Das Sonnenmikroskop, dessen Erfindung in das Jahr 1738 ver- legt und dem Amsterdamer Lieberkühn zugeschrieben wird, steht in der Mitte zwischen der Lupe und dem weiterhin zu betrachtenden zusammen- gesetzten Mikroskop und dient vornehmlich dem Zweck, von sehr kleinen Objekten reelle vergrößerte Bilder zu entwerfen. Da mit zunehmender Vergrößerung die Lichtstärke des Bildes sehr schnell abnimmt, so muß bei einigermaßen beträchtlichen Vergrößerungen dem Objekt künstlich Licht von hoher Intensität zugeführt werden, sei es nun, indem man durch eine Öffnung im Fensterladen des verdunkelten Zimmers mittels eines Heliostaten Sonnenlicht auf den Gegenstand leitet, das zuvor durch eine Sammellinse konzentriert worden ist, sei es, daß man dem sehr intensiven Drummondschen Kalklicht oder dem elektrischen Bogen- licht den Vorzug giebt. Das zu untersuchende Objekt befindet sich beim Sonnenmikroskop nur wenig außerhalb der Brennweite einer stark gekrümmten Sammellinse, die von demselben ein umgekehrtes, stark vergrößertes, reelles Luftbild erzeugt, welches auf einem weißen Schirm aufgefangen werden kann. Mit derartigen höchst einfachen Apparaten hat man bei Anwendung ganz vorzüglicher Linsen von sehr kurzer Brennweite unter Umständen eine 3000 fache Vergrößerung erreicht.
Zur Vermeidung störenden fremden Lichtes schließt man die künst- liche Lichtquelle gewöhnlich in einem viereckigen Kasten ein und bringt sie in den Brennpunkt eines Hohlspiegels, der die Strahlen parallel nach vorn reflektiert. Natürlich stehen Apparat und auffangender Schirm im vollständig verdunkelten Zimmer. Vorn trägt der Kasten einen verschiebbaren Auszug, in welchem das mehr oder weniger kom- plizierte Linsensystem von kurzer Brennweite sich befindet. Die Röhre selbst besitzt zwischen dem Linsensystem, das die Stelle der einfachen Sammellinse vertritt, und dem Beleuchtungskörper einen seitlichen Ein- schnitt, der zur Aufnahme des durchsichtigen Objektes dient. In dieser Form ist der Apparat, der allgemein unter dem Namen Laterna magica oder Zauberlaterne bekannt ist, wahrscheinlich von Athanasius Kircher um das Jahr 1640 erfunden worden. Besonders häufig fand die Zauberlaterne früher zur Darstellung von Geistererscheinungen auf der Bühne, beispielsweise in der besonderen Form des Robertsonschen Phantaskops, Verwendung, bei welchem von einem durchsichtigen Glas- gemälde, von einem möglichst dunkelen Raume aus, ein Bild auf einer die Apparatenkammer und den verdunkelten Zuschauerraum oder die Bühne trennenden Fläche von durchscheinender Leinewand entworfen wurde; selbstverständlich mußte dafür Sorge getragen werden, daß die Projektionsfläche unter allen Umständen unsichtbar blieb. Heutzutage ist wohl fast ausschließlich, wenigstens auf größeren Bühnen, das früher bereits geschilderte Verfahren üblich. Natürlich hat man darauf zu achten, daß stets die Glasbilder, die jetzt in besonderer Feinheit und Vollendung auf dem Wege der Photographie erhalten werden und wohl auch
Die optiſchen Inſtrumente.
Das Sonnenmikroſkop, deſſen Erfindung in das Jahr 1738 ver- legt und dem Amſterdamer Lieberkühn zugeſchrieben wird, ſteht in der Mitte zwiſchen der Lupe und dem weiterhin zu betrachtenden zuſammen- geſetzten Mikroſkop und dient vornehmlich dem Zweck, von ſehr kleinen Objekten reelle vergrößerte Bilder zu entwerfen. Da mit zunehmender Vergrößerung die Lichtſtärke des Bildes ſehr ſchnell abnimmt, ſo muß bei einigermaßen beträchtlichen Vergrößerungen dem Objekt künſtlich Licht von hoher Intenſität zugeführt werden, ſei es nun, indem man durch eine Öffnung im Fenſterladen des verdunkelten Zimmers mittels eines Helioſtaten Sonnenlicht auf den Gegenſtand leitet, das zuvor durch eine Sammellinſe konzentriert worden iſt, ſei es, daß man dem ſehr intenſiven Drummondſchen Kalklicht oder dem elektriſchen Bogen- licht den Vorzug giebt. Das zu unterſuchende Objekt befindet ſich beim Sonnenmikroſkop nur wenig außerhalb der Brennweite einer ſtark gekrümmten Sammellinſe, die von demſelben ein umgekehrtes, ſtark vergrößertes, reelles Luftbild erzeugt, welches auf einem weißen Schirm aufgefangen werden kann. Mit derartigen höchſt einfachen Apparaten hat man bei Anwendung ganz vorzüglicher Linſen von ſehr kurzer Brennweite unter Umſtänden eine 3000 fache Vergrößerung erreicht.
