Diess einzige will ich zu meiner -- wenn sie irgend möglich ist -- Entschul- digung anführen, dass ich waehrend meines ganzen dasigen Aufenthalts, weder diess Las- ter selbst, noch die Leib und Seel verderben- den erschrecklichen Folgen desselben, kannte, auch nie die Abscheulichkeit und Strafbarkeit desselben vermuthete, ungeachtet, ich gestehe es zu meiner Schande, ich spaeterhin die Un- rechtmaessigkeit meines Betragens dunkel ahn- dete, dann war es aber zu spaet; das Lesen schlüpfriger, vorzüglich französischer, Baucher, worunter einige sehr abscheuliche waren, die mir durch ganz besondere Zufaelle in die Haen- de geriethen, verdorben mich immer mehr, und endlich hielt mich die Gewohnheit mit eisernen Ketten fest, bis ich endlich die ent- setzlichen Folgen dieses Uebels an meinem Körper und Geiste empfand, nach einem be- sondern Zufalle, den ich ihnen nachher zu er- zaehlen die Ehre haben werde. Entfernt von der Welt, auf den blossen Umgang der Schul Kammeraden eingeschraenkt, von einem lebhaften und feurigem Temperamente hinge-
rissen
VI.
Dieſs einzige will ich zu meiner — wenn ſie irgend möglich iſt — Entſchul- digung anführen, daſs ich wæhrend meines ganzen daſigen Aufenthalts, weder dieſs Laſ- ter ſelbſt, noch die Leib und Seel verderben- den erſchrecklichen Folgen deſſelben, kannte, auch nie die Abſcheulichkeit und Strafbarkeit deſſelben vermuthete, ungeachtet, ich geſtehe es zu meiner Schande, ich ſpæterhin die Un- rechtmæſſigkeit meines Betragens dunkel ahn- dete, dann war es aber zu ſpæt; das Leſen ſchlüpfriger, vorzüglich franzöſiſcher, Bûcher, worunter einige ſehr abſcheuliche waren, die mir durch ganz beſondere Zufælle in die Hæn- de geriethen, verdorben mich immer mehr, und endlich hielt mich die Gewohnheit mit eiſernen Ketten feſt, bis ich endlich die ent- ſetzlichen Folgen dieſes Uebels an meinem Körper und Geiſte empfand, nach einem be- ſondern Zufalle, den ich ihnen nachher zu er- zæhlen die Ehre haben werde. Entfernt von der Welt, auf den bloſſen Umgang der Schul Kammeraden eingeſchrænkt, von einem lebhaften und feurigem Temperamente hinge-
riſsen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0030"n="20"/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">VI.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ieſs einzige will ich zu meiner —<lb/>
wenn ſie irgend möglich iſt — Entſchul-<lb/>
digung anführen, daſs ich wæhrend meines<lb/>
ganzen daſigen Aufenthalts, weder dieſs Laſ-<lb/>
ter ſelbſt, noch die Leib und Seel verderben-<lb/>
den erſchrecklichen Folgen deſſelben, kannte,<lb/>
auch nie die Abſcheulichkeit und Strafbarkeit<lb/>
deſſelben vermuthete, ungeachtet, ich geſtehe<lb/>
es zu meiner Schande, ich ſpæterhin die Un-<lb/>
rechtmæſſigkeit meines Betragens dunkel ahn-<lb/>
dete, dann war es aber zu ſpæt; das Leſen<lb/>ſchlüpfriger, vorzüglich franzöſiſcher, Bûcher,<lb/>
worunter einige ſehr abſcheuliche waren, die<lb/>
mir durch ganz beſondere Zufælle in die Hæn-<lb/>
de geriethen, verdorben mich immer mehr,<lb/>
und endlich hielt mich die Gewohnheit mit<lb/>
eiſernen Ketten feſt, bis ich endlich die ent-<lb/>ſetzlichen Folgen dieſes Uebels an meinem<lb/>
Körper und Geiſte empfand, nach einem be-<lb/>ſondern Zufalle, den ich ihnen nachher zu er-<lb/>
zæhlen die Ehre haben werde. Entfernt<lb/>
von der Welt, auf den bloſſen Umgang der<lb/>
Schul Kammeraden eingeſchrænkt, von einem<lb/>
lebhaften und feurigem Temperamente hinge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">riſsen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[20/0030]
VI.
Dieſs einzige will ich zu meiner —
wenn ſie irgend möglich iſt — Entſchul-
digung anführen, daſs ich wæhrend meines
ganzen daſigen Aufenthalts, weder dieſs Laſ-
ter ſelbſt, noch die Leib und Seel verderben-
den erſchrecklichen Folgen deſſelben, kannte,
auch nie die Abſcheulichkeit und Strafbarkeit
deſſelben vermuthete, ungeachtet, ich geſtehe
es zu meiner Schande, ich ſpæterhin die Un-
rechtmæſſigkeit meines Betragens dunkel ahn-
dete, dann war es aber zu ſpæt; das Leſen
ſchlüpfriger, vorzüglich franzöſiſcher, Bûcher,
worunter einige ſehr abſcheuliche waren, die
mir durch ganz beſondere Zufælle in die Hæn-
de geriethen, verdorben mich immer mehr,
und endlich hielt mich die Gewohnheit mit
eiſernen Ketten feſt, bis ich endlich die ent-
ſetzlichen Folgen dieſes Uebels an meinem
Körper und Geiſte empfand, nach einem be-
ſondern Zufalle, den ich ihnen nachher zu er-
zæhlen die Ehre haben werde. Entfernt
von der Welt, auf den bloſſen Umgang der
Schul Kammeraden eingeſchrænkt, von einem
lebhaften und feurigem Temperamente hinge-
riſsen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/30>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.