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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Metamorphosenlehre und der Spiraltheorie.
typischen Vorbildes, welches im äußeren Organismus dargestellt
werden soll. Hierdurch erhält die Verjüngung ihre bestimmte
Beziehung zur Entwicklung, die eben nur das im Wesen des
Geschöpfes Liegende, ihm innerlich Eigene in stufenweiser Ver-
vollkommnung zur Darstellung bringen kann und soll." Und
am Schlusse des Werkes (p. 347) heißt es: "Die Art und
Weise, in welcher die innere, in ihrem Grunde geistige Natur
des Lebens sich insbesondere in der Erscheinung der Verjüngung
manifestirt, können wir im wahren Sinne des Wortes als Erin-
nerung bezeichnen, als die Gabe, gegenüber der Veräußerlichung
und Veraltung des Lebens, in der Erscheinung die innere Be-
stimmung von Neuem zu erfassen und mit erneuter Kraft nach
außen zu wenden" u. s. w.

Der so erfaßte Begriff der Verjüngung wird nun auf alle
Lebenserscheinungen der Pflanzen angewendet, nicht nur die Me-
tamorphose der Blätter, die Sproßbildung und Verzweigung, die
verschiedenen Formen der Zellbildung, sondern auch die paläon-
tologischen Thatsachen sind Manifestationen der Verjüngung, die
nun im Verfolg die Eigenschaft eines abstracten Begriffes ab-
streift und sich zu einem thätigen Wesen personificirt (z. B. p. 8
"Thätigkeit der Verjüngung").

Die Beziehungen von Braun's Standpunct zu der Frage
nach der Constanz der Arten können einigermaßen zweifelhaft erschei-
nen; manche Aeußerungen lassen sich so deuten, als ob sie eine
im Laufe der Zeiten sich vollziehende Umgestaltung der Species
zulassen wollten, während andere Aeußerungen dem widersprechen
und gerade die letzteren erscheinen als die bei dem Standpunct
des Idealismus consequenten. So heißt es z. B. (p. 9): "Der
Schein, als ob immer nur das Gleiche in der Natur sich wieder-
hole, hebt sich bei einem Rückblick aus unserer stationären Zeit
in die Reihenfolge vorweltlicher Epochen. Hier finden wir in
Wirklichkeit die ersten Anfänge der Arten, der Gattungen, ja selbst
der Ordnungen und Classen des Pflanzen- und Thierreichs; wir
sehen zugleich, wie mit dem Erscheinen der höheren Stufen der
organischen Reiche mehr oder weniger durchgreifende Umgestal-

Metamorphoſenlehre und der Spiraltheorie.
typiſchen Vorbildes, welches im äußeren Organismus dargeſtellt
werden ſoll. Hierdurch erhält die Verjüngung ihre beſtimmte
Beziehung zur Entwicklung, die eben nur das im Weſen des
Geſchöpfes Liegende, ihm innerlich Eigene in ſtufenweiſer Ver-
vollkommnung zur Darſtellung bringen kann und ſoll.“ Und
am Schluſſe des Werkes (p. 347) heißt es: „Die Art und
Weiſe, in welcher die innere, in ihrem Grunde geiſtige Natur
des Lebens ſich insbeſondere in der Erſcheinung der Verjüngung
manifeſtirt, können wir im wahren Sinne des Wortes als Erin-
nerung bezeichnen, als die Gabe, gegenüber der Veräußerlichung
und Veraltung des Lebens, in der Erſcheinung die innere Be-
ſtimmung von Neuem zu erfaſſen und mit erneuter Kraft nach
außen zu wenden“ u. ſ. w.

Der ſo erfaßte Begriff der Verjüngung wird nun auf alle
Lebenserſcheinungen der Pflanzen angewendet, nicht nur die Me-
tamorphoſe der Blätter, die Sproßbildung und Verzweigung, die
verſchiedenen Formen der Zellbildung, ſondern auch die paläon-
tologiſchen Thatſachen ſind Manifeſtationen der Verjüngung, die
nun im Verfolg die Eigenſchaft eines abſtracten Begriffes ab-
ſtreift und ſich zu einem thätigen Weſen perſonificirt (z. B. p. 8
„Thätigkeit der Verjüngung“).

