jährlichen Zinsen der Anlage samt den Betriebskosten nicht ausmachen, sonst ist eben eine Kraftquelle, an Ort und Stelle aufgestellt, zweck- dienlicher. Man ist also für die Übertragung auf hochgespannte Elektrizität angewiesen, und es handelt sich vor allem darum, eine derartige Anlage zu machen, daß möglichst viel von der zu über- tragenden Kraft auch wirklich an den Bestimmungsort gelange. Also heißt es: die Drähte nicht zu dünn und die Spannung möglichst hoch zu wählen. Die erste solche Anlage auf größere Entfernung, bei der die zugeführte Kraft wenigstens zu drei Vierteln an den Bestimmungsort gelangte, wurde nach den Angaben des Direktors Brown von der elektrischen Fabrik in Örlikon bei Zürich ausgeführt. Es handelte sich darum, die mittels einer Turbine in Kriegsstetten gewonnene Wasserkraft von 30 bis 50 Pferdestärken nach dem 8 Kilometer entfernten Solothurn zu leiten. Zwei Dynamomaschinen gaben einen Strom von 1150 Volt und 15 bis 18 Ampere, der mittels blanker Kupferleitungen von 6 mm Dicke nach den Motoren geleitet ward. Die Anlage ist seit Dezember 1886 dauernd in Betrieb.
Die Lauffener Übertragung.
Diejenige elektrische Leitung, welche seit einem Jahre am meisten von sich reden machte, ist aber die von Lauffen am Neckar nach der Frankfurter Elektrizitätsausstellung hergestellte Kraftübertragung. Hier legte die Elektrizität einen Weg von 175 Kilometern zurück und es wurden nicht weniger als 300 Pferdestärken übertragen, und alles dies geschah in drei Drähten, die zwar nicht dicker als 4 Millimeter waren, aber zusammen immerhin die Kleinigkeit von 60,000 Kilogramm wogen. Sie waren an jenen Öl-Isolatoren angebracht, die wir kennen lernten; mehr als 3000 Holzstangen markierten den Weg und an jeder waren immer drei Porzellannäpfe in der Anordnung, die wir in Fig. 135. sahen. Aber warum waren es gerade drei Drähte? Welche Spannung mochte wohl der Strom haben, der in ihnen entlang ging, ohne wesentliche Abschwächung zu erfahren? Das sind Fragen, die sich sofort jedem aufdrängten, der von der wunderbaren Einrichtung hörte. Beantworten wir zunächst die zweite. Der Strom war auf nicht weniger als 27,000 Volt gespannt. Um wenigstens einen kleinen Begriff von einer solchen Spannung zu geben, bemerken wir, daß wir uns dem Strome nicht auf weniger als 81/2 Zentimeter nähern dürfen, ohne einen gefährlichen Schlag zu erhalten, daß er im Stande ist, schlechte Leiter, die man in ihn einschaltet, wie Glasplatten von mehreren Milli- metern Dicke, zu durchbrechen. Wegen der Gefahren, die seine Nachbar- schaft in sich barg, war er auch in unerreichbarer Höhe entlang geführ' Nun können in keiner Dynamomaschine der Welt die Wickelungsdrähte so von einander isoliert werden, daß die Maschine eine so hohe Spannung vertrüge. Wie oben die Glasplatte, so könnten die Iso-
Die elektriſchen Erfindungen.
jährlichen Zinſen der Anlage ſamt den Betriebskoſten nicht ausmachen, ſonſt iſt eben eine Kraftquelle, an Ort und Stelle aufgeſtellt, zweck- dienlicher. Man iſt alſo für die Übertragung auf hochgeſpannte Elektrizität angewieſen, und es handelt ſich vor allem darum, eine derartige Anlage zu machen, daß möglichſt viel von der zu über- tragenden Kraft auch wirklich an den Beſtimmungsort gelange. Alſo heißt es: die Drähte nicht zu dünn und die Spannung möglichſt hoch zu wählen. Die erſte ſolche Anlage auf größere Entfernung, bei der die zugeführte Kraft wenigſtens zu drei Vierteln an den Beſtimmungsort gelangte, wurde nach den Angaben des Direktors Brown von der elektriſchen Fabrik in Örlikon bei Zürich ausgeführt. Es handelte ſich darum, die mittels einer Turbine in Kriegsſtetten gewonnene Waſſerkraft von 30 bis 50 Pferdeſtärken nach dem 8 Kilometer entfernten Solothurn zu leiten. Zwei Dynamomaſchinen gaben einen Strom von 1150 Volt und 15 bis 18 Ampère, der mittels blanker Kupferleitungen von 6 mm Dicke nach den Motoren geleitet ward. Die Anlage iſt ſeit Dezember 1886 dauernd in Betrieb.
Die Lauffener Übertragung.
