Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.sie weist Alles zurück und zieht es vor, von Musikstunden zu "Nun, dann wäre es Ihre Pflicht, Ludovica zart und "Das that ich, weil sie nach unwürdigen Mitteln griff, "Und wenn sie Recht hätte", sagte ich ernst. Er zuckte zusammen und blieb stehen. "Sie sprechen in "Mein Herr", sagte ich, indem ich mich jetzt gleichfalls ſie weiſt Alles zurück und zieht es vor, von Muſikſtunden zu „Nun, dann wäre es Ihre Pflicht, Ludovica zart und „Das that ich, weil ſie nach unwürdigen Mitteln griff, „Und wenn ſie Recht hätte“, ſagte ich ernſt. Er zuckte zuſammen und blieb ſtehen. „Sie ſprechen in „Mein Herr“, ſagte ich, indem ich mich jetzt gleichfalls <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0246" n="230"/> ſie weiſt Alles zurück und zieht es vor, von Muſikſtunden zu<lb/> leben. Was ſie fordert, iſt Liebe und wieder Liebe — und<lb/> die kann ich ihr nicht geben.“</p><lb/> <p>„Nun, dann wäre es Ihre Pflicht, Ludovica zart und<lb/> ſchonungsvoll nach und nach mit ihrer Lage vertraut zu machen,<lb/> in welcher ſie ſich, von Schmerz und Leidenſchaft verwirrt,<lb/> nicht allſogleich zurecht finden kann. Keineswegs aber durften<lb/> Sie die Aermſte ungeduldig und grauſam von ſich ſtoßen und<lb/> ihr auf's unwürdigſte drohen.“</p><lb/> <p>„Das that ich, weil ſie nach unwürdigen Mitteln griff,<lb/> mich wieder zu gewinnen. Sie hat ihre Schweſter vor mir<lb/> herabgeſetzt, hat den Verdacht in mir erwecken wollen, daß<lb/> mich Mimi nicht liebt.“</p><lb/> <p>„Und wenn ſie Recht hätte“, ſagte ich ernſt.</p><lb/> <p>Er zuckte zuſammen und blieb ſtehen. „Sie ſprechen in<lb/> Ludovica's Intereſſe!“ rief er.</p><lb/> <p>„Mein Herr“, ſagte ich, indem ich mich jetzt gleichfalls<lb/> erhob und auf ihn zutrat, „es mag ſein, daß der Schritt, den<lb/> ich unternommen, Sie einigermaßen berechtigt, Zweifel in die<lb/> völlige Aufrichtigkeit meiner Worte zu ſetzen. Allein, wenn<lb/> Sie in meiner Seele leſen könnten, ſo würden Sie die Ueber¬<lb/> zeugung gewinnen, wie ehrlich, wie wahr ich es, nicht blos<lb/> mit Ludovica, ſondern auch mit <hi rendition="#g">Ihnen</hi> meine. Ich wieder¬<lb/> hole es: Marie Mensfeld liebt Sie <hi rendition="#g">nicht</hi>.“ Und da er<lb/> ſchmerzlich betroffen zu Boden ſah, fuhr ich raſch fort: „Nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0246]
ſie weiſt Alles zurück und zieht es vor, von Muſikſtunden zu
leben. Was ſie fordert, iſt Liebe und wieder Liebe — und
die kann ich ihr nicht geben.“
„Nun, dann wäre es Ihre Pflicht, Ludovica zart und
ſchonungsvoll nach und nach mit ihrer Lage vertraut zu machen,
in welcher ſie ſich, von Schmerz und Leidenſchaft verwirrt,
nicht allſogleich zurecht finden kann. Keineswegs aber durften
Sie die Aermſte ungeduldig und grauſam von ſich ſtoßen und
ihr auf's unwürdigſte drohen.“
„Das that ich, weil ſie nach unwürdigen Mitteln griff,
mich wieder zu gewinnen. Sie hat ihre Schweſter vor mir
herabgeſetzt, hat den Verdacht in mir erwecken wollen, daß
mich Mimi nicht liebt.“
„Und wenn ſie Recht hätte“, ſagte ich ernſt.
Er zuckte zuſammen und blieb ſtehen. „Sie ſprechen in
Ludovica's Intereſſe!“ rief er.
„Mein Herr“, ſagte ich, indem ich mich jetzt gleichfalls
erhob und auf ihn zutrat, „es mag ſein, daß der Schritt, den
ich unternommen, Sie einigermaßen berechtigt, Zweifel in die
völlige Aufrichtigkeit meiner Worte zu ſetzen. Allein, wenn
Sie in meiner Seele leſen könnten, ſo würden Sie die Ueber¬
zeugung gewinnen, wie ehrlich, wie wahr ich es, nicht blos
mit Ludovica, ſondern auch mit Ihnen meine. Ich wieder¬
hole es: Marie Mensfeld liebt Sie nicht.“ Und da er
ſchmerzlich betroffen zu Boden ſah, fuhr ich raſch fort: „Nicht
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