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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
Beschreibung stetig zu; die Beschreibungen wurden ausführlicher
und nach und nach stellte sich eine gewisse Methode in der An-
führung der Merkmale und in der Würdigung ihres Werthes
heraus; auch mehrten sich die kritischen Bemerkungen über die
Identität oder Nichtidentität der Arten, die Trennung vorher als
gleichartig betrachteter Formen und dergleichen mehr. Bei Clu-
sius sind die Beschreibungen in der That schon als wissenschaft-
lich durchdachte zu bezeichnen und bei Caspar Bauhin treten
sie bereits in Form knapper methodisch aufgestellter Diagnosen auf.

Das Merkwürdigste an diesen Beschreibungen von Fuchs
und Bock bis auf Caspar Bauhin ist für uns aber die auf-
fallende Vernachlässigung der Blüthen und Früchte. Die ersten
Beschreibungen, zumal bei Bock, versuchen die Pflanzenformen
gewissermaßen mit Worten zu malen, den sinnlichen Eindruck der
Gestalten unmittelbar wiederzugeben; es wurden ganz besonders
die Formen der Blätter, der Habitus der Verzweigung, die Art
der Bewurzelung, Größe und Farbe der Blüthen beachtet. Kon-
rad Gesner 1) war der Einzige, der die Blüthen und Frucht-
theile einer näheren Betrachtung würdigte und dieselben mehrfach
abbildete, auch ihren hervorragenden Werth für die Bestimmung
der Verwandtschaft erkannte, wie aus seinen brieflichen Aeußer-
ungen bekannt ist; der vielbeschäftigte und vielgeplagte Mann
starb jedoch, bevor er sein lange vorbereitetes Pflanzenwerk been-
digen konnte und als im 18. Jahrhundert Schmiedel die
Gesner'schen Abbildungen, die unterdessen durch verschiedene
Hände gegangen waren, herausgab, blieb diese verspätete Publication
ohne jeden Nutzen für die bereits fortgeschrittene Wissenschaft.

Schon das über die Art der Beschreibung Gesagte zeigt,
daß vergleichende morphologische Betrachtungen über die Pflanzen-
theile jenen Männern fern lagen und daß dem entsprechend auch
eine geregelte Kunstsprache ihnen fehlte. Doch machte sich bei

1) Konrad Gesner 1516 in Zürich geboren, wurde nach wechsel-
vollen Schicksalen 1558 Professor der Naturgeschichte dortselbst, wo er 1565
an der Pest starb. (Ausführliches bei E. Meyer Gesch. d. Bot. IV.)

von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
Beſchreibung ſtetig zu; die Beſchreibungen wurden ausführlicher
und nach und nach ſtellte ſich eine gewiſſe Methode in der An-
führung der Merkmale und in der Würdigung ihres Werthes
heraus; auch mehrten ſich die kritiſchen Bemerkungen über die
Identität oder Nichtidentität der Arten, die Trennung vorher als
gleichartig betrachteter Formen und dergleichen mehr. Bei Clu-
ſius ſind die Beſchreibungen in der That ſchon als wiſſenſchaft-
lich durchdachte zu bezeichnen und bei Caspar Bauhin treten
ſie bereits in Form knapper methodiſch aufgeſtellter Diagnoſen auf.

Das Merkwürdigſte an dieſen Beſchreibungen von Fuchs
und Bock bis auf Caspar Bauhin iſt für uns aber die auf-
fallende Vernachläſſigung der Blüthen und Früchte. Die erſten
Beſchreibungen, zumal bei Bock, verſuchen die Pflanzenformen
gewiſſermaßen mit Worten zu malen, den ſinnlichen Eindruck der
Geſtalten unmittelbar wiederzugeben; es wurden ganz beſonders
die Formen der Blätter, der Habitus der Verzweigung, die Art
der Bewurzelung, Größe und Farbe der Blüthen beachtet. Kon-
rad Gesner 1) war der Einzige, der die Blüthen und Frucht-
theile einer näheren Betrachtung würdigte und dieſelben mehrfach
abbildete, auch ihren hervorragenden Werth für die Beſtimmung
der Verwandtſchaft erkannte, wie aus ſeinen brieflichen Aeußer-
ungen bekannt iſt; der vielbeſchäftigte und vielgeplagte Mann
ſtarb jedoch, bevor er ſein lange vorbereitetes Pflanzenwerk been-
digen konnte und als im 18. Jahrhundert Schmiedel die
Gesner'ſchen Abbildungen, die unterdeſſen durch verſchiedene
Hände gegangen waren, herausgab, blieb dieſe verſpätete Publication
ohne jeden Nutzen für die bereits fortgeſchrittene Wiſſenſchaft.

