Änderung der Position des Schiffes in geographischer Länge und Breite vorstellen, während die Hypotenuse die Länge der innerhalb des be- trachteten Zeitraumes zurückgelegten Entfernung repräsentiert und ihrem Werte nach durch das Loggen bekannt ist. Ist innerhalb kürzerer Zeit- räume der Kurs mehrmals gewechselt worden, so wird nicht für jeden einzelnen die Rechnung getrennt durchgeführt, sondern man "koppelt" die Kursrichtungen zu einem sog. "Generalkurs" und arbeitet mit diesem; natürlich bedarf in solchem Fall auch der zurückgelegte Weg einer Reduktion, ehe er in die Karte eingetragen werden kann. Es verbietet sich hier von selbst, eingehender die besonderen Kunstgriffe und Eigenheiten bei Ausführung der Besteck-Rechnung zu besprechen; die gegebenen allgemeinen Darlegungen mögen genügen, um den Gang des Verfahrens zu charakterisieren.
Die geschilderte einfache Art der Ortsbestimmung würde aber namentlich bei längeren Seereisen und bei häufigen Kursänderungen schließlich zu recht wenig zuverlässigen Resultaten führen, wenn man nicht in der Lage wäre, ihre Ergebnisse fortlaufend durch astronomische Beobachtungen einer genauen Kontrolle zu unterziehen. Die astrono- mischen Ortsbestimmungen bestehen in der Bestimmung der geographischen Breite des Schiffsortes und der Ermittelung des Standes des Schiffs- chronometers gegen die Ortszeit. Der Sextant als Winkelmeßinstrument und der Zeitmesser oder das Chronometer sind überhaupt neben Log und Kompaß die wichtigsten nautischen Hilfsmittel auf offenem Meere, ohne deren verständige Handhabung die schnelle und gesicherte Be- endigung einer Seereise vornehmlich bei längerer Dauer ganz und gar dem Zufall überlassen sein würde.
Verhältnismäßig am einfachsten gestaltet sich an Bord die Be- stimmung der geographischen Breite, wenngleich die Erreichung einer Genauigkeit, wie sie auf dem festen Lande verlangt werden muß, wegen der andauernden Schwankungen des Schiffes vollständig ausgeschlossen ist. Die Breite ergiebt sich aus der Beobachtung der Höhe eines bekannten, hinreichend hellen Gestirns, besonders der Sonne, in der Nähe des Ortsmeridians, d. h. möglichst genau zur Zeit des höchsten Standes mit Hülfe des Sextanten und durch Vergleichung der beobachteten Gestirnshöhe mit den in astronomischen Tafeln enthaltenen Angaben. Die Methode setzt eine wenigstens annähernde Kenntnis der Ortszeit der Beobachtung voraus; aber ein kleiner Fehler ist nahezu bedeutungs- los, umsomehr, da fortlaufend bei günstigem Wetter auch der Stand des Chronometers durch direkte Beobachtungen kontrolliert wird.
Der Spiegel-Sextant, der bei diesen Winkelmessungen fast aus- schließlich an Bord zur Anwendung kommt, ist im wesentlichen eine Er- findung von Isaac Newton. Derselbe sandte eine Beschreibung und Zeichnung des von ihm erdachten Instrumentes an Halley zur Be- gutachtung und Äußerung über den Wert desselben; doch scheint dieser die Wichtigkeit der Erfindung nicht erkannt und der Angelegenheit weiter
Der Verkehr zu Waſſer.
Änderung der Poſition des Schiffes in geographiſcher Länge und Breite vorſtellen, während die Hypotenuſe die Länge der innerhalb des be- trachteten Zeitraumes zurückgelegten Entfernung repräſentiert und ihrem Werte nach durch das Loggen bekannt iſt. Iſt innerhalb kürzerer Zeit- räume der Kurs mehrmals gewechſelt worden, ſo wird nicht für jeden einzelnen die Rechnung getrennt durchgeführt, ſondern man „koppelt“ die Kursrichtungen zu einem ſog. „Generalkurs“ und arbeitet mit dieſem; natürlich bedarf in ſolchem Fall auch der zurückgelegte Weg einer Reduktion, ehe er in die Karte eingetragen werden kann. Es verbietet ſich hier von ſelbſt, eingehender die beſonderen Kunſtgriffe und Eigenheiten bei Ausführung der Beſteck-Rechnung zu beſprechen; die gegebenen allgemeinen Darlegungen mögen genügen, um den Gang des Verfahrens zu charakteriſieren.
Die geſchilderte einfache Art der Ortsbeſtimmung würde aber namentlich bei längeren Seereiſen und bei häufigen Kursänderungen ſchließlich zu recht wenig zuverläſſigen Reſultaten führen, wenn man nicht in der Lage wäre, ihre Ergebniſſe fortlaufend durch aſtronomiſche Beobachtungen einer genauen Kontrolle zu unterziehen. Die aſtrono- miſchen Ortsbeſtimmungen beſtehen in der Beſtimmung der geographiſchen Breite des Schiffsortes und der Ermittelung des Standes des Schiffs- chronometers gegen die Ortszeit. Der Sextant als Winkelmeßinſtrument und der Zeitmeſſer oder das Chronometer ſind überhaupt neben Log und Kompaß die wichtigſten nautiſchen Hilfsmittel auf offenem Meere, ohne deren verſtändige Handhabung die ſchnelle und geſicherte Be- endigung einer Seereiſe vornehmlich bei längerer Dauer ganz und gar dem Zufall überlaſſen ſein würde.
