Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Die Morphologie unter dem Einfluß der tungen verbunden sind, so daß hinwiederum Gattungen undArten der alten Welt verschwinden, während neue an ihre Stelle treten. In allem diesem Wechsel aber spricht sich nicht der bloße Zufall einerseits zerstörender, andererseits neuen Boden für das Gedeihen der organischen Natur gründender Erderschütterungen aus, sondern vielmehr bestimmte, bis in das Einzelne durch- greifende Gesetze der Entwicklung des organischen Lebens." Dem gegenüber aber finden wir am Schluß der Abhandlung über die Polyembryonie, welche kurz vor dem Erscheinen von Darwin's epochemachendem Werk geschrieben wurde, einen Satz, der die Annahme der Verwandlung der Arten als sehr zweifelhaft erscheinen läßt, indem es (p. 257) heißt: "Kann man, wenn man überhaupt einen organischen Zusammenhang in der Entwick- lungsgeschichte der Pflanzenformen anzunehmen berechtigt sein sollte, sich vorstellen, daß der Typus der Moose sowohl, als der der Farne aus der Algenform hervorgegangen sei, oder sollte umgekehrt die Algenform den Moosen und Farnen den Ursprung verdanken?" Die hier zur Bezeichnung von Braun's naturphilosophi- Die Morphologie unter dem Einfluß der tungen verbunden ſind, ſo daß hinwiederum Gattungen undArten der alten Welt verſchwinden, während neue an ihre Stelle treten. In allem dieſem Wechſel aber ſpricht ſich nicht der bloße Zufall einerſeits zerſtörender, andererſeits neuen Boden für das Gedeihen der organiſchen Natur gründender Erderſchütterungen aus, ſondern vielmehr beſtimmte, bis in das Einzelne durch- greifende Geſetze der Entwicklung des organiſchen Lebens.“ Dem gegenüber aber finden wir am Schluß der Abhandlung über die Polyembryonie, welche kurz vor dem Erſcheinen von Darwin's epochemachendem Werk geſchrieben wurde, einen Satz, der die Annahme der Verwandlung der Arten als ſehr zweifelhaft erſcheinen läßt, indem es (p. 257) heißt: „Kann man, wenn man überhaupt einen organiſchen Zuſammenhang in der Entwick- lungsgeſchichte der Pflanzenformen anzunehmen berechtigt ſein ſollte, ſich vorſtellen, daß der Typus der Mooſe ſowohl, als der der Farne aus der Algenform hervorgegangen ſei, oder ſollte umgekehrt die Algenform den Mooſen und Farnen den Urſprung verdanken?“ Die hier zur Bezeichnung von Braun's naturphiloſophi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0202" n="190"/><fw place="top" type="header">Die Morphologie unter dem Einfluß der</fw><lb/> tungen verbunden ſind, ſo daß hinwiederum Gattungen und<lb/> Arten der alten Welt verſchwinden, während neue an ihre Stelle<lb/> treten. In allem dieſem Wechſel aber ſpricht ſich nicht der bloße<lb/> Zufall einerſeits zerſtörender, andererſeits neuen Boden für das<lb/> Gedeihen der organiſchen Natur gründender Erderſchütterungen<lb/> aus, ſondern vielmehr beſtimmte, bis in das Einzelne durch-<lb/> greifende Geſetze der Entwicklung des organiſchen Lebens.“ Dem<lb/> gegenüber aber finden wir am Schluß der Abhandlung über die<lb/> Polyembryonie, welche kurz vor dem Erſcheinen von <hi rendition="#g">Darwin</hi>'s<lb/> epochemachendem Werk geſchrieben wurde, einen Satz, der die<lb/> Annahme der Verwandlung der Arten als ſehr zweifelhaft<lb/> erſcheinen läßt, indem es (<hi rendition="#aq">p.</hi> 257) heißt: „Kann man, wenn<lb/> man überhaupt einen organiſchen Zuſammenhang in der Entwick-<lb/> lungsgeſchichte der Pflanzenformen anzunehmen berechtigt ſein<lb/> ſollte, ſich vorſtellen, daß der Typus der Mooſe ſowohl, als der<lb/> der Farne aus der Algenform hervorgegangen ſei, oder ſollte<lb/> umgekehrt die Algenform den Mooſen und Farnen den Urſprung<lb/> verdanken?