Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

sondern mich selbst fragen, ob mir's anstehe, was er mir geben will. Sprich also grad' heraus, wer dir's gegeben; oder bekenne, ob du's gefunden hast oder gar --. Sie blickte dem Mädchen streng ins Gesicht; doch als sie sah, daß sie die Farbe nicht wechselte, noch ihr Auge abwendete, so ward sie nachdenklich, befahl ihr, das Geschmeide auf die Tafel hinzulegen, hinunterzugehen und zu erwarten, was sie beschließen werde. Auch, setzte sie hinzu, habe ich schon früh Morgens dir gesagt, daß du zum Winzer hinausgehen, ein Huhn und frische Eier holen sollst. Sobald als der Herr wieder heimkommt, mache dich auf den Weg, damit es nicht zu spät werde, und halte dich nicht auf.

Giustiniano erblickte, sobald er eingetreten war, des Savello versuchendes Geschenk. Cassandra stand ihm unbefangen gegenüber; in ihrer Miene lag keine Frage, nur ruhige Ergebung in seinen Willen. In ihres Mannes Antlitz spiegelte ein tiefes Nachsinnen sich ab, doch nicht die leiseste Spur von Zweifel, Mißtrauen oder Verdacht. Wer den Gatten jetzt zugesehen, hätte wähnen können, daß nur die gleichgültigste Sorge des Hauses sie beschäftigte.

Ich verstehe, sagte Giustiniano nach einigem Sinnen, dieses reiche Juwel ist ein Fallstrick, den uns die Arglist gelegt. Bestechen will man dich und vielleicht auch mich selbst. Hast du nähere Kunde, wie das Ding hier ins Haus gekommen? -- Die Magd, sprach Cassandra, trug es in den Händen und gestand auf meine Fragen,

sondern mich selbst fragen, ob mir's anstehe, was er mir geben will. Sprich also grad' heraus, wer dir's gegeben; oder bekenne, ob du's gefunden hast oder gar —. Sie blickte dem Mädchen streng ins Gesicht; doch als sie sah, daß sie die Farbe nicht wechselte, noch ihr Auge abwendete, so ward sie nachdenklich, befahl ihr, das Geschmeide auf die Tafel hinzulegen, hinunterzugehen und zu erwarten, was sie beschließen werde. Auch, setzte sie hinzu, habe ich schon früh Morgens dir gesagt, daß du zum Winzer hinausgehen, ein Huhn und frische Eier holen sollst. Sobald als der Herr wieder heimkommt, mache dich auf den Weg, damit es nicht zu spät werde, und halte dich nicht auf.

Giustiniano erblickte, sobald er eingetreten war, des Savello versuchendes Geschenk. Cassandra stand ihm unbefangen gegenüber; in ihrer Miene lag keine Frage, nur ruhige Ergebung in seinen Willen. In ihres Mannes Antlitz spiegelte ein tiefes Nachsinnen sich ab, doch nicht die leiseste Spur von Zweifel, Mißtrauen oder Verdacht. Wer den Gatten jetzt zugesehen, hätte wähnen können, daß nur die gleichgültigste Sorge des Hauses sie beschäftigte.

Ich verstehe, sagte Giustiniano nach einigem Sinnen, dieses reiche Juwel ist ein Fallstrick, den uns die Arglist gelegt. Bestechen will man dich und vielleicht auch mich selbst. Hast du nähere Kunde, wie das Ding hier ins Haus gekommen? — Die Magd, sprach Cassandra, trug es in den Händen und gestand auf meine Fragen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0075"/>
sondern mich selbst fragen, ob mir's anstehe,                was er mir geben will. Sprich also grad' heraus, wer dir's gegeben; oder bekenne, ob                du's gefunden hast oder gar &#x2014;. Sie blickte dem Mädchen streng ins Gesicht; doch als                sie sah, daß sie die Farbe nicht wechselte, noch ihr Auge abwendete, so ward sie                nachdenklich, befahl ihr, das Geschmeide auf die Tafel hinzulegen, hinunterzugehen                und zu erwarten, was sie beschließen werde. Auch, setzte sie hinzu, habe ich schon                früh Morgens dir gesagt, daß du zum Winzer hinausgehen, ein Huhn und frische Eier                holen sollst. Sobald als der Herr wieder heimkommt, mache dich auf den Weg, damit es                nicht zu spät werde, und halte dich nicht auf.</p><lb/>
        <p>Giustiniano erblickte, sobald er eingetreten war, des Savello versuchendes Geschenk.                Cassandra stand ihm unbefangen gegenüber; in ihrer Miene lag keine Frage, nur ruhige                Ergebung in seinen Willen. In ihres Mannes Antlitz spiegelte ein tiefes Nachsinnen                sich ab, doch nicht die leiseste Spur von Zweifel, Mißtrauen oder Verdacht. Wer den                Gatten jetzt zugesehen, hätte wähnen können, daß nur die gleichgültigste Sorge des                Hauses sie beschäftigte.</p><lb/>
        <p>Ich verstehe, sagte Giustiniano nach einigem Sinnen, dieses reiche Juwel ist ein                Fallstrick, den uns die Arglist gelegt. Bestechen will man dich und vielleicht auch                mich selbst. Hast du nähere Kunde, wie das Ding hier ins Haus gekommen? &#x2014; Die Magd,                sprach Cassandra, trug es in den Händen und gestand auf meine Fragen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0075] sondern mich selbst fragen, ob mir's anstehe, was er mir geben will. Sprich also grad' heraus, wer dir's gegeben; oder bekenne, ob du's gefunden hast oder gar —. Sie blickte dem Mädchen streng ins Gesicht; doch als sie sah, daß sie die Farbe nicht wechselte, noch ihr Auge abwendete, so ward sie nachdenklich, befahl ihr, das Geschmeide auf die Tafel hinzulegen, hinunterzugehen und zu erwarten, was sie beschließen werde. Auch, setzte sie hinzu, habe ich schon früh Morgens dir gesagt, daß du zum Winzer hinausgehen, ein Huhn und frische Eier holen sollst. Sobald als der Herr wieder heimkommt, mache dich auf den Weg, damit es nicht zu spät werde, und halte dich nicht auf. Giustiniano erblickte, sobald er eingetreten war, des Savello versuchendes Geschenk. Cassandra stand ihm unbefangen gegenüber; in ihrer Miene lag keine Frage, nur ruhige Ergebung in seinen Willen. In ihres Mannes Antlitz spiegelte ein tiefes Nachsinnen sich ab, doch nicht die leiseste Spur von Zweifel, Mißtrauen oder Verdacht. Wer den Gatten jetzt zugesehen, hätte wähnen können, daß nur die gleichgültigste Sorge des Hauses sie beschäftigte. Ich verstehe, sagte Giustiniano nach einigem Sinnen, dieses reiche Juwel ist ein Fallstrick, den uns die Arglist gelegt. Bestechen will man dich und vielleicht auch mich selbst. Hast du nähere Kunde, wie das Ding hier ins Haus gekommen? — Die Magd, sprach Cassandra, trug es in den Händen und gestand auf meine Fragen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/75
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/75>, abgerufen am 02.05.2024.