(unter Aldrovandi, dann unter Caesalpin); bald darauf traten auch im Norden derartige lebende Pflanzensammlungen auf: schon 1577 entstand ein botanischer Garten in Leyden, dem Clusius eine Zeit lang vorstand, dann 1593 in Heidelberg und in Montpellier, aber erst im Laufe des folgenden Jahrhun- derts vermehrte sich die Zahl der botanischen Gärten beträchtlich.
Auch die Aufbewahrung getrockneter Pflanzen, die Herstellung von Sammlungen, welche wir jetzt als Herbarien bezeichnen (damals jedoch verstand man unter einem Herbarium ein Pflanzen- buch), stammt schon aus dem 16. Jahrhundert und auch hierin waren die Italiener vorausgegangen. Nach Ernst Meyer scheint Luca Ghini der Erste gewesen zu sein, der getrocknete Pflanzen zu wissenschaftlichen Zwecken benutzte und seine beiden Schüler Aldrovandi und Caesalpin die ersten Herbarien nach unserer Art angelegt zu haben; zu den ersten derartigen Sammlungen (vielleicht von 1559) gehört aber das Herbarium, welches Ratzenberger anlegte, und welches vor einigen Jahren im Casseler Museum von Keßler aufgefunden und beschrieben wurde.
Diese uns übrigens ferner liegenden Aeußerlichkeiten zeigen, wie lebhaft in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts das In- teresse an der Botanik war; noch mehr beweist es die große Zahl von Pflanzenbüchern, welche mit theueren und zahlreichen Abbil- dungen versehen herausgegeben wurden, von denen manche sogar zahlreiche Auflagen erlebten. Mit der immer steigenden Zahl der Abbildungen, welche man den Beschreibungen beifügte und welche in den späteren Kräuterbüchern in die Tausende gingen, hielt jedoch ihr künstlerischer und wissenschaftlicher Werth nicht gleichen Schritt; die prächtigen Bilder bei Fuchs blieben uner- reicht und nach und nach, je weiter man sich von dem Zeitalter Dürer's entfernte, wurden die Holzschnitte kleiner und schlech- ter 1), zuweilen sogar unkenntlich. Dagegen nahm die Kunst der
1) Ausführlicheres darüber bei L. C. Treviranus: die Anwendung des Holzschnitts zur bildlichen Darstellung der Pflanzen, Leipzig 1855 und Choulant graphische Incunabln, Leipzig 1858.
Die deutſchen und niederländiſchen Botaniker
(unter Aldrovandi, dann unter Caeſalpin); bald darauf traten auch im Norden derartige lebende Pflanzenſammlungen auf: ſchon 1577 entſtand ein botaniſcher Garten in Leyden, dem Cluſius eine Zeit lang vorſtand, dann 1593 in Heidelberg und in Montpellier, aber erſt im Laufe des folgenden Jahrhun- derts vermehrte ſich die Zahl der botaniſchen Gärten beträchtlich.
Auch die Aufbewahrung getrockneter Pflanzen, die Herſtellung von Sammlungen, welche wir jetzt als Herbarien bezeichnen (damals jedoch verſtand man unter einem Herbarium ein Pflanzen- buch), ſtammt ſchon aus dem 16. Jahrhundert und auch hierin waren die Italiener vorausgegangen. Nach Ernſt Meyer ſcheint Luca Ghini der Erſte geweſen zu ſein, der getrocknete Pflanzen zu wiſſenſchaftlichen Zwecken benutzte und ſeine beiden Schüler Aldrovandi und Caeſalpin die erſten Herbarien nach unſerer Art angelegt zu haben; zu den erſten derartigen Sammlungen (vielleicht von 1559) gehört aber das Herbarium, welches Ratzenberger anlegte, und welches vor einigen Jahren im Caſſeler Muſeum von Keßler aufgefunden und beſchrieben wurde.