Diejenige elektriſche Leitung, welche ſeit einem Jahre am meiſten von ſich reden machte, iſt aber die von Lauffen am Neckar nach der Frankfurter Elektrizitätsausſtellung hergeſtellte Kraftübertragung. Hier legte die Elektrizität einen Weg von 175 Kilometern zurück und es wurden nicht weniger als 300 Pferdeſtärken übertragen, und alles dies geſchah in drei Drähten, die zwar nicht dicker als 4 Millimeter waren, aber zuſammen immerhin die Kleinigkeit von 60,000 Kilogramm wogen. Sie waren an jenen Öl-Iſolatoren angebracht, die wir kennen lernten; mehr als 3000 Holzſtangen markierten den Weg und an jeder waren immer drei Porzellannäpfe in der Anordnung, die wir in Fig. 135. ſahen. Aber warum waren es gerade drei Drähte? Welche Spannung mochte wohl der Strom haben, der in ihnen entlang ging, ohne weſentliche Abſchwächung zu erfahren? Das ſind Fragen, die ſich ſofort jedem aufdrängten, der von der wunderbaren Einrichtung hörte. Beantworten wir zunächſt die zweite. Der Strom war auf nicht weniger als 27,000 Volt geſpannt. Um wenigſtens einen kleinen Begriff von einer ſolchen Spannung zu geben, bemerken wir, daß wir uns dem Strome nicht auf weniger als 8½ Zentimeter nähern dürfen, ohne einen gefährlichen Schlag zu erhalten, daß er im Stande iſt, ſchlechte Leiter, die man in ihn einſchaltet, wie Glasplatten von mehreren Milli- metern Dicke, zu durchbrechen. Wegen der Gefahren, die ſeine Nachbar- ſchaft in ſich barg, war er auch in unerreichbarer Höhe entlang geführ’ Nun können in keiner Dynamomaſchine der Welt die Wickelungsdrähte ſo von einander iſoliert werden, daß die Maſchine eine ſo hohe Spannung vertrüge. Wie oben die Glasplatte, ſo könnten die Iſo-
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[192/0210]
Die elektriſchen Erfindungen.
jährlichen Zinſen der Anlage ſamt den Betriebskoſten nicht ausmachen,
ſonſt iſt eben eine Kraftquelle, an Ort und Stelle aufgeſtellt, zweck-
dienlicher. Man iſt alſo für die Übertragung auf hochgeſpannte
Elektrizität angewieſen, und es handelt ſich vor allem darum, eine
derartige Anlage zu machen, daß möglichſt viel von der zu über-
tragenden Kraft auch wirklich an den Beſtimmungsort gelange. Alſo
heißt es: die Drähte nicht zu dünn und die Spannung möglichſt hoch
zu wählen. Die erſte ſolche Anlage auf größere Entfernung, bei der die
zugeführte Kraft wenigſtens zu drei Vierteln an den Beſtimmungsort
gelangte, wurde nach den Angaben des Direktors Brown von der
elektriſchen Fabrik in Örlikon bei Zürich ausgeführt. Es handelte ſich
darum, die mittels einer Turbine in Kriegsſtetten gewonnene Waſſerkraft
von 30 bis 50 Pferdeſtärken nach dem 8 Kilometer entfernten Solothurn
zu leiten. Zwei Dynamomaſchinen gaben einen Strom von 1150 Volt
und 15 bis 18 Ampère, der mittels blanker Kupferleitungen von
6 mm Dicke nach den Motoren geleitet ward. Die Anlage iſt ſeit
Dezember 1886 dauernd in Betrieb.
Die Lauffener Übertragung.
Diejenige elektriſche Leitung, welche ſeit einem Jahre am meiſten
von ſich reden machte, iſt aber die von Lauffen am Neckar nach der
Frankfurter Elektrizitätsausſtellung hergeſtellte Kraftübertragung. Hier
legte die Elektrizität einen Weg von 175 Kilometern zurück und es
wurden nicht weniger als 300 Pferdeſtärken übertragen, und alles dies
geſchah in drei Drähten, die zwar nicht dicker als 4 Millimeter waren,
aber zuſammen immerhin die Kleinigkeit von 60,000 Kilogramm wogen.
Sie waren an jenen Öl-Iſolatoren angebracht, die wir kennen lernten;
mehr als 3000 Holzſtangen markierten den Weg und an jeder waren
immer drei Porzellannäpfe in der Anordnung, die wir in Fig. 135.
ſahen. Aber warum waren es gerade drei Drähte? Welche Spannung
mochte wohl der Strom haben, der in ihnen entlang ging, ohne
weſentliche Abſchwächung zu erfahren? Das ſind Fragen, die ſich
ſofort jedem aufdrängten, der von der wunderbaren Einrichtung hörte.
Beantworten wir zunächſt die zweite. Der Strom war auf nicht
weniger als 27,000 Volt geſpannt. Um wenigſtens einen kleinen
Begriff von einer ſolchen Spannung zu geben, bemerken wir, daß wir uns
dem Strome nicht auf weniger als 8½ Zentimeter nähern dürfen, ohne
einen gefährlichen Schlag zu erhalten, daß er im Stande iſt, ſchlechte
Leiter, die man in ihn einſchaltet, wie Glasplatten von mehreren Milli-
metern Dicke, zu durchbrechen. Wegen der Gefahren, die ſeine Nachbar-
ſchaft in ſich barg, war er auch in unerreichbarer Höhe entlang geführ’
Nun können in keiner Dynamomaſchine der Welt die Wickelungsdrähte
ſo von einander iſoliert werden, daß die Maſchine eine ſo hohe
Spannung vertrüge. Wie oben die Glasplatte, ſo könnten die Iſo-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/210>, abgerufen am 25.11.2024.
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