Schon das über die Art der Beſchreibung Geſagte zeigt,
daß vergleichende morphologiſche Betrachtungen über die Pflanzen-
theile jenen Männern fern lagen und daß dem entſprechend auch
eine geregelte Kunſtſprache ihnen fehlte. Doch machte ſich bei

1) Konrad Gesner 1516 in Zürich geboren, wurde nach wechſel-
vollen Schickſalen 1558 Profeſſor der Naturgeſchichte dortſelbſt, wo er 1565
an der Peſt ſtarb. (Ausführliches bei E. Meyer Geſch. d. Bot. IV.)
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[21/0033] von Brunfels bis auf Caspar Bauhin. Beſchreibung ſtetig zu; die Beſchreibungen wurden ausführlicher und nach und nach ſtellte ſich eine gewiſſe Methode in der An- führung der Merkmale und in der Würdigung ihres Werthes heraus; auch mehrten ſich die kritiſchen Bemerkungen über die Identität oder Nichtidentität der Arten, die Trennung vorher als gleichartig betrachteter Formen und dergleichen mehr. Bei Clu- ſius ſind die Beſchreibungen in der That ſchon als wiſſenſchaft- lich durchdachte zu bezeichnen und bei Caspar Bauhin treten ſie bereits in Form knapper methodiſch aufgeſtellter Diagnoſen auf. Das Merkwürdigſte an dieſen Beſchreibungen von Fuchs und Bock bis auf Caspar Bauhin iſt für uns aber die auf- fallende Vernachläſſigung der Blüthen und Früchte. Die erſten Beſchreibungen, zumal bei Bock, verſuchen die Pflanzenformen gewiſſermaßen mit Worten zu malen, den ſinnlichen Eindruck der Geſtalten unmittelbar wiederzugeben; es wurden ganz beſonders die Formen der Blätter, der Habitus der Verzweigung, die Art der Bewurzelung, Größe und Farbe der Blüthen beachtet. Kon- rad Gesner 1) war der Einzige, der die Blüthen und Frucht- theile einer näheren Betrachtung würdigte und dieſelben mehrfach abbildete, auch ihren hervorragenden Werth für die Beſtimmung der Verwandtſchaft erkannte, wie aus ſeinen brieflichen Aeußer- ungen bekannt iſt; der vielbeſchäftigte und vielgeplagte Mann ſtarb jedoch, bevor er ſein lange vorbereitetes Pflanzenwerk been- digen konnte und als im 18. Jahrhundert Schmiedel die Gesner'ſchen Abbildungen, die unterdeſſen durch verſchiedene Hände gegangen waren, herausgab, blieb dieſe verſpätete Publication ohne jeden Nutzen für die bereits fortgeſchrittene Wiſſenſchaft. Schon das über die Art der Beſchreibung Geſagte zeigt, daß vergleichende morphologiſche Betrachtungen über die Pflanzen- theile jenen Männern fern lagen und daß dem entſprechend auch eine geregelte Kunſtſprache ihnen fehlte. Doch machte ſich bei 1) Konrad Gesner 1516 in Zürich geboren, wurde nach wechſel- vollen Schickſalen 1558 Profeſſor der Naturgeſchichte dortſelbſt, wo er 1565 an der Peſt ſtarb. (Ausführliches bei E. Meyer Geſch. d. Bot. IV.)

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/33>, abgerufen am 21.11.2024.