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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner.
unser Chamerops humilis ist, da er selbst p. 105 sagt, es sei
Linne's Chamerops und Koelreuter die Pflanze in sei-
nem Bericht ebenfalls so nennt. Diese Abhandlung ist durch
ihre wissenschaftliche Haltung, durch die gelehrte Behand-
lung der Fragepuncte das Beste, was seit Camerarius bis
auf Koelreuter in dieser Richtung geleistet wurde. Wir er-
fahren aus der Einleitung, daß es im Jahre 1749 nur noch
Wenige gab, welche die Sexualität der Pflanzen in Zweifel zo-
gen. Er selbst habe sich eine vollständige Ueberzeugung von der
Sexualität durch mehrjährige Experimente mit Pflanzen der ver-
schiedensten Art zu erwerben gesucht. Er habe besonders in den
letzten Jahren vorwiegend die diöcischen Bäume zur Unter-
suchung gewählt, Ceratonia, Therebinthus, Lentiscus und
diejenige Species der Dattelpalme, welche man gewöhnlich
Chamerops nennt. Nachdem er über die Entstehung keimfähiger
Samen der Terebinthe und des Mastixbaumes durch künstlich
eingeleitete Bestäubung berichtet, wendet er sich zu dem Chame-
rops
, von welcher Art Prinz Eugen wiederholt Exemplare von
bedeutender Größe aus Afrika hatte kommen lassen; ein Exem-
plar habe bis zu hundert Pistolen gekostet; sie gingen jedoch zu
Grunde, ohne zu blühen. Unsere Palme in Berlin, fährt er
fort, die vielleicht achtzig Jahre alt sein mag, ist rein weiblich;
sie habe nach der Behauptung des Gärtners niemals Früchte
getragen und Gleditsch selbst fand in fünfzehn Jahren keinen
fruchtbaren Samen an derselben. Da es in Berlin keinen
männlichen Baum dieser Art gab, ließ Gleditsch den Pollen aus
dem Garten des Caspar Bose in Leipzig kommen. Auf dem
neuntägigen Transport war bereits der größte Theil des Pol-
lens aus den Aetheren gefallen und Gleditsch fürchtete schon, er
könne verdorben sein; aber die Nachricht des Leipziger Botanikers
Ludwig, der in Algier und Tunis erfahren hatte, daß die
Afrikaner gewöhnlich trockenen und einige Zeit aufbewahrten
Pollen zur Befruchtung verwenden, ließ ihn auf Erfolg hoffen.
Obgleich der weibliche Baum schon beinahe abgeblüht hatte,
streute er den ausgefallenen Pollen dennoch auf dessen Blüthen

Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner.
unſer Chamerops humilis iſt, da er ſelbſt p. 105 ſagt, es ſei
Linné's Chamerops und Koelreuter die Pflanze in ſei-
nem Bericht ebenfalls ſo nennt. Dieſe Abhandlung iſt durch
ihre wiſſenſchaftliche Haltung, durch die gelehrte Behand-
lung der Fragepuncte das Beſte, was ſeit Camerarius bis
auf Koelreuter in dieſer Richtung geleiſtet wurde. Wir er-
fahren aus der Einleitung, daß es im Jahre 1749 nur noch
Wenige gab, welche die Sexualität der Pflanzen in Zweifel zo-
gen. Er ſelbſt habe ſich eine vollſtändige Ueberzeugung von der
Sexualität durch mehrjährige Experimente mit Pflanzen der ver-
ſchiedenſten Art zu erwerben geſucht. Er habe beſonders in den
letzten Jahren vorwiegend die diöciſchen Bäume zur Unter-
ſuchung gewählt, Ceratonia, Therebinthus, Lentiscus und
diejenige Species der Dattelpalme, welche man gewöhnlich
Chamerops nennt. Nachdem er über die Entſtehung keimfähiger
Samen der Terebinthe und des Maſtixbaumes durch künſtlich
eingeleitete Beſtäubung berichtet, wendet er ſich zu dem Chame-
rops
, von welcher Art Prinz Eugen wiederholt Exemplare von
bedeutender Größe aus Afrika hatte kommen laſſen; ein Exem-
plar habe bis zu hundert Piſtolen gekoſtet; ſie gingen jedoch zu
Grunde, ohne zu blühen. Unſere Palme in Berlin, fährt er
fort, die vielleicht achtzig Jahre alt ſein mag, iſt rein weiblich;
ſie habe nach der Behauptung des Gärtners niemals Früchte
getragen und Gleditſch ſelbſt fand in fünfzehn Jahren keinen
fruchtbaren Samen an derſelben. Da es in Berlin keinen
männlichen Baum dieſer Art gab, ließ Gleditſch den Pollen aus
dem Garten des Caspar Boſe in Leipzig kommen. Auf dem
neuntägigen Transport war bereits der größte Theil des Pol-
lens aus den Aetheren gefallen und Gleditſch fürchtete ſchon, er
könne verdorben ſein; aber die Nachricht des Leipziger Botanikers
Ludwig, der in Algier und Tunis erfahren hatte, daß die
Afrikaner gewöhnlich trockenen und einige Zeit aufbewahrten
Pollen zur Befruchtung verwenden, ließ ihn auf Erfolg hoffen.
