Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

sogar den spanischen Hof durch seine Gegenwart beleben und zieren. Es ist unmöglich, in der Welt sich vortheilhafter darzustellen, ganz ohne Zwang mehr Anmuth in seine Bewegungen zu legen, als ihm gelingt oder von der Natur verliehen ist. Auch spricht er trefflich und zeigt einen behenden Witz, weshalb ich mit ihm mehr und länger zu reden pflege, als mit Andern. Vielleicht schließt man daraus, daß ich ihn höher schätze, als so Viele, welche bei gleichem oder größerem Werthe im Reden und Antwortgeben minder gewandt sind. Doch täuscht man sich, wenn man so denkt; denn im Gegentheil macht sein Anblick mir Furcht und Grauen, weil ich täglich von ihm so viel Entsetzliches hören muß, daß ich mich oft geneigt fühle, ihn zu warnen und ihm die Gefahren und schlimmen Folgen vor Augen zu stellen, denen seine Verwegenheiten ihn aussetzen. Ich hoffe, setzte sie hinzu, daß er nicht etwa meinen Damen besser gefalle, weil er in der Welt Nichts achtet, ungestüm und schonungslos seinen Begierden nachgeht? -- Ich befürchte mit Grund, daß sein wüstes Leben ihm ein frühes und schreckliches Ende bereiten wird.

Den letzten Worten gab Margaretha eine höchst eigenthümliche Betonung, deren Strenge durch den rührenden Ausdruck ihres theilnehmenden Gefühles gemildert ward. Unter den Damen senkten diejenigen, welche ihr Vorwurf zu treffen schien, den Blick sanft erröthend zur Erde. Allein auch die übrigen verstimmte der ahnungsvolle Ausgang des Gespräches. Die Ankündigung, daß

sogar den spanischen Hof durch seine Gegenwart beleben und zieren. Es ist unmöglich, in der Welt sich vortheilhafter darzustellen, ganz ohne Zwang mehr Anmuth in seine Bewegungen zu legen, als ihm gelingt oder von der Natur verliehen ist. Auch spricht er trefflich und zeigt einen behenden Witz, weshalb ich mit ihm mehr und länger zu reden pflege, als mit Andern. Vielleicht schließt man daraus, daß ich ihn höher schätze, als so Viele, welche bei gleichem oder größerem Werthe im Reden und Antwortgeben minder gewandt sind. Doch täuscht man sich, wenn man so denkt; denn im Gegentheil macht sein Anblick mir Furcht und Grauen, weil ich täglich von ihm so viel Entsetzliches hören muß, daß ich mich oft geneigt fühle, ihn zu warnen und ihm die Gefahren und schlimmen Folgen vor Augen zu stellen, denen seine Verwegenheiten ihn aussetzen. Ich hoffe, setzte sie hinzu, daß er nicht etwa meinen Damen besser gefalle, weil er in der Welt Nichts achtet, ungestüm und schonungslos seinen Begierden nachgeht? — Ich befürchte mit Grund, daß sein wüstes Leben ihm ein frühes und schreckliches Ende bereiten wird.

Den letzten Worten gab Margaretha eine höchst eigenthümliche Betonung, deren Strenge durch den rührenden Ausdruck ihres theilnehmenden Gefühles gemildert ward. Unter den Damen senkten diejenigen, welche ihr Vorwurf zu treffen schien, den Blick sanft erröthend zur Erde. Allein auch die übrigen verstimmte der ahnungsvolle Ausgang des Gespräches. Die Ankündigung, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0023"/>
sogar den spanischen Hof durch seine Gegenwart beleben und                zieren. Es ist unmöglich, in der Welt sich vortheilhafter darzustellen, ganz ohne                Zwang mehr Anmuth in seine Bewegungen zu legen, als ihm gelingt oder von der Natur                verliehen ist. Auch spricht er trefflich und zeigt einen behenden Witz, weshalb ich                mit ihm mehr und länger zu reden pflege, als mit Andern. Vielleicht schließt man                daraus, daß ich ihn höher schätze, als so Viele, welche bei gleichem oder größerem                Werthe im Reden und Antwortgeben minder gewandt sind. Doch täuscht man sich, wenn man                so denkt; denn im Gegentheil macht sein Anblick mir Furcht und Grauen, weil ich                täglich von ihm so viel Entsetzliches hören muß, daß ich mich oft geneigt fühle, ihn                zu warnen und ihm die Gefahren und schlimmen Folgen vor Augen zu stellen, denen seine                Verwegenheiten ihn aussetzen. Ich hoffe, setzte sie hinzu, daß er nicht etwa meinen                Damen besser gefalle, weil er in der Welt Nichts achtet, ungestüm und schonungslos                seinen Begierden nachgeht? &#x2014; Ich befürchte mit Grund, daß sein wüstes Leben ihm ein                frühes und schreckliches Ende bereiten wird.</p><lb/>
        <p>Den letzten Worten gab Margaretha eine höchst eigenthümliche Betonung, deren Strenge                durch den rührenden Ausdruck ihres theilnehmenden Gefühles gemildert ward. Unter den                Damen senkten diejenigen, welche ihr Vorwurf zu treffen schien, den Blick sanft                erröthend zur Erde. Allein auch die übrigen verstimmte der ahnungsvolle Ausgang des                Gespräches. Die Ankündigung, daß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0023] sogar den spanischen Hof durch seine Gegenwart beleben und zieren. Es ist unmöglich, in der Welt sich vortheilhafter darzustellen, ganz ohne Zwang mehr Anmuth in seine Bewegungen zu legen, als ihm gelingt oder von der Natur verliehen ist. Auch spricht er trefflich und zeigt einen behenden Witz, weshalb ich mit ihm mehr und länger zu reden pflege, als mit Andern. Vielleicht schließt man daraus, daß ich ihn höher schätze, als so Viele, welche bei gleichem oder größerem Werthe im Reden und Antwortgeben minder gewandt sind. Doch täuscht man sich, wenn man so denkt; denn im Gegentheil macht sein Anblick mir Furcht und Grauen, weil ich täglich von ihm so viel Entsetzliches hören muß, daß ich mich oft geneigt fühle, ihn zu warnen und ihm die Gefahren und schlimmen Folgen vor Augen zu stellen, denen seine Verwegenheiten ihn aussetzen. Ich hoffe, setzte sie hinzu, daß er nicht etwa meinen Damen besser gefalle, weil er in der Welt Nichts achtet, ungestüm und schonungslos seinen Begierden nachgeht? — Ich befürchte mit Grund, daß sein wüstes Leben ihm ein frühes und schreckliches Ende bereiten wird. Den letzten Worten gab Margaretha eine höchst eigenthümliche Betonung, deren Strenge durch den rührenden Ausdruck ihres theilnehmenden Gefühles gemildert ward. Unter den Damen senkten diejenigen, welche ihr Vorwurf zu treffen schien, den Blick sanft erröthend zur Erde. Allein auch die übrigen verstimmte der ahnungsvolle Ausgang des Gespräches. Die Ankündigung, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/23
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/23>, abgerufen am 25.04.2024.