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Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Sie hatte das Wassergefäß schon auf den Boden gesetzt und die Kette des Ziehbrunnens ergriffen, als sie des Fremden ansichtig wurde, welcher, den Finger auf den Mund haltend, leicht durch das geltend verständliche Zeichen ihr Schweigen auflegte. Er war ein rüstiger Mann, seinem Blicke auf sie wußte er einen bittend zärtlichen Ausdruck zu geben, der sie zugleich beruhigte und lockte. Mariuccia, lispelte er kaum hörbar, ich bin gekommen, um deine Liebe zu flehen, dir Alles anzubieten, was ich besitze, mein Herz, meine Habe. Ich habe einiges Geld, sagte er und zog eine Börse hervor, welche sie gierig ins Auge faßte. Nimm es hin; es muß, wenn nicht heute, doch morgen dein werden. Das Mädchen nahm und wog das Geld in der Hand und sprach verwirrt und albern: Was willst du mir? -- Dich lieben, sagte er, und von dir geliebt sein. Seine freie Andringlichkeit überzeugte sie, daß es ihm ein Ernst sei; es gelang ihm, die Dirne sich ganz zu eigen zu machen. Als er das Nächste erreicht, fragte er nachlässig nach beiden Gatten, wie sie mit einander leben, ob sie stets beisammen seien? Immerfort, sagte sie, doch für heute scheint der Herr ausgehen zu wollen. Ich habe ihm gestern den Mantel nachbessern müssen und gehört, daß er auswärts ein Geschäft habe. -- Nun, da könntest du, sagte er, mir einen Dienst erweisen, holdseliges Kind, von welchem wir Beide Gewinn ziehen werden. Du sollst deiner Frau ein Juwel zeigen, welches ein großer Herr aus bloßer Achtung ihr verehren

Sie hatte das Wassergefäß schon auf den Boden gesetzt und die Kette des Ziehbrunnens ergriffen, als sie des Fremden ansichtig wurde, welcher, den Finger auf den Mund haltend, leicht durch das geltend verständliche Zeichen ihr Schweigen auflegte. Er war ein rüstiger Mann, seinem Blicke auf sie wußte er einen bittend zärtlichen Ausdruck zu geben, der sie zugleich beruhigte und lockte. Mariuccia, lispelte er kaum hörbar, ich bin gekommen, um deine Liebe zu flehen, dir Alles anzubieten, was ich besitze, mein Herz, meine Habe. Ich habe einiges Geld, sagte er und zog eine Börse hervor, welche sie gierig ins Auge faßte. Nimm es hin; es muß, wenn nicht heute, doch morgen dein werden. Das Mädchen nahm und wog das Geld in der Hand und sprach verwirrt und albern: Was willst du mir? — Dich lieben, sagte er, und von dir geliebt sein. Seine freie Andringlichkeit überzeugte sie, daß es ihm ein Ernst sei; es gelang ihm, die Dirne sich ganz zu eigen zu machen. Als er das Nächste erreicht, fragte er nachlässig nach beiden Gatten, wie sie mit einander leben, ob sie stets beisammen seien? Immerfort, sagte sie, doch für heute scheint der Herr ausgehen zu wollen. Ich habe ihm gestern den Mantel nachbessern müssen und gehört, daß er auswärts ein Geschäft habe. — Nun, da könntest du, sagte er, mir einen Dienst erweisen, holdseliges Kind, von welchem wir Beide Gewinn ziehen werden. Du sollst deiner Frau ein Juwel zeigen, welches ein großer Herr aus bloßer Achtung ihr verehren

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[0071] Sie hatte das Wassergefäß schon auf den Boden gesetzt und die Kette des Ziehbrunnens ergriffen, als sie des Fremden ansichtig wurde, welcher, den Finger auf den Mund haltend, leicht durch das geltend verständliche Zeichen ihr Schweigen auflegte. Er war ein rüstiger Mann, seinem Blicke auf sie wußte er einen bittend zärtlichen Ausdruck zu geben, der sie zugleich beruhigte und lockte. Mariuccia, lispelte er kaum hörbar, ich bin gekommen, um deine Liebe zu flehen, dir Alles anzubieten, was ich besitze, mein Herz, meine Habe. Ich habe einiges Geld, sagte er und zog eine Börse hervor, welche sie gierig ins Auge faßte. Nimm es hin; es muß, wenn nicht heute, doch morgen dein werden. Das Mädchen nahm und wog das Geld in der Hand und sprach verwirrt und albern: Was willst du mir? — Dich lieben, sagte er, und von dir geliebt sein. Seine freie Andringlichkeit überzeugte sie, daß es ihm ein Ernst sei; es gelang ihm, die Dirne sich ganz zu eigen zu machen. Als er das Nächste erreicht, fragte er nachlässig nach beiden Gatten, wie sie mit einander leben, ob sie stets beisammen seien? Immerfort, sagte sie, doch für heute scheint der Herr ausgehen zu wollen. Ich habe ihm gestern den Mantel nachbessern müssen und gehört, daß er auswärts ein Geschäft habe. — Nun, da könntest du, sagte er, mir einen Dienst erweisen, holdseliges Kind, von welchem wir Beide Gewinn ziehen werden. Du sollst deiner Frau ein Juwel zeigen, welches ein großer Herr aus bloßer Achtung ihr verehren

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/71>, abgerufen am 21.11.2024.