Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877."Gönnen Sie dem Kinde die selige Ruhe, Frau Dorner", Sie schauderte leicht. "Es ist wahr," sagte sie tonlos; Erni war indessen still hinter uns hergegangen; jetzt rief Ich sah wie sie erbleichend zusammenzuckte. Aber sie Ich konnte nichts erwiedern; es lag mir wie Blei auf Schloß K . . . . in Böhmen, Mitte September. Warum ich so lange schweige, fragst Du? Und ob ich „Gönnen Sie dem Kinde die ſelige Ruhe, Frau Dorner“, Sie ſchauderte leicht. „Es iſt wahr,“ ſagte ſie tonlos; Erni war indeſſen ſtill hinter uns hergegangen; jetzt rief Ich ſah wie ſie erbleichend zuſammenzuckte. Aber ſie Ich konnte nichts erwiedern; es lag mir wie Blei auf Schloß K . . . . in Böhmen, Mitte September. Warum ich ſo lange ſchweige, fragſt Du? Und ob ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0130" n="114"/> <p>„Gönnen Sie dem Kinde die ſelige Ruhe, Frau Dorner“,<lb/> ſagte ich bewegt. „Sein Tod war ſeine Erlöſung.“</p><lb/> <p>Sie ſchauderte leicht. „Es iſt wahr,“ ſagte ſie tonlos;<lb/> „das Leben iſt für die Glücklichen.“</p><lb/> <p>Erni war indeſſen ſtill hinter uns hergegangen; jetzt rief<lb/> ſie: „Tante, Du hätteſt Herrn A. heirathen ſollen; dann<lb/> wäreſt Du auch glücklich geworden.“</p><lb/> <p>Ich ſah wie ſie erbleichend zuſammenzuckte. Aber ſie<lb/> zwang ſich zu einem Lächeln und ſagte: „was doch das thörichte<lb/> Mädchen ſpricht.“</p><lb/> <p>Ich konnte nichts erwiedern; es lag mir wie Blei auf<lb/> der Zunge, auf dem Herzen. So gingen wir wieder ſchweigend<lb/> neben einander. Als wir uns dem Eingänge näherten, erblickten<lb/> wir Dorner, der über das Gitter ſah und ein befremdetes<lb/> Geſicht machte, als er uns gewahr wurde. Er trat ein, und<lb/> nachdem wir einige Worte getauſcht, begab er ſich mit ſeiner<lb/> Frau und dem Kinde hinauf. Ich aber blieb zurück in der<lb/> ſinkenden Nacht, allein mit meinen Gefühlen, in welchen ſich<lb/> Schmerz und Seligkeit wunderbar verwoben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p rendition="#right">Schloß K . . . . in Böhmen, <hi rendition="#g">Mitte September</hi>.</p><lb/> <p>Warum ich ſo lange ſchweige, fragſt Du? Und ob ich<lb/> mich ſchon an den Ufern der Moldau befände? Ja, Theuerſter,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0130]
„Gönnen Sie dem Kinde die ſelige Ruhe, Frau Dorner“,
ſagte ich bewegt. „Sein Tod war ſeine Erlöſung.“
Sie ſchauderte leicht. „Es iſt wahr,“ ſagte ſie tonlos;
„das Leben iſt für die Glücklichen.“
Erni war indeſſen ſtill hinter uns hergegangen; jetzt rief
ſie: „Tante, Du hätteſt Herrn A. heirathen ſollen; dann
wäreſt Du auch glücklich geworden.“
Ich ſah wie ſie erbleichend zuſammenzuckte. Aber ſie
zwang ſich zu einem Lächeln und ſagte: „was doch das thörichte
Mädchen ſpricht.“
Ich konnte nichts erwiedern; es lag mir wie Blei auf
der Zunge, auf dem Herzen. So gingen wir wieder ſchweigend
neben einander. Als wir uns dem Eingänge näherten, erblickten
wir Dorner, der über das Gitter ſah und ein befremdetes
Geſicht machte, als er uns gewahr wurde. Er trat ein, und
nachdem wir einige Worte getauſcht, begab er ſich mit ſeiner
Frau und dem Kinde hinauf. Ich aber blieb zurück in der
ſinkenden Nacht, allein mit meinen Gefühlen, in welchen ſich
Schmerz und Seligkeit wunderbar verwoben.
Schloß K . . . . in Böhmen, Mitte September.
Warum ich ſo lange ſchweige, fragſt Du? Und ob ich
mich ſchon an den Ufern der Moldau befände? Ja, Theuerſter,
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