der jugendlichen Unschuld künftig ziemlich weggeschaft werden.
Die gewöhnlichsten Verführer der Un- schuld bleiben aber immer die Kinder unter einander selbst. Wenn die Lüste bey ihnen das Uebergewicht bekommen haben, so er- folgt Schamlosigkeit, die sie reizt, ihre Aus- schweifungen in ihrer Freunde Gegenwart zu begehen, und allerley Kunstgriffe zu brau- chen, um sie zu verleiten, an denselben Theil zu nehmen. Es ist unglaublich, wie weit diess an manchen Orten getrieben werde. Mir ist selbst ein Haus eines sehr gelehrten und rechtschafnen Mannes genennt worden, dessen zwey Söhne die Erlaubniss hatten, so oft sie wollten, ihre Schulfreunde bey sich zu haben, und die alsdenn, mit ihren Ge- sellschaftern, diese Sünde auf eine so ab- scheuliche (viehisch schickt sich hierher gar nicht, weil ich, so weit ich sehen kann, kein Vieh kenne, das sich selbst so sehr schaendet) Art trieben, dass die Natur dafür zurück-
bebt.
der jugendlichen Unſchuld künftig ziemlich weggeſchaft werden.
Die gewöhnlichſten Verführer der Un- ſchuld bleiben aber immer die Kinder unter einander ſelbſt. Wenn die Lüſte bey ihnen das Uebergewicht bekommen haben, ſo er- folgt Schamloſigkeit, die ſie reizt, ihre Aus- ſchweifungen in ihrer Freunde Gegenwart zu begehen, und allerley Kunſtgriffe zu brau- chen, um ſie zu verleiten, an denſelben Theil zu nehmen. Es iſt unglaublich, wie weit dieſs an manchen Orten getrieben werde. Mir iſt ſelbſt ein Haus eines ſehr gelehrten und rechtſchafnen Mannes genennt worden, deſſen zwey Söhne die Erlaubniſs hatten, ſo oft ſie wollten, ihre Schulfreunde bey ſich zu haben, und die alsdenn, mit ihren Ge- ſellſchaftern, dieſe Sünde auf eine ſo ab- ſcheuliche (viehiſch ſchickt ſich hierher gar nicht, weil ich, ſo weit ich ſehen kann, kein Vieh kenne, das ſich ſelbſt ſo ſehr ſchændet) Art trieben, daſs die Natur dafür zurück-
bebt.
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der jugendlichen Unſchuld künftig ziemlich
weggeſchaft werden.
Die gewöhnlichſten Verführer der Un-
ſchuld bleiben aber immer die Kinder unter
einander ſelbſt. Wenn die Lüſte bey ihnen
das Uebergewicht bekommen haben, ſo er-
folgt Schamloſigkeit, die ſie reizt, ihre Aus-
ſchweifungen in ihrer Freunde Gegenwart
zu begehen, und allerley Kunſtgriffe zu brau-
chen, um ſie zu verleiten, an denſelben Theil
zu nehmen. Es iſt unglaublich, wie weit
dieſs an manchen Orten getrieben werde.
Mir iſt ſelbſt ein Haus eines ſehr gelehrten
und rechtſchafnen Mannes genennt worden,
deſſen zwey Söhne die Erlaubniſs hatten, ſo
oft ſie wollten, ihre Schulfreunde bey ſich
zu haben, und die alsdenn, mit ihren Ge-
ſellſchaftern, dieſe Sünde auf eine ſo ab-
ſcheuliche (viehiſch ſchickt ſich hierher gar
nicht, weil ich, ſo weit ich ſehen kann, kein
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/186>, abgerufen am 21.11.2024.
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