vergleiche nur die mehr untergeordneten
Figuren der Kreuzesabnahme in ſ. Romeo mit jenen Nonnen-
aͤhnlichen Frauen, welche in mehrgedachtem Fragmente zu bei-
den Seiten die Gruppe der Weiber und Muͤtter begrenzen und
Waͤrterinnen der milden Anſtalt zu ſeyn ſcheinen. — Gewiß
wuͤrde ſelbſt Vaſari von dieſer mehrſeitigen Uebereinſtimmung
beider Werke ſich uͤberzeugt haben, haͤtte er uͤberhaupt den
Piero Chelini gekannt und auf ihn Ruͤckſicht nehmen koͤnnen,
als er, (ſichtlich nach ganz allgemeinen Vermuthungen *), je-
nem Bilde einen Namen gab.


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sona malinconica — ma dell’ arte amorevole e studiosissimo, come
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[173/0191] teſter italieniſch gothiſcher Zeichnung umgeben. Das goldene Feld, die gothiſchen Randverzierungen waren, wie die Altarge- maͤlde des Beato Angelico bezeugen, zur Zeit des Chelini noch in Gebrauch, unterſchieden ſich jedoch von den fruͤheren, durch Pilaſter abgetheilten Altartafeln durch ein weites, eine einzige Handlung umfaſſendes Mittelfeld. Aus dieſer Einrichtung, vornehmlich aber aus einigen kleiner gehaltenen Bildnißfigu- ren, welche nach der Sitte der erſten Haͤlfte des funfzehnten Jahrhundertes bekleidet ſind, erhellet unwiderleglich, daß un- ſere Tafel um ein Jahrhundert neuer iſt, als Giottino, alſo der Zeit nach mit dem Chelini zuſammenfaͤllt. Nun zeigt dieſes Werk beſonders in den Extremitaͤten die entſchiedenſte Verwandtſchaft mit den eigenthuͤmlichen Zuͤ- gen und Manieren unſeres Kuͤnſtlers, in der Auffaſſung des Affectes der Marien, welche den heiligen Leib umgeben, dieſelbe anmuthige Weiblichkeit, welche in jenen Mauerge- maͤlden vorwaltet. Zudem fehlt es nicht an einzelnen Ge- ſtalten, welche mit anderen jener Mauergemaͤlde des Bigallo uͤbereinſtimmen; man vergleiche nur die mehr untergeordneten Figuren der Kreuzesabnahme in ſ. Romeo mit jenen Nonnen- aͤhnlichen Frauen, welche in mehrgedachtem Fragmente zu bei- den Seiten die Gruppe der Weiber und Muͤtter begrenzen und Waͤrterinnen der milden Anſtalt zu ſeyn ſcheinen. — Gewiß wuͤrde ſelbſt Vaſari von dieſer mehrſeitigen Uebereinſtimmung beider Werke ſich uͤberzeugt haben, haͤtte er uͤberhaupt den Piero Chelini gekannt und auf ihn Ruͤckſicht nehmen koͤnnen, als er, (ſichtlich nach ganz allgemeinen Vermuthungen *), je- nem Bilde einen Namen gab. *) Vas. vita di Giottino p. c. — Dicesi, che Tommaso fu per- sona malinconica — ma dell’ arte amorevole e studiosissimo, come

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/191>, abgerufen am 28.11.2024.