der alte Kirchendiener nebst einem Kruge leichten Landbieres oder einer Flasche Melniker auftrug. Der Pater machte dabei mit stiller Zuvorkommenheit den Wirth; ihm selbst merkte man es beinahe nicht an, daß er aß oder trank, so flüchtig weg, so ganz ohne alles Behagen that er es. Trotz dieses vertrauten Umganges wurden persönliche Angelegenheiten oder Verhält¬ nisse zwischen uns fast niemals berührt. Ich wußte von ihm nicht mehr, als daß er einem in der Stadt befindlichen Stifte angehörte, mit seinem Ordensnamen Innocens heiße, und der Sohn armer Landleute sei, die schon lange gestorben waren. Er hingegen mochte in mir einen Menschen erkennen, der sich in einer ihm wenig zusagenden Lebensstellung befand; aber er vermied es, mich in dieser Hinsicht irgendwie auszuforschen. Auch von dem, was er mir damals zu erzählen versprochen hatte, that er keine Erwähnung mehr. Vielleicht hatte er seine Zusage vergessen: vielleicht erwartete er, ich würde ihn daran erinnern, was ich jedoch, um nicht zudringlich zu erscheinen, unterließ. Von Zeit zu Zeit traf ich bei ihm mit einem be¬ scheidenen, wohlgebildeten Jüngling zusammen, in dem man beim ersten Blick einen Bruder des jungen Weibes erkennen mußte. Wie aus seinen Reden hervorging, hatte er erst vor kurzen, die ärztlichen Prüfungen abgelegt und stand an einer öffentlichen Heilanstalt in Verwendung. Gegen Innocens legte er eine tiefe und, wie es schien, mit Dankbarkeit verbundene Ehrerbietung an den Tag.
der alte Kirchendiener nebſt einem Kruge leichten Landbieres oder einer Flaſche Melniker auftrug. Der Pater machte dabei mit ſtiller Zuvorkommenheit den Wirth; ihm ſelbſt merkte man es beinahe nicht an, daß er aß oder trank, ſo flüchtig weg, ſo ganz ohne alles Behagen that er es. Trotz dieſes vertrauten Umganges wurden perſönliche Angelegenheiten oder Verhält¬ niſſe zwiſchen uns faſt niemals berührt. Ich wußte von ihm nicht mehr, als daß er einem in der Stadt befindlichen Stifte angehörte, mit ſeinem Ordensnamen Innocens heiße, und der Sohn armer Landleute ſei, die ſchon lange geſtorben waren. Er hingegen mochte in mir einen Menſchen erkennen, der ſich in einer ihm wenig zuſagenden Lebensſtellung befand; aber er vermied es, mich in dieſer Hinſicht irgendwie auszuforſchen. Auch von dem, was er mir damals zu erzählen verſprochen hatte, that er keine Erwähnung mehr. Vielleicht hatte er ſeine Zuſage vergeſſen: vielleicht erwartete er, ich würde ihn daran erinnern, was ich jedoch, um nicht zudringlich zu erſcheinen, unterließ. Von Zeit zu Zeit traf ich bei ihm mit einem be¬ ſcheidenen, wohlgebildeten Jüngling zuſammen, in dem man beim erſten Blick einen Bruder des jungen Weibes erkennen mußte. Wie aus ſeinen Reden hervorging, hatte er erſt vor kurzen, die ärztlichen Prüfungen abgelegt und ſtand an einer öffentlichen Heilanſtalt in Verwendung. Gegen Innocens legte er eine tiefe und, wie es ſchien, mit Dankbarkeit verbundene Ehrerbietung an den Tag.
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der alte Kirchendiener nebſt einem Kruge leichten Landbieres
oder einer Flaſche Melniker auftrug. Der Pater machte dabei
mit ſtiller Zuvorkommenheit den Wirth; ihm ſelbſt merkte man
es beinahe nicht an, daß er aß oder trank, ſo flüchtig weg, ſo
ganz ohne alles Behagen that er es. Trotz dieſes vertrauten
Umganges wurden perſönliche Angelegenheiten oder Verhält¬
niſſe zwiſchen uns faſt niemals berührt. Ich wußte von ihm
nicht mehr, als daß er einem in der Stadt befindlichen Stifte
angehörte, mit ſeinem Ordensnamen Innocens heiße, und der
Sohn armer Landleute ſei, die ſchon lange geſtorben waren.
Er hingegen mochte in mir einen Menſchen erkennen, der ſich
in einer ihm wenig zuſagenden Lebensſtellung befand; aber er
vermied es, mich in dieſer Hinſicht irgendwie auszuforſchen.
Auch von dem, was er mir damals zu erzählen verſprochen
hatte, that er keine Erwähnung mehr. Vielleicht hatte er ſeine
Zuſage vergeſſen: vielleicht erwartete er, ich würde ihn daran
erinnern, was ich jedoch, um nicht zudringlich zu erſcheinen,
unterließ. Von Zeit zu Zeit traf ich bei ihm mit einem be¬
ſcheidenen, wohlgebildeten Jüngling zuſammen, in dem man
beim erſten Blick einen Bruder des jungen Weibes erkennen
mußte. Wie aus ſeinen Reden hervorging, hatte er erſt vor
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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/47>, abgerufen am 23.11.2024.
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