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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Die Phytotomie im 18. Jahrhundert.
ziehung seine Werke zu ihrer Zeit Vielen gewiß sehr lehrreich
gewesen sein müssen. Die Spaltöffnungen, welche übrigens
Grew bereits entdeckt hatte, sah er an den Blättern der Farn-
kräuter, hielt sie aber für die männlichen Befruchtungsorgane der-
selben, was zugleich zeigte, daß ihm die Existenz dieser Organe
bei den Phanerogamen unbekannt blieb.

Ganz vereinsamt unter seinen Zeitgenossen steht Caspar
Friedrich Wolff
1) mit seinen phytotomischen Bestrebungen da,
nicht nur insofern er seit Malpighi und Grew wieder der
Erste und Einzige war, welcher der Anatomie der Pflanzen
Arbeit und consequente Ausdauer zuwandte, sondern noch mehr
deßhalb, weil er zu einer Zeit, wo selbst die Struktur der fer-
tigen Pflanzenorgane beinahe in Vergessenheit gerathen war, die
Entwicklungsgeschichte dieser Struktur, die Entstehung des Zell-
gewebes zu ergründen suchte. Leider war es nicht ausschließlich
ein phytotomisches Interesse, welches ihn dabei leitete, sondern
eine allgemeinere Frage, welche er auf diesem Wege zu
erledigen suchte; er wollte durch den Nachweis der Ent-
wicklung der Pflanzenorgane die damals herrschende Evolutions-
theorie widerlegen und für seine Lehre von der Epigenesis induk-
tive Fundamente gewinnen. Obgleich auf diese Weise von der

1) C. F. Wolff wurde 1733 zu Berlin geboren; seine Studien, die
theilweise in die Zeit des siebenjährigen Kriegs fielen, begann er 1753 am
dortigen Collegium medico-chirurgicum; bei Meckel trieb er Anatomie,
bei Gleditsch Botanik; später bezog er die Universität Halle, wo er Leibnitz-
Wolff'sche Philosophie studirte, die in seiner Dissertation, der theoria
generationis
(1759) allzusehr überwiegt. Haller, Vertreter der Evolutions
theorie, gegen welche diese Schrift auftrat, würdigte dieselbe einer wohlwol-
lenden Kritik und trat mit ihrem jugendlichen Verfasser in Briefwechsel. --
In Breslau hielt Wolff medicinische Lehrvorträge im Lazareth; 1762 erhielt
er die Erlaubniß am Collegium medico chirurgicum zu Berlin Physiologie
u. a. zu lesen; bei der Besetzung zweier Professuren an dieser Anstalt wurde
er jedoch übergangen; die Kaiserin Katharina II. berief ihn 1766 an die
Petersburger-Akademie; er starb daselbst 1794. (vergl. Alf. Kirchhoffs:
"Idee der Pflanzenmetamorphose" Berlin 1867.)

Die Phytotomie im 18. Jahrhundert.
ziehung ſeine Werke zu ihrer Zeit Vielen gewiß ſehr lehrreich
geweſen ſein müſſen. Die Spaltöffnungen, welche übrigens
Grew bereits entdeckt hatte, ſah er an den Blättern der Farn-
kräuter, hielt ſie aber für die männlichen Befruchtungsorgane der-
ſelben, was zugleich zeigte, daß ihm die Exiſtenz dieſer Organe
bei den Phanerogamen unbekannt blieb.

Ganz vereinſamt unter ſeinen Zeitgenoſſen ſteht Caspar
Friedrich Wolff
1) mit ſeinen phytotomiſchen Beſtrebungen da,
nicht nur inſofern er ſeit Malpighi und Grew wieder der
Erſte und Einzige war, welcher der Anatomie der Pflanzen
Arbeit und conſequente Ausdauer zuwandte, ſondern noch mehr
deßhalb, weil er zu einer Zeit, wo ſelbſt die Struktur der fer-
tigen Pflanzenorgane beinahe in Vergeſſenheit gerathen war, die
Entwicklungsgeſchichte dieſer Struktur, die Entſtehung des Zell-
gewebes zu ergründen ſuchte. Leider war es nicht ausſchließlich
ein phytotomiſches Intereſſe, welches ihn dabei leitete, ſondern
eine allgemeinere Frage, welche er auf dieſem Wege zu
erledigen ſuchte; er wollte durch den Nachweis der Ent-
wicklung der Pflanzenorgane die damals herrſchende Evolutions-
theorie widerlegen und für ſeine Lehre von der Epigeneſis induk-
tive Fundamente gewinnen. Obgleich auf dieſe Weiſe von der