Die Beziehungen von Braun's Standpunct zu der Frage
nach der Conſtanz der Arten können einigermaßen zweifelhaft erſchei-
nen; manche Aeußerungen laſſen ſich ſo deuten, als ob ſie eine
im Laufe der Zeiten ſich vollziehende Umgeſtaltung der Species
zulaſſen wollten, während andere Aeußerungen dem widerſprechen
und gerade die letzteren erſcheinen als die bei dem Standpunct
des Idealismus conſequenten. So heißt es z. B. (p. 9): „Der
Schein, als ob immer nur das Gleiche in der Natur ſich wieder-
hole, hebt ſich bei einem Rückblick aus unſerer ſtationären Zeit
in die Reihenfolge vorweltlicher Epochen. Hier finden wir in
Wirklichkeit die erſten Anfänge der Arten, der Gattungen, ja ſelbſt
der Ordnungen und Claſſen des Pflanzen- und Thierreichs; wir
ſehen zugleich, wie mit dem Erſcheinen der höheren Stufen der
organiſchen Reiche mehr oder weniger durchgreifende Umgeſtal-

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[189/0201] Metamorphoſenlehre und der Spiraltheorie. typiſchen Vorbildes, welches im äußeren Organismus dargeſtellt werden ſoll. Hierdurch erhält die Verjüngung ihre beſtimmte Beziehung zur Entwicklung, die eben nur das im Weſen des Geſchöpfes Liegende, ihm innerlich Eigene in ſtufenweiſer Ver- vollkommnung zur Darſtellung bringen kann und ſoll.“ Und am Schluſſe des Werkes (p. 347) heißt es: „Die Art und Weiſe, in welcher die innere, in ihrem Grunde geiſtige Natur des Lebens ſich insbeſondere in der Erſcheinung der Verjüngung manifeſtirt, können wir im wahren Sinne des Wortes als Erin- nerung bezeichnen, als die Gabe, gegenüber der Veräußerlichung und Veraltung des Lebens, in der Erſcheinung die innere Be- ſtimmung von Neuem zu erfaſſen und mit erneuter Kraft nach außen zu wenden“ u. ſ. w. Der ſo erfaßte Begriff der Verjüngung wird nun auf alle Lebenserſcheinungen der Pflanzen angewendet, nicht nur die Me- tamorphoſe der Blätter, die Sproßbildung und Verzweigung, die verſchiedenen Formen der Zellbildung, ſondern auch die paläon- tologiſchen Thatſachen ſind Manifeſtationen der Verjüngung, die nun im Verfolg die Eigenſchaft eines abſtracten Begriffes ab- ſtreift und ſich zu einem thätigen Weſen perſonificirt (z. B. p. 8 „Thätigkeit der Verjüngung“). Die Beziehungen von Braun's Standpunct zu der Frage nach der Conſtanz der Arten können einigermaßen zweifelhaft erſchei- nen; manche Aeußerungen laſſen ſich ſo deuten, als ob ſie eine im Laufe der Zeiten ſich vollziehende Umgeſtaltung der Species zulaſſen wollten, während andere Aeußerungen dem widerſprechen und gerade die letzteren erſcheinen als die bei dem Standpunct des Idealismus conſequenten. So heißt es z. B. (p. 9): „Der Schein, als ob immer nur das Gleiche in der Natur ſich wieder- hole, hebt ſich bei einem Rückblick aus unſerer ſtationären Zeit in die Reihenfolge vorweltlicher Epochen. Hier finden wir in Wirklichkeit die erſten Anfänge der Arten, der Gattungen, ja ſelbſt der Ordnungen und Claſſen des Pflanzen- und Thierreichs; wir ſehen zugleich, wie mit dem Erſcheinen der höheren Stufen der organiſchen Reiche mehr oder weniger durchgreifende Umgeſtal-

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/201>, abgerufen am 21.11.2024.