den die ersten Lokal-Floren (der Name Flora wurde jedoch erst im folgenden Jahrhundert von Linne eingeführt), von denen besonders Deutschland bald eine beträchtliche Zahl hervorbrachte, so z. B. von Altorf 1615 (durch Ludwig Jungermann), von Ingolstadt 1618 (durch Albert Menzel), von Gießen 1623 (durch L. Jungermann), von Danzig 1643 (durch Nicolaus Oelhafen), von Halle 1662 (durch Carl Schef- fer), von der Pfalz 1680 (durch Frank von Frankenau), von Leipzig 1675 (durch Paul Ammann), von Nürnberg 1700 (durch J. Z. Volkamer).
Wenn nun auch Reisewerke, Cataloge von Local-Floren und die Pflanzencultur in botanischen Gärten Erfahrungen der ver- schiedensten Art zu Tage fördern, so bleiben diese doch zwischen den Einzelbeschreibungen zerstreut, bis endlich ein combinirender, weiter und tiefer blickender Schriftsteller allgemeine Sätze daraus zu gewinnen sucht. Derartigen Versuchen begegnen wir aber erst tief in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, bei Mo- rison, Ray, Rivinus, Tournefort u. a., welche an die Principien Caesalpini's anknüpften, nachdem dieselben fast 100 Jahre lang brach gelegen hatten, ja von den Botanikern vergessen waren.
In dieser Einöde fristete, abgesehen von C. Bauhin's Leistungen, nur die Einzelbeschreibung und die Catalogisirung der Arten eine kümmerliche Existenz; was bei den Vätern der deutschen Botanik ein großes Verdienst war, die Einzelbeschreibung, wurde jetzt in ewiger Wiederholung geistlose Tagarbeit. Was auf diesem Wege zu gewinnen war, hatten Lobelius und Caspar Bauhin gethan. Diese Sterilität, welche auf die fruchtbaren Anfänge des 16. Jahrhunderts folgte, war allgemein; weder in Deutschland, noch in Italien, noch in Frankreich und England förderten die Botaniker irgend etwas Bedeutendes zu Tage; zählten ihre Vertreter ohnehin nicht zu den höher Begabten und Denkern ihrer Zeit, so mußte durch das behagliche Kleinleben, das Pflanzensammeln und Catalogisiren, durch die Forderung, womöglich alle bekannten Pflanzen dem Namen nach zu kennen,
Die künſtlichen Syſteme und die Nomenclatur
den die erſten Lokal-Floren (der Name Flora wurde jedoch erſt im folgenden Jahrhundert von Linné eingeführt), von denen beſonders Deutſchland bald eine beträchtliche Zahl hervorbrachte, ſo z. B. von Altorf 1615 (durch Ludwig Jungermann), von Ingolſtadt 1618 (durch Albert Menzel), von Gießen 1623 (durch L. Jungermann), von Danzig 1643 (durch Nicolaus Oelhafen), von Halle 1662 (durch Carl Schef- fer), von der Pfalz 1680 (durch Frank von Frankenau), von Leipzig 1675 (durch Paul Ammann), von Nürnberg 1700 (durch J. Z. Volkamer).
Wenn nun auch Reiſewerke, Cataloge von Local-Floren und die Pflanzencultur in botaniſchen Gärten Erfahrungen der ver- ſchiedenſten Art zu Tage fördern, ſo bleiben dieſe doch zwiſchen den Einzelbeſchreibungen zerſtreut, bis endlich ein combinirender, weiter und tiefer blickender Schriftſteller allgemeine Sätze daraus zu gewinnen ſucht. Derartigen Verſuchen begegnen wir aber erſt tief in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, bei Mo- riſon, Ray, Rivinus, Tournefort u. a., welche an die Principien Caeſalpini's anknüpften, nachdem dieſelben faſt 100 Jahre lang brach gelegen hatten, ja von den Botanikern vergeſſen waren.
In dieſer Einöde friſtete, abgeſehen von C. Bauhin's Leiſtungen, nur die Einzelbeſchreibung und die Catalogiſirung der Arten eine kümmerliche Exiſtenz; was bei den Vätern der deutſchen Botanik ein großes Verdienſt war, die Einzelbeſchreibung, wurde jetzt in ewiger Wiederholung geiſtloſe Tagarbeit. Was auf dieſem Wege zu gewinnen war, hatten Lobelius und Caspar Bauhin gethan. Dieſe Sterilität, welche auf die fruchtbaren Anfänge des 16. Jahrhunderts folgte, war allgemein; weder in Deutſchland, noch in Italien, noch in Frankreich und England förderten die Botaniker irgend etwas Bedeutendes zu Tage; zählten ihre Vertreter ohnehin nicht zu den höher Begabten und Denkern ihrer Zeit, ſo mußte durch das behagliche Kleinleben, das Pflanzenſammeln und Catalogiſiren, durch die Forderung, womöglich alle bekannten Pflanzen dem Namen nach zu kennen,
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Die künſtlichen Syſteme und die Nomenclatur
den die erſten Lokal-Floren (der Name Flora wurde jedoch erſt
im folgenden Jahrhundert von Linné eingeführt), von denen
beſonders Deutſchland bald eine beträchtliche Zahl hervorbrachte,
ſo z. B. von Altorf 1615 (durch Ludwig Jungermann),
von Ingolſtadt 1618 (durch Albert Menzel), von Gießen
1623 (durch L. Jungermann), von Danzig 1643 (durch
Nicolaus Oelhafen), von Halle 1662 (durch Carl Schef-
fer), von der Pfalz 1680 (durch Frank von Frankenau),
von Leipzig 1675 (durch Paul Ammann), von Nürnberg 1700
(durch J. Z. Volkamer).
Wenn nun auch Reiſewerke, Cataloge von Local-Floren und
die Pflanzencultur in botaniſchen Gärten Erfahrungen der ver-
ſchiedenſten Art zu Tage fördern, ſo bleiben dieſe doch zwiſchen
den Einzelbeſchreibungen zerſtreut, bis endlich ein combinirender,
weiter und tiefer blickender Schriftſteller allgemeine Sätze daraus
zu gewinnen ſucht. Derartigen Verſuchen begegnen wir aber
erſt tief in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, bei Mo-
riſon, Ray, Rivinus, Tournefort u. a., welche an die
Principien Caeſalpini's anknüpften, nachdem dieſelben faſt
100 Jahre lang brach gelegen hatten, ja von den Botanikern
vergeſſen waren.
In dieſer Einöde friſtete, abgeſehen von C. Bauhin's
Leiſtungen, nur die Einzelbeſchreibung und die Catalogiſirung
der Arten eine kümmerliche Exiſtenz; was bei den Vätern der
deutſchen Botanik ein großes Verdienſt war, die Einzelbeſchreibung,
wurde jetzt in ewiger Wiederholung geiſtloſe Tagarbeit. Was
auf dieſem Wege zu gewinnen war, hatten Lobelius und
Caspar Bauhin gethan. Dieſe Sterilität, welche auf die
fruchtbaren Anfänge des 16. Jahrhunderts folgte, war allgemein;
weder in Deutſchland, noch in Italien, noch in Frankreich und
England förderten die Botaniker irgend etwas Bedeutendes zu Tage;
zählten ihre Vertreter ohnehin nicht zu den höher Begabten und
Denkern ihrer Zeit, ſo mußte durch das behagliche Kleinleben,
das Pflanzenſammeln und Catalogiſiren, durch die Forderung,
womöglich alle bekannten Pflanzen dem Namen nach zu kennen,
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/54>, abgerufen am 22.11.2024.
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