1) C. F. Wolff wurde 1733 zu Berlin geboren; ſeine Studien, die
theilweiſe in die Zeit des ſiebenjährigen Kriegs fielen, begann er 1753 am
dortigen Collegium medico-chirurgicum; bei Meckel trieb er Anatomie,
bei Gleditſch Botanik; ſpäter bezog er die Univerſität Halle, wo er Leibnitz-
Wolff'ſche Philoſophie ſtudirte, die in ſeiner Diſſertation, der theoria
generationis
(1759) allzuſehr überwiegt. Haller, Vertreter der Evolutions
theorie, gegen welche dieſe Schrift auftrat, würdigte dieſelbe einer wohlwol-
lenden Kritik und trat mit ihrem jugendlichen Verfaſſer in Briefwechſel. —
In Breslau hielt Wolff mediciniſche Lehrvorträge im Lazareth; 1762 erhielt
er die Erlaubniß am Collegium medico chirurgicum zu Berlin Phyſiologie
u. a. zu leſen; bei der Beſetzung zweier Profeſſuren an dieſer Anſtalt wurde
er jedoch übergangen; die Kaiſerin Katharina II. berief ihn 1766 an die
Petersburger-Akademie; er ſtarb daſelbſt 1794. (vergl. Alf. Kirchhoffs:
„Idee der Pflanzenmetamorphoſe“ Berlin 1867.)
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[269/0281] Die Phytotomie im 18. Jahrhundert. ziehung ſeine Werke zu ihrer Zeit Vielen gewiß ſehr lehrreich geweſen ſein müſſen. Die Spaltöffnungen, welche übrigens Grew bereits entdeckt hatte, ſah er an den Blättern der Farn- kräuter, hielt ſie aber für die männlichen Befruchtungsorgane der- ſelben, was zugleich zeigte, daß ihm die Exiſtenz dieſer Organe bei den Phanerogamen unbekannt blieb. Ganz vereinſamt unter ſeinen Zeitgenoſſen ſteht Caspar Friedrich Wolff 1) mit ſeinen phytotomiſchen Beſtrebungen da, nicht nur inſofern er ſeit Malpighi und Grew wieder der Erſte und Einzige war, welcher der Anatomie der Pflanzen Arbeit und conſequente Ausdauer zuwandte, ſondern noch mehr deßhalb, weil er zu einer Zeit, wo ſelbſt die Struktur der fer- tigen Pflanzenorgane beinahe in Vergeſſenheit gerathen war, die Entwicklungsgeſchichte dieſer Struktur, die Entſtehung des Zell- gewebes zu ergründen ſuchte. Leider war es nicht ausſchließlich ein phytotomiſches Intereſſe, welches ihn dabei leitete, ſondern eine allgemeinere Frage, welche er auf dieſem Wege zu erledigen ſuchte; er wollte durch den Nachweis der Ent- wicklung der Pflanzenorgane die damals herrſchende Evolutions- theorie widerlegen und für ſeine Lehre von der Epigeneſis induk- tive Fundamente gewinnen. Obgleich auf dieſe Weiſe von der 1) C. F. Wolff wurde 1733 zu Berlin geboren; ſeine Studien, die theilweiſe in die Zeit des ſiebenjährigen Kriegs fielen, begann er 1753 am dortigen Collegium medico-chirurgicum; bei Meckel trieb er Anatomie, bei Gleditſch Botanik; ſpäter bezog er die Univerſität Halle, wo er Leibnitz- Wolff'ſche Philoſophie ſtudirte, die in ſeiner Diſſertation, der theoria generationis (1759) allzuſehr überwiegt. Haller, Vertreter der Evolutions theorie, gegen welche dieſe Schrift auftrat, würdigte dieſelbe einer wohlwol- lenden Kritik und trat mit ihrem jugendlichen Verfaſſer in Briefwechſel. — In Breslau hielt Wolff mediciniſche Lehrvorträge im Lazareth; 1762 erhielt er die Erlaubniß am Collegium medico chirurgicum zu Berlin Phyſiologie u. a. zu leſen; bei der Beſetzung zweier Profeſſuren an dieſer Anſtalt wurde er jedoch übergangen; die Kaiſerin Katharina II. berief ihn 1766 an die Petersburger-Akademie; er ſtarb daſelbſt 1794. (vergl. Alf. Kirchhoffs: „Idee der Pflanzenmetamorphoſe“ Berlin 1867.)

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/281>, abgerufen am 24.11.2024.