Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Von den Bewahrungsmitteln etc.
schehen: so will ich die Wachsamkeit
verzehnfachen, daß mich die Leiden-
schaft nicht hinterliste; so will ich
mir's zum Geschäfte machen, der
schmeichelnden Leidenschaft immer
mehr Abbruch zu thun; so will ich
ihr auch die äusserste Fingerspitze ent-
ziehen, um desto gewisser die ganze
Hand
unverletzt zu erhalten.

Jede Leidenschaft in ihren ersten Anfän-
gen, ist ein schlafender Riese -- hingestreckt
ins weiche Gras. Wer es nun versäumt,
den Schlafenden in Bande zu legen, die
er auch wachend nicht zerreissen mag: wo
ist der Held, der den Wachenden, den Fürch-
terlichkräftigen meistern kann?

[Abbildung]
Wem
P
Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
ſchehen: ſo will ich die Wachſamkeit
verzehnfachen, daß mich die Leiden-
ſchaft nicht hinterliſte; ſo will ich
mir’s zum Geſchaͤfte machen, der
ſchmeichelnden Leidenſchaft immer
mehr Abbruch zu thun; ſo will ich
ihr auch die aͤuſſerſte Fingerſpitze ent-
ziehen, um deſto gewiſſer die ganze
Hand
unverletzt zu erhalten.

Jede Leidenſchaft in ihren erſten Anfaͤn-
gen, iſt ein ſchlafender Rieſe — hingeſtreckt
ins weiche Gras. Wer es nun verſaͤumt,
den Schlafenden in Bande zu legen, die
er auch wachend nicht zerreiſſen mag: wo
iſt der Held, der den Wachenden, den Fuͤrch-
terlichkraͤftigen meiſtern kann?

[Abbildung]
Wem
P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <list>
          <item><pb facs="#f0229" n="217"/><fw place="top" type="header">Von den Bewahrungsmitteln &#xA75B;c.</fw><lb/>
&#x017F;chehen: &#x017F;o will ich die Wach&#x017F;amkeit<lb/>
verzehnfachen, daß mich die Leiden-<lb/>
&#x017F;chaft nicht hinterli&#x017F;te; &#x017F;o will ich<lb/>
mir&#x2019;s zum Ge&#x017F;cha&#x0364;fte machen, der<lb/>
&#x017F;chmeichelnden Leiden&#x017F;chaft immer<lb/>
mehr Abbruch zu thun; &#x017F;o will ich<lb/>
ihr auch die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te <hi rendition="#fr">Finger&#x017F;pitze</hi> ent-<lb/>
ziehen, um de&#x017F;to gewi&#x017F;&#x017F;er die <hi rendition="#fr">ganze<lb/>
Hand</hi> unverletzt zu erhalten.</item>
        </list><lb/>
        <p>Jede Leiden&#x017F;chaft in ihren er&#x017F;ten Anfa&#x0364;n-<lb/>
gen, i&#x017F;t ein &#x017F;chlafender Rie&#x017F;e &#x2014; hinge&#x017F;treckt<lb/>
ins weiche Gras. Wer es nun ver&#x017F;a&#x0364;umt,<lb/>
den Schlafenden in Bande zu legen, die<lb/>
er auch wachend nicht zerrei&#x017F;&#x017F;en mag: wo<lb/>
i&#x017F;t der Held, der den Wachenden, den Fu&#x0364;rch-<lb/>
terlichkra&#x0364;ftigen mei&#x017F;tern kann?</p><lb/>
        <figure/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">P</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Wem</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0229] Von den Bewahrungsmitteln ꝛc. ſchehen: ſo will ich die Wachſamkeit verzehnfachen, daß mich die Leiden- ſchaft nicht hinterliſte; ſo will ich mir’s zum Geſchaͤfte machen, der ſchmeichelnden Leidenſchaft immer mehr Abbruch zu thun; ſo will ich ihr auch die aͤuſſerſte Fingerſpitze ent- ziehen, um deſto gewiſſer die ganze Hand unverletzt zu erhalten. Jede Leidenſchaft in ihren erſten Anfaͤn- gen, iſt ein ſchlafender Rieſe — hingeſtreckt ins weiche Gras. Wer es nun verſaͤumt, den Schlafenden in Bande zu legen, die er auch wachend nicht zerreiſſen mag: wo iſt der Held, der den Wachenden, den Fuͤrch- terlichkraͤftigen meiſtern kann? [Abbildung] Wem P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/229
Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/229>, abgerufen am 21.11.2024.