Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

die Flur hinaushorchend, nimm den Spinnrocken wiederum zur Hand und thu', als sei unter uns Nichts vorgefallen.

Die Hausfrau drehte bereits ihre Spindel, als die Magd nicht ohne die Besorgniß hereintrat, wegen überlangen Ausbleibens geschmäht zu werden. Denn auf ihrem Wege zum Winzer war sie, an entlegener Stelle, dem Späher des Savello begegnet, und er hatte sie angehalten, um von ihr neue Kunde einzuziehen. Sie berichtete ihm, daß ihre Frau das Kleinod zwar nicht angenommen, doch ebensowenig es ganz zurückgewiesen habe; und versprach Nachmittags, an der Gartenmauer, den weiteren Erfolg ihm nach den Umständen zu melden. Sie eilte darauf nach Hause, um zu erkunden, was dort in der Zeit ihrer Abwesenheit sich zugetragen habe. Als sie das Kleinod nicht mehr an der Stelle sah, wohin sie's gelegt hatte, wuchs ihr der Muth, wagte sie die Hausfrau mit Keckheit zu befragen: ob sie nun entschlossen sei, es zu behalten.

Weiß ich doch nicht, antwortete Cassandra, ohne von der Arbeit aufzublicken, von wem es kommt. -- Ich weiß es wohl, sagte das Mädchen, wenn ich es nur verrathen dürfte. -- Vor wem denn scheu'st du dich? fragte Jene. -- Vor Euch fürchte ich mich, weil Ihr noch immer so ernsthaft ausseht. Doch muß es heraus; erfahrt denn, daß es vom Herrn kommt, vom Savello. -- Nun, sprach Cassandra, ich dachte es wohl; allein was soll ich dabei thun? Mein Gatte geht nie aus;

die Flur hinaushorchend, nimm den Spinnrocken wiederum zur Hand und thu', als sei unter uns Nichts vorgefallen.

Die Hausfrau drehte bereits ihre Spindel, als die Magd nicht ohne die Besorgniß hereintrat, wegen überlangen Ausbleibens geschmäht zu werden. Denn auf ihrem Wege zum Winzer war sie, an entlegener Stelle, dem Späher des Savello begegnet, und er hatte sie angehalten, um von ihr neue Kunde einzuziehen. Sie berichtete ihm, daß ihre Frau das Kleinod zwar nicht angenommen, doch ebensowenig es ganz zurückgewiesen habe; und versprach Nachmittags, an der Gartenmauer, den weiteren Erfolg ihm nach den Umständen zu melden. Sie eilte darauf nach Hause, um zu erkunden, was dort in der Zeit ihrer Abwesenheit sich zugetragen habe. Als sie das Kleinod nicht mehr an der Stelle sah, wohin sie's gelegt hatte, wuchs ihr der Muth, wagte sie die Hausfrau mit Keckheit zu befragen: ob sie nun entschlossen sei, es zu behalten.

Weiß ich doch nicht, antwortete Cassandra, ohne von der Arbeit aufzublicken, von wem es kommt. — Ich weiß es wohl, sagte das Mädchen, wenn ich es nur verrathen dürfte. — Vor wem denn scheu'st du dich? fragte Jene. — Vor Euch fürchte ich mich, weil Ihr noch immer so ernsthaft ausseht. Doch muß es heraus; erfahrt denn, daß es vom Herrn kommt, vom Savello. — Nun, sprach Cassandra, ich dachte es wohl; allein was soll ich dabei thun? Mein Gatte geht nie aus;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0080"/>
die Flur hinaushorchend, nimm den Spinnrocken wiederum zur Hand und thu', als sei                unter uns Nichts vorgefallen.</p><lb/>
        <p>Die Hausfrau drehte bereits ihre Spindel, als die Magd nicht ohne die Besorgniß                hereintrat, wegen überlangen Ausbleibens geschmäht zu werden. Denn auf ihrem Wege zum                Winzer war sie, an entlegener Stelle, dem Späher des Savello begegnet, und er hatte                sie angehalten, um von ihr neue Kunde einzuziehen. Sie berichtete ihm, daß ihre Frau                das Kleinod zwar nicht angenommen, doch ebensowenig es ganz zurückgewiesen habe; und                versprach Nachmittags, an der Gartenmauer, den weiteren Erfolg ihm nach den Umständen                zu melden. Sie eilte darauf nach Hause, um zu erkunden, was dort in der Zeit ihrer                Abwesenheit sich zugetragen habe. Als sie das Kleinod nicht mehr an der Stelle sah,                wohin sie's gelegt hatte, wuchs ihr der Muth, wagte sie die Hausfrau mit Keckheit zu                befragen: ob sie nun entschlossen sei, es zu behalten.</p><lb/>
        <p>Weiß ich doch nicht, antwortete Cassandra, ohne von der Arbeit aufzublicken, von wem                es kommt. &#x2014; Ich weiß es wohl, sagte das Mädchen, wenn ich es nur verrathen dürfte. &#x2014;                Vor wem denn scheu'st du dich? fragte Jene. &#x2014; Vor Euch fürchte ich mich, weil Ihr                noch immer so ernsthaft ausseht. Doch muß es heraus; erfahrt denn, daß es vom Herrn                kommt, vom Savello. &#x2014; Nun, sprach Cassandra, ich dachte es wohl; allein was soll ich                dabei thun? Mein Gatte geht nie aus;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0080] die Flur hinaushorchend, nimm den Spinnrocken wiederum zur Hand und thu', als sei unter uns Nichts vorgefallen. Die Hausfrau drehte bereits ihre Spindel, als die Magd nicht ohne die Besorgniß hereintrat, wegen überlangen Ausbleibens geschmäht zu werden. Denn auf ihrem Wege zum Winzer war sie, an entlegener Stelle, dem Späher des Savello begegnet, und er hatte sie angehalten, um von ihr neue Kunde einzuziehen. Sie berichtete ihm, daß ihre Frau das Kleinod zwar nicht angenommen, doch ebensowenig es ganz zurückgewiesen habe; und versprach Nachmittags, an der Gartenmauer, den weiteren Erfolg ihm nach den Umständen zu melden. Sie eilte darauf nach Hause, um zu erkunden, was dort in der Zeit ihrer Abwesenheit sich zugetragen habe. Als sie das Kleinod nicht mehr an der Stelle sah, wohin sie's gelegt hatte, wuchs ihr der Muth, wagte sie die Hausfrau mit Keckheit zu befragen: ob sie nun entschlossen sei, es zu behalten. Weiß ich doch nicht, antwortete Cassandra, ohne von der Arbeit aufzublicken, von wem es kommt. — Ich weiß es wohl, sagte das Mädchen, wenn ich es nur verrathen dürfte. — Vor wem denn scheu'st du dich? fragte Jene. — Vor Euch fürchte ich mich, weil Ihr noch immer so ernsthaft ausseht. Doch muß es heraus; erfahrt denn, daß es vom Herrn kommt, vom Savello. — Nun, sprach Cassandra, ich dachte es wohl; allein was soll ich dabei thun? Mein Gatte geht nie aus;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/80
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/80>, abgerufen am 02.05.2024.