Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.in dem stillen Raume. Durch die hohen schmalen Bogenfen¬ "Wohin sollten wir denn?" erwiederte sie und sah "Dort drüben ist ein Wirthshaus. Ich glaube, wir könn¬ "Nun, wenn Du Lust hast", sagte sie und blieb stehen. in dem ſtillen Raume. Durch die hohen ſchmalen Bogenfen¬ „Wohin ſollten wir denn?“ erwiederte ſie und ſah „Dort drüben iſt ein Wirthshaus. Ich glaube, wir könn¬ „Nun, wenn Du Luſt haſt“, ſagte ſie und blieb ſtehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="158"/> in dem ſtillen Raume. Durch die hohen ſchmalen Bogenfen¬<lb/> ſter fiel das Licht ſanft und mild herein; er hörte das Ge¬<lb/> murmel des Prieſters, das Klingen des Miniſtrantenglöckleins<lb/> und Andacht durchſchauerte ihn. Aber beten konnte er nicht:<lb/> er blickte nur unverwandt auf Tertſchka, die vor ihm kniete<lb/> und mit geſenktem Haupte leicht die Lippen bewegte. Die<lb/> Meſſe war bald zu Ende; der Prieſter gab den Segen und<lb/> die Anweſenden entfernten ſich. Nur Tertſchka verweilte noch.<lb/> Endlich bekreuzte ſie ſich, ſtand auf und ſchritt, während Georg<lb/> folgte, nach der Thür, wo der Küſter bereits ungeduldig die<lb/> Schlüſſel klirren ließ. Draußen leuchtete der goldene Vor¬<lb/> mittag und nicht weit von der Kirche entfernt, ſtreckte ein<lb/> ſtattliches Wirthshaus einen Buſch von Tannenreiſern gar ein¬<lb/> ladend aus. „Willſt Du Dich ſchon auf den Heimweg machen?“<lb/> ſagte Georg, da Tertſchka wieder ſchweigend den Weg nach<lb/> dem Markte einſchlug.</p><lb/> <p>„Wohin ſollten wir denn?“ erwiederte ſie und ſah<lb/> empor.</p><lb/> <p>„Dort drüben iſt ein Wirthshaus. Ich glaube, wir könn¬<lb/> ten uns heut' etwas zu Gute thun, Tertſchka. Wer weiß, ob<lb/> wir wieder einmal mit einander gehen.“</p><lb/> <p>„Nun, wenn Du Luſt haſt“, ſagte ſie und blieb ſtehen.<lb/> „Der Aufſeher wird freilich ſchelten, wenn ich ſo ſpät zurück¬<lb/> komme. Aber Du haſt Recht: wer weiß, ob wir wieder ein¬<lb/> mal mit einander gehen.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [158/0174]
in dem ſtillen Raume. Durch die hohen ſchmalen Bogenfen¬
ſter fiel das Licht ſanft und mild herein; er hörte das Ge¬
murmel des Prieſters, das Klingen des Miniſtrantenglöckleins
und Andacht durchſchauerte ihn. Aber beten konnte er nicht:
er blickte nur unverwandt auf Tertſchka, die vor ihm kniete
und mit geſenktem Haupte leicht die Lippen bewegte. Die
Meſſe war bald zu Ende; der Prieſter gab den Segen und
die Anweſenden entfernten ſich. Nur Tertſchka verweilte noch.
Endlich bekreuzte ſie ſich, ſtand auf und ſchritt, während Georg
folgte, nach der Thür, wo der Küſter bereits ungeduldig die
Schlüſſel klirren ließ. Draußen leuchtete der goldene Vor¬
mittag und nicht weit von der Kirche entfernt, ſtreckte ein
ſtattliches Wirthshaus einen Buſch von Tannenreiſern gar ein¬
ladend aus. „Willſt Du Dich ſchon auf den Heimweg machen?“
ſagte Georg, da Tertſchka wieder ſchweigend den Weg nach
dem Markte einſchlug.
„Wohin ſollten wir denn?“ erwiederte ſie und ſah
empor.
„Dort drüben iſt ein Wirthshaus. Ich glaube, wir könn¬
ten uns heut' etwas zu Gute thun, Tertſchka. Wer weiß, ob
wir wieder einmal mit einander gehen.“
„Nun, wenn Du Luſt haſt“, ſagte ſie und blieb ſtehen.
„Der Aufſeher wird freilich ſchelten, wenn ich ſo ſpät zurück¬
komme. Aber Du haſt Recht: wer weiß, ob wir wieder ein¬
mal mit einander gehen.“
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