Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.frühere Tieck'sche Schule, und der Leser ist kaum dankbar dafür, daß statt der mondbeglänzten Zaubernacht das poesieloseste Alltagslicht die Figuren bescheint. Und so würde der Name Rumohr's doch wohl höchstens in der Einleitung zu unserm "Novellenschatze" erwähnt worden sein, hätte ihn nicht das Glück in einer Chronik von Aricia die Grundzüge einer ergreifenden Geschichte finden lassen, die er in einer guten Stunde meisterhaft nacherzählte, so daß sie unter seiner vorsichtigen antiquarischen Behandlung gerade den Hauch antiker Größe und Ruhe erhalten hat, der wie künstlicher Edelrost am Erz nicht den geringsten Theil ihres Reizes ausmacht. Um ein ganz tadelloses Cabinetsstück zu Stande zu bringen, hätte der Erzähler den Eingang mehr im Verhältniß zu der eigentlichen Hauptbegebenheit halten und die historische Perspective nicht auf Verhältnisse ausdehnen sollen, die mit dem Geschick des Savello durchaus in keinem Zusammenhange stehen. Auch drängt sich die feine Kenntniß der Cultur- und Kunstgeschichte hie und da in ungebührlicher Breite vor, und eine, klassischen Vorbildern entlehnte, Neigung zu sorgfältig ausgeführten allgemeinen Sentenzen giebt der Darstellung gelegentlich eine gewisse altväterische Steifheit. Trotz dieser kleinen Mängel aber glauben wir die Novelle, zumal in ihrer zweiten Hälfte, als ein Muster hinstellen zu können, wie mit den einfachsten Mitteln, durch Echtheit der Localfarben und lapidare Kürze eine leidenschaftliche Tragödie zur erschütterndsten Wirkung gebracht werden könne. frühere Tieck'sche Schule, und der Leser ist kaum dankbar dafür, daß statt der mondbeglänzten Zaubernacht das poesieloseste Alltagslicht die Figuren bescheint. Und so würde der Name Rumohr's doch wohl höchstens in der Einleitung zu unserm „Novellenschatze“ erwähnt worden sein, hätte ihn nicht das Glück in einer Chronik von Aricia die Grundzüge einer ergreifenden Geschichte finden lassen, die er in einer guten Stunde meisterhaft nacherzählte, so daß sie unter seiner vorsichtigen antiquarischen Behandlung gerade den Hauch antiker Größe und Ruhe erhalten hat, der wie künstlicher Edelrost am Erz nicht den geringsten Theil ihres Reizes ausmacht. Um ein ganz tadelloses Cabinetsstück zu Stande zu bringen, hätte der Erzähler den Eingang mehr im Verhältniß zu der eigentlichen Hauptbegebenheit halten und die historische Perspective nicht auf Verhältnisse ausdehnen sollen, die mit dem Geschick des Savello durchaus in keinem Zusammenhange stehen. Auch drängt sich die feine Kenntniß der Cultur- und Kunstgeschichte hie und da in ungebührlicher Breite vor, und eine, klassischen Vorbildern entlehnte, Neigung zu sorgfältig ausgeführten allgemeinen Sentenzen giebt der Darstellung gelegentlich eine gewisse altväterische Steifheit. Trotz dieser kleinen Mängel aber glauben wir die Novelle, zumal in ihrer zweiten Hälfte, als ein Muster hinstellen zu können, wie mit den einfachsten Mitteln, durch Echtheit der Localfarben und lapidare Kürze eine leidenschaftliche Tragödie zur erschütterndsten Wirkung gebracht werden könne. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0009"/> frühere Tieck'sche Schule, und der Leser ist kaum dankbar dafür, daß statt der mondbeglänzten Zaubernacht das poesieloseste Alltagslicht die Figuren bescheint.</p><lb/> <p>Und so würde der Name Rumohr's doch wohl höchstens in der Einleitung zu unserm „Novellenschatze“ erwähnt worden sein, hätte ihn nicht das Glück in einer Chronik von Aricia die Grundzüge einer ergreifenden Geschichte finden lassen, die er in einer guten Stunde meisterhaft nacherzählte, so daß sie unter seiner vorsichtigen antiquarischen Behandlung gerade den Hauch antiker Größe und Ruhe erhalten hat, der wie künstlicher Edelrost am Erz nicht den geringsten Theil ihres Reizes ausmacht. 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frühere Tieck'sche Schule, und der Leser ist kaum dankbar dafür, daß statt der mondbeglänzten Zaubernacht das poesieloseste Alltagslicht die Figuren bescheint.
Und so würde der Name Rumohr's doch wohl höchstens in der Einleitung zu unserm „Novellenschatze“ erwähnt worden sein, hätte ihn nicht das Glück in einer Chronik von Aricia die Grundzüge einer ergreifenden Geschichte finden lassen, die er in einer guten Stunde meisterhaft nacherzählte, so daß sie unter seiner vorsichtigen antiquarischen Behandlung gerade den Hauch antiker Größe und Ruhe erhalten hat, der wie künstlicher Edelrost am Erz nicht den geringsten Theil ihres Reizes ausmacht. Um ein ganz tadelloses Cabinetsstück zu Stande zu bringen, hätte der Erzähler den Eingang mehr im Verhältniß zu der eigentlichen Hauptbegebenheit halten und die historische Perspective nicht auf Verhältnisse ausdehnen sollen, die mit dem Geschick des Savello durchaus in keinem Zusammenhange stehen. Auch drängt sich die feine Kenntniß der Cultur- und Kunstgeschichte hie und da in ungebührlicher Breite vor, und eine, klassischen Vorbildern entlehnte, Neigung zu sorgfältig ausgeführten allgemeinen Sentenzen giebt der Darstellung gelegentlich eine gewisse altväterische Steifheit. Trotz dieser kleinen Mängel aber glauben wir die Novelle, zumal in ihrer zweiten Hälfte, als ein Muster hinstellen zu können, wie mit den einfachsten Mitteln, durch Echtheit der Localfarben und lapidare Kürze eine leidenschaftliche Tragödie zur erschütterndsten Wirkung gebracht werden könne.
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