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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Deutschland vorstellen. Ganze Bataillen, entsetzte
und belagerte Städte, das Schlachtgewühl, alles ist da
abgemahlt. Ach! sie pralen mit Deutschlands Un-
tergang, mit den Ruinen Philippsburgs! -- Von
Corneille hing ein grosses Gemälde da, das allegorisch
ist, und Hr. Bomare mir erklärte. Conde' hatte nach
so vielen herrlichen Unternehmungen das Unglück, dem
Premierminister von Louis XIV. zu misfallen. Der
Minister vermochte alles über den König. Man nahm
dem Prinzen das Kommando, und verwies ihn nach
Vincennes. Conde' bot seinen tapfern Arm den
Spaniern an, da merkte man am Hofe den Fehler. --
Auf diesem Gemälde steht Conde' mit ausgestrecktem Arm
im Kriegskleide, und tritt einen fliegenden in einander
geschlungenen Zettel, worauf alle seine für Frankreich
gelungene Thaten stehen, mit Füssen. Weil aber die
Könige zuweilen hierher kommen, und das nicht gern se-
hen; so lies man auf der rechten Seite des Prinzen oben
den Genius von Frankreich malen, mit einem Zettel in
der Hand, worauf steht: Quantum poenituit! Al-
lein Conde's Anhänger wollten das den Königlichgesinn-
ten nicht zugeben. Man mahlte also linker Hand einen
andern Genius, der gegen jenen hinsieht und einen Zettel
mit dem Worte: Sileat! hält. Rechter Hand unter
dem Genius von Frankreich sitzt die Geschichte als ein
Frauenzimmer, und reißt ein Stück aus der Lebensge-
schichte des Prinzen heraus. Dem gegenüber hat man
in den Zettel von seinen Siegen eine Trompete gemahlt,
aber gebogen und gebrochen etc. Wenn der König kömmt,
geht er schnell durch diese Gallerie durch, und über dieses
Gemälde wird eine Gardine gezogen.

In

Deutſchland vorſtellen. Ganze Bataillen, entſetzte
und belagerte Staͤdte, das Schlachtgewuͤhl, alles iſt da
abgemahlt. Ach! ſie pralen mit Deutſchlands Un-
tergang, mit den Ruinen Philippsburgs! — Von
Corneille hing ein groſſes Gemaͤlde da, das allegoriſch
iſt, und Hr. Bomare mir erklaͤrte. Conde’ hatte nach
ſo vielen herrlichen Unternehmungen das Ungluͤck, dem
Premierminiſter von Louis XIV. zu misfallen. Der
Miniſter vermochte alles uͤber den Koͤnig. Man nahm
dem Prinzen das Kommando, und verwies ihn nach
Vincennes. Conde’ bot ſeinen tapfern Arm den
Spaniern an, da merkte man am Hofe den Fehler. —
Auf dieſem Gemaͤlde ſteht Conde’ mit ausgeſtrecktem Arm
im Kriegskleide, und tritt einen fliegenden in einander
geſchlungenen Zettel, worauf alle ſeine fuͤr Frankreich
gelungene Thaten ſtehen, mit Fuͤſſen. Weil aber die
Koͤnige zuweilen hierher kommen, und das nicht gern ſe-
hen; ſo lies man auf der rechten Seite des Prinzen oben
den Genius von Frankreich malen, mit einem Zettel in
der Hand, worauf ſteht: Quantum poenituit! Al-
lein Conde’s Anhaͤnger wollten das den Koͤniglichgeſinn-
ten nicht zugeben. Man mahlte alſo linker Hand einen
andern Genius, der gegen jenen hinſieht und einen Zettel
mit dem Worte: Sileat! haͤlt. Rechter Hand unter
dem Genius von Frankreich ſitzt die Geſchichte als ein
Frauenzimmer, und reißt ein Stuͤck aus der Lebensge-
ſchichte des Prinzen heraus. Dem gegenuͤber hat man
in den Zettel von ſeinen Siegen eine Trompete gemahlt,
aber gebogen und gebrochen ꝛc. Wenn der Koͤnig koͤmmt,
geht er ſchnell durch dieſe Gallerie durch, und uͤber dieſes
Gemaͤlde wird eine Gardine gezogen.

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[368/0392] Deutſchland vorſtellen. Ganze Bataillen, entſetzte und belagerte Staͤdte, das Schlachtgewuͤhl, alles iſt da abgemahlt. Ach! ſie pralen mit Deutſchlands Un- tergang, mit den Ruinen Philippsburgs! — Von Corneille hing ein groſſes Gemaͤlde da, das allegoriſch iſt, und Hr. Bomare mir erklaͤrte. Conde’ hatte nach ſo vielen herrlichen Unternehmungen das Ungluͤck, dem Premierminiſter von Louis XIV. zu misfallen. Der Miniſter vermochte alles uͤber den Koͤnig. Man nahm dem Prinzen das Kommando, und verwies ihn nach Vincennes. Conde’ bot ſeinen tapfern Arm den Spaniern an, da merkte man am Hofe den Fehler. — Auf dieſem Gemaͤlde ſteht Conde’ mit ausgeſtrecktem Arm im Kriegskleide, und tritt einen fliegenden in einander geſchlungenen Zettel, worauf alle ſeine fuͤr Frankreich gelungene Thaten ſtehen, mit Fuͤſſen. Weil aber die Koͤnige zuweilen hierher kommen, und das nicht gern ſe- hen; ſo lies man auf der rechten Seite des Prinzen oben den Genius von Frankreich malen, mit einem Zettel in der Hand, worauf ſteht: Quantum poenituit! Al- lein Conde’s Anhaͤnger wollten das den Koͤniglichgeſinn- ten nicht zugeben. Man mahlte alſo linker Hand einen andern Genius, der gegen jenen hinſieht und einen Zettel mit dem Worte: Sileat! haͤlt. Rechter Hand unter dem Genius von Frankreich ſitzt die Geſchichte als ein Frauenzimmer, und reißt ein Stuͤck aus der Lebensge- ſchichte des Prinzen heraus. Dem gegenuͤber hat man in den Zettel von ſeinen Siegen eine Trompete gemahlt, aber gebogen und gebrochen ꝛc. Wenn der Koͤnig koͤmmt, geht er ſchnell durch dieſe Gallerie durch, und uͤber dieſes Gemaͤlde wird eine Gardine gezogen. In

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/392>, abgerufen am 23.11.2024.