Dieſe uns übrigens ferner liegenden Aeußerlichkeiten zeigen, wie lebhaft in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts das In- tereſſe an der Botanik war; noch mehr beweiſt es die große Zahl von Pflanzenbüchern, welche mit theueren und zahlreichen Abbil- dungen verſehen herausgegeben wurden, von denen manche ſogar zahlreiche Auflagen erlebten. Mit der immer ſteigenden Zahl der Abbildungen, welche man den Beſchreibungen beifügte und welche in den ſpäteren Kräuterbüchern in die Tauſende gingen, hielt jedoch ihr künſtleriſcher und wiſſenſchaftlicher Werth nicht gleichen Schritt; die prächtigen Bilder bei Fuchs blieben uner- reicht und nach und nach, je weiter man ſich von dem Zeitalter Dürer's entfernte, wurden die Holzſchnitte kleiner und ſchlech- ter 1), zuweilen ſogar unkenntlich. Dagegen nahm die Kunſt der
1) Ausführlicheres darüber bei L. C. Treviranus: die Anwendung des Holzſchnitts zur bildlichen Darſtellung der Pflanzen, Leipzig 1855 und Choulant graphiſche Incunabln, Leipzig 1858.
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Die deutſchen und niederländiſchen Botaniker
(unter Aldrovandi, dann unter Caeſalpin); bald darauf
traten auch im Norden derartige lebende Pflanzenſammlungen
auf: ſchon 1577 entſtand ein botaniſcher Garten in Leyden, dem
Cluſius eine Zeit lang vorſtand, dann 1593 in Heidelberg
und in Montpellier, aber erſt im Laufe des folgenden Jahrhun-
derts vermehrte ſich die Zahl der botaniſchen Gärten beträchtlich.
Auch die Aufbewahrung getrockneter Pflanzen, die Herſtellung
von Sammlungen, welche wir jetzt als Herbarien bezeichnen
(damals jedoch verſtand man unter einem Herbarium ein Pflanzen-
buch), ſtammt ſchon aus dem 16. Jahrhundert und auch hierin
waren die Italiener vorausgegangen. Nach Ernſt Meyer
ſcheint Luca Ghini der Erſte geweſen zu ſein, der getrocknete
Pflanzen zu wiſſenſchaftlichen Zwecken benutzte und ſeine beiden
Schüler Aldrovandi und Caeſalpin die erſten Herbarien
nach unſerer Art angelegt zu haben; zu den erſten derartigen
Sammlungen (vielleicht von 1559) gehört aber das Herbarium,
welches Ratzenberger anlegte, und welches vor einigen Jahren
im Caſſeler Muſeum von Keßler aufgefunden und beſchrieben
wurde.
Dieſe uns übrigens ferner liegenden Aeußerlichkeiten zeigen,
wie lebhaft in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts das In-
tereſſe an der Botanik war; noch mehr beweiſt es die große Zahl
von Pflanzenbüchern, welche mit theueren und zahlreichen Abbil-
dungen verſehen herausgegeben wurden, von denen manche ſogar
zahlreiche Auflagen erlebten. Mit der immer ſteigenden Zahl
der Abbildungen, welche man den Beſchreibungen beifügte und
welche in den ſpäteren Kräuterbüchern in die Tauſende gingen,
hielt jedoch ihr künſtleriſcher und wiſſenſchaftlicher Werth nicht
gleichen Schritt; die prächtigen Bilder bei Fuchs blieben uner-
reicht und nach und nach, je weiter man ſich von dem Zeitalter
Dürer's entfernte, wurden die Holzſchnitte kleiner und ſchlech-
ter 1), zuweilen ſogar unkenntlich. Dagegen nahm die Kunſt der
1) Ausführlicheres darüber bei L. C. Treviranus: die Anwendung
des Holzſchnitts zur bildlichen Darſtellung der Pflanzen, Leipzig 1855 und
Choulant graphiſche Incunabln, Leipzig 1858.
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/32>, abgerufen am 23.11.2024.
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