“</p><lb/> <p>Die hier zur Bezeichnung von <hi rendition="#g">Braun</hi>'s naturphiloſophi-<lb/> ſchem Standpunct angeführten Sätze geben noch keine Vorſtellung<lb/> von der Art, wie dieſelben nun in der Darſtellung der That-<lb/> ſachen bei der Anordnung des empiriſchen Materials das Ganze<lb/> durchdringen, was zu veranſchaulichen natürlich nicht wohl<lb/> Gegenſtand eines kurzen Referates ſein kann. Noch ſchärfer als<lb/> in der Verjüngung tritt <hi rendition="#g">Braun</hi>'s Auffaſſungsweiſe in einer drei<lb/> Jahre ſpäter erſchienenen Abhandlung „das Individuum der<lb/> Pflanze in ſeinem Verhältniß zur Species, Generationsfolge,<lb/> Generationswechſel und Generationstheilung der Pflanze“ 1852<lb/> und 1853 hervor. Wie in dem vorhin genannten Werk zu<lb/> dem Worte Verjüngung, ſo wird hier zu dem Worte Individuum<lb/> der Begriff aufgeſucht. Eine in der That ſchwierige Aufgabe,<lb/> wenn man bedenkt, wie vielerlei Bedeutungen man gerade dieſem<lb/> Worte im Lauf der Zeiten beigelegt hat; zwiſchen den Indivi-<lb/> duen oder Atomen des <hi rendition="#g">Epikur</hi>, den Individuen oder Monaden<lb/> des <hi rendition="#g">Leibnitz</hi> und den Atomen der modernen Chemie, den Be-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0202]
Die Morphologie unter dem Einfluß der
tungen verbunden ſind, ſo daß hinwiederum Gattungen und
Arten der alten Welt verſchwinden, während neue an ihre Stelle
treten. In allem dieſem Wechſel aber ſpricht ſich nicht der bloße
Zufall einerſeits zerſtörender, andererſeits neuen Boden für das
Gedeihen der organiſchen Natur gründender Erderſchütterungen
aus, ſondern vielmehr beſtimmte, bis in das Einzelne durch-
greifende Geſetze der Entwicklung des organiſchen Lebens.“ Dem
gegenüber aber finden wir am Schluß der Abhandlung über die
Polyembryonie, welche kurz vor dem Erſcheinen von Darwin's
epochemachendem Werk geſchrieben wurde, einen Satz, der die
Annahme der Verwandlung der Arten als ſehr zweifelhaft
erſcheinen läßt, indem es (p. 257) heißt: „Kann man, wenn
man überhaupt einen organiſchen Zuſammenhang in der Entwick-
lungsgeſchichte der Pflanzenformen anzunehmen berechtigt ſein
ſollte, ſich vorſtellen, daß der Typus der Mooſe ſowohl, als der
der Farne aus der Algenform hervorgegangen ſei, oder ſollte
umgekehrt die Algenform den Mooſen und Farnen den Urſprung
verdanken?“
Die hier zur Bezeichnung von Braun's naturphiloſophi-
ſchem Standpunct angeführten Sätze geben noch keine Vorſtellung
von der Art, wie dieſelben nun in der Darſtellung der That-
ſachen bei der Anordnung des empiriſchen Materials das Ganze
durchdringen, was zu veranſchaulichen natürlich nicht wohl
Gegenſtand eines kurzen Referates ſein kann. Noch ſchärfer als
in der Verjüngung tritt Braun's Auffaſſungsweiſe in einer drei
Jahre ſpäter erſchienenen Abhandlung „das Individuum der
Pflanze in ſeinem Verhältniß zur Species, Generationsfolge,
Generationswechſel und Generationstheilung der Pflanze“ 1852
und 1853 hervor. Wie in dem vorhin genannten Werk zu
dem Worte Verjüngung, ſo wird hier zu dem Worte Individuum
der Begriff aufgeſucht. Eine in der That ſchwierige Aufgabe,
wenn man bedenkt, wie vielerlei Bedeutungen man gerade dieſem
Worte im Lauf der Zeiten beigelegt hat; zwiſchen den Indivi-
duen oder Atomen des Epikur, den Individuen oder Monaden
des Leibnitz und den Atomen der modernen Chemie, den Be-
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