Obgleich der weibliche Baum ſchon beinahe abgeblüht hatte,
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[425/0437] Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner. unſer Chamerops humilis iſt, da er ſelbſt p. 105 ſagt, es ſei Linné's Chamerops und Koelreuter die Pflanze in ſei- nem Bericht ebenfalls ſo nennt. Dieſe Abhandlung iſt durch ihre wiſſenſchaftliche Haltung, durch die gelehrte Behand- lung der Fragepuncte das Beſte, was ſeit Camerarius bis auf Koelreuter in dieſer Richtung geleiſtet wurde. Wir er- fahren aus der Einleitung, daß es im Jahre 1749 nur noch Wenige gab, welche die Sexualität der Pflanzen in Zweifel zo- gen. Er ſelbſt habe ſich eine vollſtändige Ueberzeugung von der Sexualität durch mehrjährige Experimente mit Pflanzen der ver- ſchiedenſten Art zu erwerben geſucht. Er habe beſonders in den letzten Jahren vorwiegend die diöciſchen Bäume zur Unter- ſuchung gewählt, Ceratonia, Therebinthus, Lentiscus und diejenige Species der Dattelpalme, welche man gewöhnlich Chamerops nennt. Nachdem er über die Entſtehung keimfähiger Samen der Terebinthe und des Maſtixbaumes durch künſtlich eingeleitete Beſtäubung berichtet, wendet er ſich zu dem Chame- rops, von welcher Art Prinz Eugen wiederholt Exemplare von bedeutender Größe aus Afrika hatte kommen laſſen; ein Exem- plar habe bis zu hundert Piſtolen gekoſtet; ſie gingen jedoch zu Grunde, ohne zu blühen. Unſere Palme in Berlin, fährt er fort, die vielleicht achtzig Jahre alt ſein mag, iſt rein weiblich; ſie habe nach der Behauptung des Gärtners niemals Früchte getragen und Gleditſch ſelbſt fand in fünfzehn Jahren keinen fruchtbaren Samen an derſelben. Da es in Berlin keinen männlichen Baum dieſer Art gab, ließ Gleditſch den Pollen aus dem Garten des Caspar Boſe in Leipzig kommen. Auf dem neuntägigen Transport war bereits der größte Theil des Pol- lens aus den Aetheren gefallen und Gleditſch fürchtete ſchon, er könne verdorben ſein; aber die Nachricht des Leipziger Botanikers Ludwig, der in Algier und Tunis erfahren hatte, daß die Afrikaner gewöhnlich trockenen und einige Zeit aufbewahrten Pollen zur Befruchtung verwenden, ließ ihn auf Erfolg hoffen. Obgleich der weibliche Baum ſchon beinahe abgeblüht hatte, ſtreute er den ausgefallenen Pollen dennoch auf deſſen Blüthen

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/437>, abgerufen am 27.11.2024.