Zur Vermeidung ſtörenden fremden Lichtes ſchließt man die künſt- liche Lichtquelle gewöhnlich in einem viereckigen Kaſten ein und bringt ſie in den Brennpunkt eines Hohlſpiegels, der die Strahlen parallel nach vorn reflektiert. Natürlich ſtehen Apparat und auffangender Schirm im vollſtändig verdunkelten Zimmer. Vorn trägt der Kaſten einen verſchiebbaren Auszug, in welchem das mehr oder weniger kom- plizierte Linſenſyſtem von kurzer Brennweite ſich befindet. Die Röhre ſelbſt beſitzt zwiſchen dem Linſenſyſtem, das die Stelle der einfachen Sammellinſe vertritt, und dem Beleuchtungskörper einen ſeitlichen Ein- ſchnitt, der zur Aufnahme des durchſichtigen Objektes dient. In dieſer Form iſt der Apparat, der allgemein unter dem Namen Laterna magica oder Zauberlaterne bekannt iſt, wahrſcheinlich von Athanaſius Kircher um das Jahr 1640 erfunden worden. Beſonders häufig fand die Zauberlaterne früher zur Darſtellung von Geiſtererſcheinungen auf der Bühne, beiſpielsweiſe in der beſonderen Form des Robertſonſchen Phantaſkops, Verwendung, bei welchem von einem durchſichtigen Glas- gemälde, von einem möglichſt dunkelen Raume aus, ein Bild auf einer die Apparatenkammer und den verdunkelten Zuſchauerraum oder die Bühne trennenden Fläche von durchſcheinender Leinewand entworfen wurde; ſelbſtverſtändlich mußte dafür Sorge getragen werden, daß die Projektionsfläche unter allen Umſtänden unſichtbar blieb. Heutzutage iſt wohl faſt ausſchließlich, wenigſtens auf größeren Bühnen, das früher bereits geſchilderte Verfahren üblich. Natürlich hat man darauf zu achten, daß ſtets die Glasbilder, die jetzt in beſonderer Feinheit und Vollendung auf dem Wege der Photographie erhalten werden und wohl auch
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Die optiſchen Inſtrumente.
Das Sonnenmikroſkop, deſſen Erfindung in das Jahr 1738 ver-
legt und dem Amſterdamer Lieberkühn zugeſchrieben wird, ſteht in der
Mitte zwiſchen der Lupe und dem weiterhin zu betrachtenden zuſammen-
geſetzten Mikroſkop und dient vornehmlich dem Zweck, von ſehr kleinen
Objekten reelle vergrößerte Bilder zu entwerfen. Da mit zunehmender
Vergrößerung die Lichtſtärke des Bildes ſehr ſchnell abnimmt, ſo muß
bei einigermaßen beträchtlichen Vergrößerungen dem Objekt künſtlich
Licht von hoher Intenſität zugeführt werden, ſei es nun, indem man
durch eine Öffnung im Fenſterladen des verdunkelten Zimmers mittels
eines Helioſtaten Sonnenlicht auf den Gegenſtand leitet, das zuvor
durch eine Sammellinſe konzentriert worden iſt, ſei es, daß man dem
ſehr intenſiven Drummondſchen Kalklicht oder dem elektriſchen Bogen-
licht den Vorzug giebt. Das zu unterſuchende Objekt befindet ſich
beim Sonnenmikroſkop nur wenig außerhalb der Brennweite einer
ſtark gekrümmten Sammellinſe, die von demſelben ein umgekehrtes,
ſtark vergrößertes, reelles Luftbild erzeugt, welches auf einem weißen
Schirm aufgefangen werden kann. Mit derartigen höchſt einfachen
Apparaten hat man bei Anwendung ganz vorzüglicher Linſen von ſehr
kurzer Brennweite unter Umſtänden eine 3000 fache Vergrößerung
erreicht.
Zur Vermeidung ſtörenden fremden Lichtes ſchließt man die künſt-
liche Lichtquelle gewöhnlich in einem viereckigen Kaſten ein und bringt
ſie in den Brennpunkt eines Hohlſpiegels, der die Strahlen parallel
nach vorn reflektiert. Natürlich ſtehen Apparat und auffangender
Schirm im vollſtändig verdunkelten Zimmer. Vorn trägt der Kaſten
einen verſchiebbaren Auszug, in welchem das mehr oder weniger kom-
plizierte Linſenſyſtem von kurzer Brennweite ſich befindet. Die Röhre
ſelbſt beſitzt zwiſchen dem Linſenſyſtem, das die Stelle der einfachen
Sammellinſe vertritt, und dem Beleuchtungskörper einen ſeitlichen Ein-
ſchnitt, der zur Aufnahme des durchſichtigen Objektes dient. In dieſer
Form iſt der Apparat, der allgemein unter dem Namen Laterna magica
oder Zauberlaterne bekannt iſt, wahrſcheinlich von Athanaſius Kircher
um das Jahr 1640 erfunden worden. Beſonders häufig fand die
Zauberlaterne früher zur Darſtellung von Geiſtererſcheinungen auf der
Bühne, beiſpielsweiſe in der beſonderen Form des Robertſonſchen
Phantaſkops, Verwendung, bei welchem von einem durchſichtigen Glas-
gemälde, von einem möglichſt dunkelen Raume aus, ein Bild auf einer
die Apparatenkammer und den verdunkelten Zuſchauerraum oder die
Bühne trennenden Fläche von durchſcheinender Leinewand entworfen
wurde; ſelbſtverſtändlich mußte dafür Sorge getragen werden, daß die
Projektionsfläche unter allen Umſtänden unſichtbar blieb. Heutzutage iſt
wohl faſt ausſchließlich, wenigſtens auf größeren Bühnen, das früher
bereits geſchilderte Verfahren üblich. Natürlich hat man darauf zu achten,
daß ſtets die Glasbilder, die jetzt in beſonderer Feinheit und Vollendung
auf dem Wege der Photographie erhalten werden und wohl auch
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/918>, abgerufen am 24.11.2024.
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