liebe, sondern ergab sich eben nur aus dem Umstande, daß
in jener neuen Bauart dem Maler ein weiterer Spielraum
vorbereitet war, als dem Bildner, dessen Hervorbringungen
darin nur selten eine günstige Stelle fanden.
Als darauf, vornehmlich durch den Einfluß des Michel-
agnuolo *), die Baukunst gegen die Mitte des sechzehnten
liebe, ſondern ergab ſich eben nur aus dem Umſtande, daß
in jener neuen Bauart dem Maler ein weiterer Spielraum
vorbereitet war, als dem Bildner, deſſen Hervorbringungen
darin nur ſelten eine guͤnſtige Stelle fanden.
Als darauf, vornehmlich durch den Einfluß des Michel-
agnuolo *), die Baukunſt gegen die Mitte des ſechzehnten
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[411/0429]
liebe, ſondern ergab ſich eben nur aus dem Umſtande, daß
in jener neuen Bauart dem Maler ein weiterer Spielraum
vorbereitet war, als dem Bildner, deſſen Hervorbringungen
darin nur ſelten eine guͤnſtige Stelle fanden.
Als darauf, vornehmlich durch den Einfluß des Michel-
agnuolo *), die Baukunſt gegen die Mitte des ſechzehnten
*) Michelagnuolo war von fruͤheſter Jugend auf fuͤr die Schoͤn-
heit des Maßes unempfaͤnglich, wie die Abtheilungen und Einfaſ-
ſungen der Deckengemaͤlde in der ſixtiniſchen Kappelle, die wunder-
lichen Sarcophage und kleinlichen Eintheilungen in den medizei-
ſchen Denkmalen der Kirche ſ. Lorenzo zu Florenz darlegen, welche
ganz ſeiner eigenen Laune und Erfindung angehoͤren, da in jener
begluͤckten Zeit fuͤr ſolche Unformen uͤberall noch kein Beyſpiel vor-
handen war. Allerdings zeigte er, als ihn maͤchtige Goͤnner in ſei-
nen ſpaͤteſten Jahren auf die wirkliche Baukunſt hinuͤberlenkten,
auch in dieſer Kunſt Anſtelligkeit und Verſtand, ohne jedoch jene
ihm eigenthuͤmliche Rohigkeit des Sinnes jemals ganz zu verlaͤug-
nen. Die Vergoͤtterung ſeiner großen und edlen Perſoͤnlichkeit ver-
leitete die Zeitgenoſſen ſeinem Beyſpiele, wie beſonders dem ver-
derblichen Grundſatze zu folgen: daß ein großer Geiſt auch in der
Baukunſt durch Neuheit der Erfindung uͤberraſchen muͤſſe. In ei-
ner Lobſchrift auf Michelangelo (wiederabgedruckt bei Richa delle
chiese di Firenze), welche bald nach deſſen Tode abgefaßt worden,
wird gezeigt, daß Buonarota in der Baukunſt ſich groͤßer gezeigt
habe, als in den uͤbrigen Kuͤnſten, eben weil er darin ganz von der
gewohnten Bahn abgewichen und durchhin neu ſey. In dieſem Irr-
thume liegt der Urſprung aller jener architectoniſchen Undinge ver-
borgen, welche ſeit drey Jahrhunderten allmaͤhlich dieſen Welttheil
und ſelbſt die Hauptſtaͤdte der neuen Welt uͤberdeckt haben.
Die Erfindung der Bauverzierungen bewegt ſich innerhalb ſehr
enger, wohlzubeachtender Grenzen, was kaum zu beklagen iſt, da die
Durchdringung der Aufgabe und alles Gegebenen, welches ſie beglei-
tet, an ſich ſelbſt, auch wo man das Herkoͤmmliche feſthaͤlt, ſtets
neue Schwierigkeiten herbeyfuͤhrt, deren Beſeitigung das Nachden-