Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

schaften, die die Kinder sehr verunstalten.
Allein man hat keinen Grund zu besorgen,
dass bestaendige Beobachtung dieselben her-
vorbringen werde, wenn sie nur mit der
gehörigen Klugheit angestellt wird. Der
kluge Beobachter der Kinder thut sein Amt,
ohne es merken zu lassen, dass er es thue;
er sieht den Spielen und Beschaeftigungen
seiner Kleinen laechelnd zu, nimmt daran
Antheil, ist in Verweisen sehr sparsam, hin-
gegen sehr aufmerksam, die wahre Den-
kungsart der Kinder auszuspühren, und die
Grundsaetze, nach welchen sie behandelt wer-
den müssen, zu erfinden. Ists ja nicht mög-
lich, die Beobachtung selbst zu verbergen,
so verbirgt er doch wenigstens den Grund
davon, und laesst es merken, dass sie bloss
von zaertlicher Besorgniss, sie möchten viel-
leicht ein Unglück nehmen, herrühre.

Wie ist es aber möglich, wird man fer-
ner einwenden, dass man die Kinder bestaen-
dig beobachten kann? Diese Einwendung

ist

ſchaften, die die Kinder ſehr verunſtalten.
Allein man hat keinen Grund zu beſorgen,
daſs beſtændige Beobachtung dieſelben her-
vorbringen werde, wenn ſie nur mit der
gehörigen Klugheit angeſtellt wird. Der
kluge Beobachter der Kinder thut ſein Amt,
ohne es merken zu laſſen, daſs er es thue;
er ſieht den Spielen und Beſchæftigungen
ſeiner Kleinen læchelnd zu, nimmt daran
Antheil, iſt in Verweiſen ſehr ſparſam, hin-
gegen ſehr aufmerkſam, die wahre Den-
kungsart der Kinder auszuſpühren, und die
Grundſætze, nach welchen ſie behandelt wer-
den müſſen, zu erfinden. Iſts ja nicht mög-
lich, die Beobachtung ſelbſt zu verbergen,
ſo verbirgt er doch wenigſtens den Grund
davon, und læſst es merken, daſs ſie bloſs
von zærtlicher Beſorgniſs, ſie möchten viel-
leicht ein Unglück nehmen, herrühre.

Wie iſt es aber möglich, wird man fer-
ner einwenden, daſs man die Kinder beſtæn-
dig beobachten kann? Dieſe Einwendung

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0249" n="239"/>
&#x017F;chaften, die die Kinder &#x017F;ehr verun&#x017F;talten.<lb/>
Allein man hat keinen Grund zu be&#x017F;orgen,<lb/>
da&#x017F;s be&#x017F;tændige Beobachtung die&#x017F;elben her-<lb/>
vorbringen werde, wenn &#x017F;ie nur mit der<lb/>
gehörigen Klugheit ange&#x017F;tellt wird. Der<lb/>
kluge Beobachter der Kinder thut &#x017F;ein Amt,<lb/>
ohne es merken zu la&#x017F;&#x017F;en, da&#x017F;s er es thue;<lb/>
er &#x017F;ieht den Spielen und Be&#x017F;chæftigungen<lb/>
&#x017F;einer Kleinen læchelnd zu, nimmt daran<lb/>
Antheil, i&#x017F;t in Verwei&#x017F;en &#x017F;ehr &#x017F;par&#x017F;am, hin-<lb/>
gegen &#x017F;ehr aufmerk&#x017F;am, die wahre Den-<lb/>
kungsart der Kinder auszu&#x017F;pühren, und die<lb/>
Grund&#x017F;ætze, nach welchen &#x017F;ie behandelt wer-<lb/>
den mü&#x017F;&#x017F;en, zu erfinden. I&#x017F;ts ja nicht mög-<lb/>
lich, die Beobachtung &#x017F;elb&#x017F;t zu verbergen,<lb/>
&#x017F;o verbirgt er doch wenig&#x017F;tens den Grund<lb/>
davon, und læ&#x017F;st es merken, da&#x017F;s &#x017F;ie blo&#x017F;s<lb/>
von zærtlicher Be&#x017F;orgni&#x017F;s, &#x017F;ie möchten viel-<lb/>
leicht ein Unglück nehmen, herrühre.</p><lb/>
            <p>Wie i&#x017F;t es aber möglich, wird man fer-<lb/>
ner einwenden, da&#x017F;s man die Kinder be&#x017F;tæn-<lb/>
dig beobachten kann? Die&#x017F;e Einwendung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0249] ſchaften, die die Kinder ſehr verunſtalten. Allein man hat keinen Grund zu beſorgen, daſs beſtændige Beobachtung dieſelben her- vorbringen werde, wenn ſie nur mit der gehörigen Klugheit angeſtellt wird. Der kluge Beobachter der Kinder thut ſein Amt, ohne es merken zu laſſen, daſs er es thue; er ſieht den Spielen und Beſchæftigungen ſeiner Kleinen læchelnd zu, nimmt daran Antheil, iſt in Verweiſen ſehr ſparſam, hin- gegen ſehr aufmerkſam, die wahre Den- kungsart der Kinder auszuſpühren, und die Grundſætze, nach welchen ſie behandelt wer- den müſſen, zu erfinden. Iſts ja nicht mög- lich, die Beobachtung ſelbſt zu verbergen, ſo verbirgt er doch wenigſtens den Grund davon, und læſst es merken, daſs ſie bloſs von zærtlicher Beſorgniſs, ſie möchten viel- leicht ein Unglück nehmen, herrühre. Wie iſt es aber möglich, wird man fer- ner einwenden, daſs man die Kinder beſtæn- dig beobachten kann? Dieſe Einwendung iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/249
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/249>, abgerufen am 24.11.2024.