Verhältnismäßig am einfachſten geſtaltet ſich an Bord die Be- ſtimmung der geographiſchen Breite, wenngleich die Erreichung einer Genauigkeit, wie ſie auf dem feſten Lande verlangt werden muß, wegen der andauernden Schwankungen des Schiffes vollſtändig ausgeſchloſſen iſt. Die Breite ergiebt ſich aus der Beobachtung der Höhe eines bekannten, hinreichend hellen Geſtirns, beſonders der Sonne, in der Nähe des Ortsmeridians, d. h. möglichſt genau zur Zeit des höchſten Standes mit Hülfe des Sextanten und durch Vergleichung der beobachteten Geſtirnshöhe mit den in aſtronomiſchen Tafeln enthaltenen Angaben. Die Methode ſetzt eine wenigſtens annähernde Kenntnis der Ortszeit der Beobachtung voraus; aber ein kleiner Fehler iſt nahezu bedeutungs- los, umſomehr, da fortlaufend bei günſtigem Wetter auch der Stand des Chronometers durch direkte Beobachtungen kontrolliert wird.
Der Spiegel-Sextant, der bei dieſen Winkelmeſſungen faſt aus- ſchließlich an Bord zur Anwendung kommt, iſt im weſentlichen eine Er- findung von Iſaac Newton. Derſelbe ſandte eine Beſchreibung und Zeichnung des von ihm erdachten Inſtrumentes an Halley zur Be- gutachtung und Äußerung über den Wert desſelben; doch ſcheint dieſer die Wichtigkeit der Erfindung nicht erkannt und der Angelegenheit weiter
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[804/0822]
Der Verkehr zu Waſſer.
Änderung der Poſition des Schiffes in geographiſcher Länge und Breite
vorſtellen, während die Hypotenuſe die Länge der innerhalb des be-
trachteten Zeitraumes zurückgelegten Entfernung repräſentiert und ihrem
Werte nach durch das Loggen bekannt iſt. Iſt innerhalb kürzerer Zeit-
räume der Kurs mehrmals gewechſelt worden, ſo wird nicht für jeden
einzelnen die Rechnung getrennt durchgeführt, ſondern man „koppelt“
die Kursrichtungen zu einem ſog. „Generalkurs“ und arbeitet mit
dieſem; natürlich bedarf in ſolchem Fall auch der zurückgelegte Weg
einer Reduktion, ehe er in die Karte eingetragen werden kann. Es
verbietet ſich hier von ſelbſt, eingehender die beſonderen Kunſtgriffe und
Eigenheiten bei Ausführung der Beſteck-Rechnung zu beſprechen; die
gegebenen allgemeinen Darlegungen mögen genügen, um den Gang
des Verfahrens zu charakteriſieren.
Die geſchilderte einfache Art der Ortsbeſtimmung würde aber
namentlich bei längeren Seereiſen und bei häufigen Kursänderungen
ſchließlich zu recht wenig zuverläſſigen Reſultaten führen, wenn man
nicht in der Lage wäre, ihre Ergebniſſe fortlaufend durch aſtronomiſche
Beobachtungen einer genauen Kontrolle zu unterziehen. Die aſtrono-
miſchen Ortsbeſtimmungen beſtehen in der Beſtimmung der geographiſchen
Breite des Schiffsortes und der Ermittelung des Standes des Schiffs-
chronometers gegen die Ortszeit. Der Sextant als Winkelmeßinſtrument
und der Zeitmeſſer oder das Chronometer ſind überhaupt neben Log
und Kompaß die wichtigſten nautiſchen Hilfsmittel auf offenem Meere,
ohne deren verſtändige Handhabung die ſchnelle und geſicherte Be-
endigung einer Seereiſe vornehmlich bei längerer Dauer ganz und gar
dem Zufall überlaſſen ſein würde.
Verhältnismäßig am einfachſten geſtaltet ſich an Bord die Be-
ſtimmung der geographiſchen Breite, wenngleich die Erreichung einer
Genauigkeit, wie ſie auf dem feſten Lande verlangt werden muß, wegen
der andauernden Schwankungen des Schiffes vollſtändig ausgeſchloſſen iſt.
Die Breite ergiebt ſich aus der Beobachtung der Höhe eines bekannten,
hinreichend hellen Geſtirns, beſonders der Sonne, in der Nähe des
Ortsmeridians, d. h. möglichſt genau zur Zeit des höchſten Standes
mit Hülfe des Sextanten und durch Vergleichung der beobachteten
Geſtirnshöhe mit den in aſtronomiſchen Tafeln enthaltenen Angaben.
Die Methode ſetzt eine wenigſtens annähernde Kenntnis der Ortszeit der
Beobachtung voraus; aber ein kleiner Fehler iſt nahezu bedeutungs-
los, umſomehr, da fortlaufend bei günſtigem Wetter auch der Stand
des Chronometers durch direkte Beobachtungen kontrolliert wird.
Der Spiegel-Sextant, der bei dieſen Winkelmeſſungen faſt aus-
ſchließlich an Bord zur Anwendung kommt, iſt im weſentlichen eine Er-
findung von Iſaac Newton. Derſelbe ſandte eine Beſchreibung und
Zeichnung des von ihm erdachten Inſtrumentes an Halley zur Be-
gutachtung und Äußerung über den Wert desſelben; doch ſcheint dieſer
die Wichtigkeit der Erfindung nicht erkannt und der Angelegenheit weiter
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 804. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/822>, abgerufen am 24.11.2024.
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