halten und glücklich mit mir herausgebracht. Ich durf- te überhaupt hier keine Fragen thun: denn auch die an- dern Bedienten nahmen die wichtige, kalte, geheimniß- volle Mine des Staatsmanns an und ich erinnerte mich nachher, daß wir gedruckte Nachrichten von Seve, aus Frankreich selber bekommen haben.
Von Seve geht alle Tage 2 mahl eine Galliotte nach Paris, wo man für 5. Sous hin kommen kan. Weil ich aber um 21/2 Uhr in Seve schon fertig war, so wolt' ich nicht bis 5. Uhr warten, und machte auf dem beständig frequenten Wege meine
Rückreise nach Paris
zu Fuß, und da traf ich denn, wie gewöhnlich, Koth, Gewühl, stinkende Luft an, und, so wie ich kaum nach Hause war, fiel garstiges Regenwetter ein. Es regnet würklich hier so oft, daß es Flecken in den Kleidern macht, wenn die Farbe ein wenig delikat ist. Vielleicht ist dies die Ursache, warum in Paris das Stutzerwesen, das be- ständige Fahren in der Karosse, die vielen grossen, kleinen Spiegelbürsten, und das Decrotiren Mode worden ist.
Bemerkungen.
Mit dem Calendrier Royal ou Almanac de Versailles, der alle Jahre herauskömmt, wird in Pa- ris auch viel Verschwendung getrieben. Das kleine Ding ist an sich schon theuer, dann läßt mans noch so prächtig binden, als man nur kan, schlägt die Armes de Fran- ce darauf, kauft des Königs Bildnis dazu, und schenkts den Fremden. Viele verlieren ihn, brauchen des Jahrs
wohl
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halten und gluͤcklich mit mir herausgebracht. Ich durf- te uͤberhaupt hier keine Fragen thun: denn auch die an- dern Bedienten nahmen die wichtige, kalte, geheimniß- volle Mine des Staatsmanns an und ich erinnerte mich nachher, daß wir gedruckte Nachrichten von Seve, aus Frankreich ſelber bekommen haben.
Von Seve geht alle Tage 2 mahl eine Galliotte nach Paris, wo man fuͤr 5. Sous hin kommen kan. Weil ich aber um 2½ Uhr in Seve ſchon fertig war, ſo wolt’ ich nicht bis 5. Uhr warten, und machte auf dem beſtaͤndig frequenten Wege meine
Ruͤckreiſe nach Paris
zu Fuß, und da traf ich denn, wie gewoͤhnlich, Koth, Gewuͤhl, ſtinkende Luft an, und, ſo wie ich kaum nach Hauſe war, fiel garſtiges Regenwetter ein. Es regnet wuͤrklich hier ſo oft, daß es Flecken in den Kleidern macht, wenn die Farbe ein wenig delikat iſt. Vielleicht iſt dies die Urſache, warum in Paris das Stutzerweſen, das be- ſtaͤndige Fahren in der Karoſſe, die vielen groſſen, kleinen Spiegelbuͤrſten, und das Decrotiren Mode worden iſt.
Bemerkungen.
Mit dem Calendrier Royal ou Almanac de Verſailles, der alle Jahre herauskoͤmmt, wird in Pa- ris auch viel Verſchwendung getrieben. Das kleine Ding iſt an ſich ſchon theuer, dann laͤßt mans noch ſo praͤchtig binden, als man nur kan, ſchlaͤgt die Armes de Fran- ce darauf, kauft des Koͤnigs Bildnis dazu, und ſchenkts den Fremden. Viele verlieren ihn, brauchen des Jahrs
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halten und gluͤcklich mit mir herausgebracht. Ich durf-
te uͤberhaupt hier keine Fragen thun: denn auch die an-
dern Bedienten nahmen die wichtige, kalte, geheimniß-
volle Mine des Staatsmanns an und ich erinnerte mich
nachher, daß wir gedruckte Nachrichten von Seve, aus
Frankreich ſelber bekommen haben.
Von Seve geht alle Tage 2 mahl eine Galliotte nach
Paris, wo man fuͤr 5. Sous hin kommen kan.
Weil ich aber um 2½ Uhr in Seve ſchon fertig war, ſo
wolt’ ich nicht bis 5. Uhr warten, und machte auf dem
beſtaͤndig frequenten Wege meine
Ruͤckreiſe nach Paris
zu Fuß, und da traf ich denn, wie gewoͤhnlich, Koth,
Gewuͤhl, ſtinkende Luft an, und, ſo wie ich kaum nach
Hauſe war, fiel garſtiges Regenwetter ein. Es regnet
wuͤrklich hier ſo oft, daß es Flecken in den Kleidern macht,
wenn die Farbe ein wenig delikat iſt. Vielleicht iſt dies
die Urſache, warum in Paris das Stutzerweſen, das be-
ſtaͤndige Fahren in der Karoſſe, die vielen groſſen, kleinen
Spiegelbuͤrſten, und das Decrotiren Mode worden iſt.
Bemerkungen.
Mit dem Calendrier Royal ou Almanac de
Verſailles, der alle Jahre herauskoͤmmt, wird in Pa-
ris auch viel Verſchwendung getrieben. Das kleine Ding
iſt an ſich ſchon theuer, dann laͤßt mans noch ſo praͤchtig
binden, als man nur kan, ſchlaͤgt die Armes de Fran-
ce darauf, kauft des Koͤnigs Bildnis dazu, und ſchenkts
den Fremden. Viele verlieren ihn, brauchen des Jahrs
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/353>, abgerufen am 22.11.2024.
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