Menge Ställe für Hunde, Bäre, Wölfe, wilde Schwei- ne, Löwen, Tyger, Hirsche etc. Der Entrepreneur da- von ist ein Partikulier. Die Obrigkeit gibt Wachen dazu. Alle Sonntage Abends von 5-8. Uhr ist da ein Thierge- fecht. Die Entre'e kostet 24. Sous. Die Gallerien werden, wie im Opernhause, von der Menge der Pa- riser besetzt. Auch weiche, dumme, wollüstige, ge- schminkte, französische Damen kommen in grosser Menge daher, und sehen zu, wie man Gottes Geschöpfe mis- braucht. Man läßt eine gewisse Anzahl Wölfe, Hunde, Schweine etc. herein, sie sind schon abgerichtet, einander anzufallen, man reizt sie, schießt unter sie, wirft Schwär- mer unter sie. Da entsteht dann ein klägliches Schreien, Beissen, Stossen, Schlagen etc. Der Grimm dieser Thie- re steigt aufs höchste, um so mehr, da man sie hindert, einander zu tödten. Grosse englische Doggen kämpfen mit Wölfen. Auch der nützliche Stier wird vorgeführt, und wenn dann in einem Abend 2, 3. aufgeopfert wer- den, das schwarze rauchende Blut den Sand färbt, und das kostbare Thier da liegt, und unter Schmerzen und Bluten ächzt, noch immer gebissen wird, und endlich sei- nen Athem aushaucht; so sagt der verachtungswürdige Franzos: das ist ja kein seltnes, besonderes Thier, dar- um ists nicht Schade etc. Die übrigen Thiere in den Ställen machen indessen einen abscheulichen Lärm. Die Hunde, die kämpfen müssen, erhitzen sich so, daß man sie nachher spazieren führen muß. Das gottlose Volk lacht aus vollem Halse, wenn der Bär recht zerzaust und ergrimmt wird. -- Ich dachte an Salomo: "Der "Gerechte erbarmt sich auch seines Viehes," verachtete laut Frankreichs niederträchtiges, grausames Volk, und freute mich, daß ichs bald verlassen konnte. So wie
das
Menge Staͤlle fuͤr Hunde, Baͤre, Woͤlfe, wilde Schwei- ne, Loͤwen, Tyger, Hirſche ꝛc. Der Entrepreneur da- von iſt ein Partikulier. Die Obrigkeit gibt Wachen dazu. Alle Sonntage Abends von 5-8. Uhr iſt da ein Thierge- fecht. Die Entre’e koſtet 24. Sous. Die Gallerien werden, wie im Opernhauſe, von der Menge der Pa- riſer beſetzt. Auch weiche, dumme, wolluͤſtige, ge- ſchminkte, franzoͤſiſche Damen kommen in groſſer Menge daher, und ſehen zu, wie man Gottes Geſchoͤpfe mis- braucht. Man laͤßt eine gewiſſe Anzahl Woͤlfe, Hunde, Schweine ꝛc. herein, ſie ſind ſchon abgerichtet, einander anzufallen, man reizt ſie, ſchießt unter ſie, wirft Schwaͤr- mer unter ſie. Da entſteht dann ein klaͤgliches Schreien, Beiſſen, Stoſſen, Schlagen ꝛc. Der Grimm dieſer Thie- re ſteigt aufs hoͤchſte, um ſo mehr, da man ſie hindert, einander zu toͤdten. Groſſe engliſche Doggen kaͤmpfen mit Woͤlfen. Auch der nuͤtzliche Stier wird vorgefuͤhrt, und wenn dann in einem Abend 2, 3. aufgeopfert wer- den, das ſchwarze rauchende Blut den Sand faͤrbt, und das koſtbare Thier da liegt, und unter Schmerzen und Bluten aͤchzt, noch immer gebiſſen wird, und endlich ſei- nen Athem aushaucht; ſo ſagt der verachtungswuͤrdige Franzos: das iſt ja kein ſeltnes, beſonderes Thier, dar- um iſts nicht Schade ꝛc. Die uͤbrigen Thiere in den Staͤllen machen indeſſen einen abſcheulichen Laͤrm. Die Hunde, die kaͤmpfen muͤſſen, erhitzen ſich ſo, daß man ſie nachher ſpazieren fuͤhren muß. Das gottloſe Volk lacht aus vollem Halſe, wenn der Baͤr recht zerzauſt und ergrimmt wird. — Ich dachte an Salomo: „Der „Gerechte erbarmt ſich auch ſeines Viehes,“ verachtete laut Frankreichs niedertraͤchtiges, grauſames Volk, und freute mich, daß ichs bald verlaſſen konnte. So wie
das
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Menge Staͤlle fuͤr Hunde, Baͤre, Woͤlfe, wilde Schwei-
ne, Loͤwen, Tyger, Hirſche ꝛc. Der Entrepreneur da-
von iſt ein Partikulier. Die Obrigkeit gibt Wachen dazu.
Alle Sonntage Abends von 5-8. Uhr iſt da ein Thierge-
fecht. Die Entre’e koſtet 24. Sous. Die Gallerien
werden, wie im Opernhauſe, von der Menge der Pa-
riſer beſetzt. Auch weiche, dumme, wolluͤſtige, ge-
ſchminkte, franzoͤſiſche Damen kommen in groſſer Menge
daher, und ſehen zu, wie man Gottes Geſchoͤpfe mis-
braucht. Man laͤßt eine gewiſſe Anzahl Woͤlfe, Hunde,
Schweine ꝛc. herein, ſie ſind ſchon abgerichtet, einander
anzufallen, man reizt ſie, ſchießt unter ſie, wirft Schwaͤr-
mer unter ſie. Da entſteht dann ein klaͤgliches Schreien,
Beiſſen, Stoſſen, Schlagen ꝛc. Der Grimm dieſer Thie-
re ſteigt aufs hoͤchſte, um ſo mehr, da man ſie hindert,
einander zu toͤdten. Groſſe engliſche Doggen kaͤmpfen
mit Woͤlfen. Auch der nuͤtzliche Stier wird vorgefuͤhrt,
und wenn dann in einem Abend 2, 3. aufgeopfert wer-
den, das ſchwarze rauchende Blut den Sand faͤrbt, und
das koſtbare Thier da liegt, und unter Schmerzen und
Bluten aͤchzt, noch immer gebiſſen wird, und endlich ſei-
nen Athem aushaucht; ſo ſagt der verachtungswuͤrdige
Franzos: das iſt ja kein ſeltnes, beſonderes Thier, dar-
um iſts nicht Schade ꝛc. Die uͤbrigen Thiere in den
Staͤllen machen indeſſen einen abſcheulichen Laͤrm. Die
Hunde, die kaͤmpfen muͤſſen, erhitzen ſich ſo, daß man
ſie nachher ſpazieren fuͤhren muß. Das gottloſe Volk
lacht aus vollem Halſe, wenn der Baͤr recht zerzauſt und
ergrimmt wird. — Ich dachte an Salomo: „Der
„Gerechte erbarmt ſich auch ſeines Viehes,“ verachtete
laut Frankreichs niedertraͤchtiges, grauſames Volk, und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/371>, abgerufen am 25.11.2024.
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