Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877."Es handelt sich diesmal um etwas ganz Anderes", "Sie erschrecken mich --" "Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬ Ich nahm einen Stuhl und setzte mich ihr gegenüber. Sie that einen langen Athemzug, dann begann sie: "Wir „Es handelt ſich diesmal um etwas ganz Anderes“, „Sie erſchrecken mich —“ „Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬ Ich nahm einen Stuhl und ſetzte mich ihr gegenüber. Sie that einen langen Athemzug, dann begann ſie: „Wir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0234" n="218"/> <p>„Es handelt ſich diesmal um etwas ganz Anderes“,<lb/> fuhr ſie raſch fort. „Es iſt eine Angelegenheit, bei welcher<lb/> mein ganzes Lebensglück auf dem Spiele ſteht.“</p><lb/> <p>„Sie erſchrecken mich —“</p><lb/> <p>„Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬<lb/> gen, weiter auszuholen und erſuche Sie um freundliches<lb/> Gehör.“</p><lb/> <p>Ich nahm einen Stuhl und ſetzte mich ihr gegenüber.</p><lb/> <p>Sie that einen langen Athemzug, dann begann ſie: „Wir<lb/> ſind die hinterlaſſenen Töchter eines Muſiklehrers, der ſich<lb/> ſeiner Zeit eines beſonderen Rufes erfreute und eine große<lb/> Anzahl von Schülern aus den hervorragendſten Kreiſen bei<lb/> ſich verſammelte. Unter dieſen befand ſich auch ein junger<lb/> Mann, Namens Alexis, der eine tiefe, wohlklingende Stimme<lb/> beſaß und zu ſeinem Vergnügen Unterricht im Singen nahm.<lb/> Seine Familie, eigentlich ruſſiſchen Urſprungs und in den<lb/> Donaufürſtenthümern zu Reichthum und Anſehen gelangt, war<lb/> ſchon ſeit einigen Generationen hier anſäſſig, wo ſie eine der<lb/> bedeutendſten Großhandlungsfirmen vertrat. Als Jüngling,<lb/> nach Paris geſchickt, um ſich dort unter der Aufſicht eines<lb/> Geſchäftsfreundes dem Handelsſtande zu widmen, war er vor<lb/> Kurzem zurückberufen worden; denn es hatte ſich herausgeſtellt,<lb/> daß er zu jenem Berufe durchaus keine Neigung beſaß und<lb/> ſich vielmehr ſorglos den Vergnügungen der Weltſtadt über¬<lb/> laſſen habe. Es ſollte ihm nun eine andere Bahn eröffnet<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [218/0234]
„Es handelt ſich diesmal um etwas ganz Anderes“,
fuhr ſie raſch fort. „Es iſt eine Angelegenheit, bei welcher
mein ganzes Lebensglück auf dem Spiele ſteht.“
„Sie erſchrecken mich —“
„Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬
gen, weiter auszuholen und erſuche Sie um freundliches
Gehör.“
Ich nahm einen Stuhl und ſetzte mich ihr gegenüber.
Sie that einen langen Athemzug, dann begann ſie: „Wir
ſind die hinterlaſſenen Töchter eines Muſiklehrers, der ſich
ſeiner Zeit eines beſonderen Rufes erfreute und eine große
Anzahl von Schülern aus den hervorragendſten Kreiſen bei
ſich verſammelte. Unter dieſen befand ſich auch ein junger
Mann, Namens Alexis, der eine tiefe, wohlklingende Stimme
beſaß und zu ſeinem Vergnügen Unterricht im Singen nahm.
Seine Familie, eigentlich ruſſiſchen Urſprungs und in den
Donaufürſtenthümern zu Reichthum und Anſehen gelangt, war
ſchon ſeit einigen Generationen hier anſäſſig, wo ſie eine der
bedeutendſten Großhandlungsfirmen vertrat. Als Jüngling,
nach Paris geſchickt, um ſich dort unter der Aufſicht eines
Geſchäftsfreundes dem Handelsſtande zu widmen, war er vor
Kurzem zurückberufen worden; denn es hatte ſich herausgeſtellt,
daß er zu jenem Berufe durchaus keine Neigung beſaß und
ſich vielmehr ſorglos den Vergnügungen der Weltſtadt über¬
laſſen habe. Es ſollte ihm nun eine andere Bahn eröffnet
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