Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

ger richten, daß er auf die kleinsten Kreise geht. Eine
noch schönre Sache aber ist, daß so lange man drauf steht,
der Zeiger beständig schlägt, und diese Schläge correspon-
diren ziemlich genau mit den Pulsschlägen dessen, der sich
wägt. Der andre darf ihm nur an den Puls greifen,
so merkt er's. Es hat sie vor etlichen Jahren jemand
aus der Normandie gefunden, und dem Könige präsen-
tirt. Der Prinz von Conde' war eben beim Könige
und bestellte sich auch eine. Ich wog 120. Pfund, also
weniger als vorm Jahr in Oberweiler um eben diese
Zeit, wo ich 124. Pfund schwer war. 2) Eine goldne
Medaillensammlung
von allen französischen Königen,
von Pharamund an bis auf Louis XV. Der Platz
zu Louis XVI. ist schon da, aber er kommt erst nach dem
Tode hinein. Varin, ein grosser Medailleur unter
Louis XIV. hat die besten Abbildungen von den älte-
sten Zeiten und Königen gesammelt, und von dem sind
sie. Es sind auch sonst noch viele Medaillen da. 3)
Eine Boete de Mythologie, wo auf geschnittenen Stei-
nen (einige schienen mir gefärbtes Glas zu seyn,) die
Götter, Tempel, Opfer, Priester, Philosophen, Dich-
ter etc. der Alten vorgestellt sind. Ein Abbe' hat sie hier-
her geschenkt, und nun wundert man sich nicht mehr,
wenn man die Kreuzigung Christi, die Anbetung der
Weisen etc. neben den Bachanalien und Lupercalien findet.

Um 1. Uhr nahm ich Abschied von Hrn. de Bo-
mare.
Wir sprachen noch von allerlei. Er wuste noch
nicht, daß Martini eine deutsche Umarbeitung seines
Diktionairs angefangen hatte, und wunderte sich, daß
er, wie er sagte, die Höflichkeit nicht hätte, ihm ein
Exemplar zu schicken, wiewohl er kein deutsches Buch le-

sen
A a 4

ger richten, daß er auf die kleinſten Kreiſe geht. Eine
noch ſchoͤnre Sache aber iſt, daß ſo lange man drauf ſteht,
der Zeiger beſtaͤndig ſchlaͤgt, und dieſe Schlaͤge correſpon-
diren ziemlich genau mit den Pulsſchlaͤgen deſſen, der ſich
waͤgt. Der andre darf ihm nur an den Puls greifen,
ſo merkt er’s. Es hat ſie vor etlichen Jahren jemand
aus der Normandie gefunden, und dem Koͤnige praͤſen-
tirt. Der Prinz von Conde’ war eben beim Koͤnige
und beſtellte ſich auch eine. Ich wog 120. Pfund, alſo
weniger als vorm Jahr in Oberweiler um eben dieſe
Zeit, wo ich 124. Pfund ſchwer war. 2) Eine goldne
Medaillenſammlung
von allen franzoͤſiſchen Koͤnigen,
von Pharamund an bis auf Louis XV. Der Platz
zu Louis XVI. iſt ſchon da, aber er kommt erſt nach dem
Tode hinein. Varin, ein groſſer Medailleur unter
Louis XIV. hat die beſten Abbildungen von den aͤlte-
ſten Zeiten und Koͤnigen geſammelt, und von dem ſind
ſie. Es ſind auch ſonſt noch viele Medaillen da. 3)
Eine Boëte de Mythologie, wo auf geſchnittenen Stei-
nen (einige ſchienen mir gefaͤrbtes Glas zu ſeyn,) die
Goͤtter, Tempel, Opfer, Prieſter, Philoſophen, Dich-
ter ꝛc. der Alten vorgeſtellt ſind. Ein Abbe’ hat ſie hier-
her geſchenkt, und nun wundert man ſich nicht mehr,
wenn man die Kreuzigung Chriſti, die Anbetung der
Weiſen ꝛc. neben den Bachanalien und Lupercalien findet.

Um 1. Uhr nahm ich Abſchied von Hrn. de Bo-
mare.
Wir ſprachen noch von allerlei. Er wuſte noch
nicht, daß Martini eine deutſche Umarbeitung ſeines
Diktionairs angefangen hatte, und wunderte ſich, daß
er, wie er ſagte, die Hoͤflichkeit nicht haͤtte, ihm ein
Exemplar zu ſchicken, wiewohl er kein deutſches Buch le-

ſen
A a 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0399" n="375"/>
ger richten, daß er auf die klein&#x017F;ten Krei&#x017F;e geht. Eine<lb/>
noch &#x017F;cho&#x0364;nre Sache aber i&#x017F;t, daß &#x017F;o lange man drauf &#x017F;teht,<lb/>
der Zeiger be&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;chla&#x0364;gt, und die&#x017F;e Schla&#x0364;ge corre&#x017F;pon-<lb/>
diren ziemlich genau mit den Puls&#x017F;chla&#x0364;gen de&#x017F;&#x017F;en, der &#x017F;ich<lb/>
wa&#x0364;gt. Der andre darf ihm nur an den Puls greifen,<lb/>
&#x017F;o merkt er&#x2019;s. Es hat &#x017F;ie vor etlichen Jahren jemand<lb/>
aus der <hi rendition="#fr">Normandie</hi> gefunden, und dem Ko&#x0364;nige pra&#x0364;&#x017F;en-<lb/>
tirt. Der Prinz von <hi rendition="#fr">Conde&#x2019;</hi> war eben beim Ko&#x0364;nige<lb/>
und be&#x017F;tellte &#x017F;ich auch eine. Ich wog 120. Pfund, al&#x017F;o<lb/>
weniger als vorm Jahr in <hi rendition="#fr">Oberweiler</hi> um eben die&#x017F;e<lb/>
Zeit, wo ich 124. Pfund &#x017F;chwer war. 2) Eine <hi rendition="#fr">goldne<lb/>
Medaillen&#x017F;ammlung</hi> von allen franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Ko&#x0364;nigen,<lb/>
von <hi rendition="#fr">Pharamund</hi> an bis auf <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Louis XV.</hi></hi> Der Platz<lb/>
zu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Louis XVI.</hi></hi> i&#x017F;t &#x017F;chon da, aber er kommt er&#x017F;t nach dem<lb/>
Tode hinein. <hi rendition="#fr">Varin,</hi> ein gro&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#fr">Medailleur</hi> unter<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Louis XIV.</hi></hi> hat die be&#x017F;ten Abbildungen von den a&#x0364;lte-<lb/>
&#x017F;ten Zeiten und Ko&#x0364;nigen ge&#x017F;ammelt, und von dem &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ie. Es &#x017F;ind auch &#x017F;on&#x017F;t noch viele Medaillen da. 3)<lb/>
Eine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Boëte de Mythologie</hi>,</hi> wo auf ge&#x017F;chnittenen Stei-<lb/>
nen (einige &#x017F;chienen mir gefa&#x0364;rbtes Glas zu &#x017F;eyn,) die<lb/>
Go&#x0364;tter, Tempel, Opfer, Prie&#x017F;ter, Philo&#x017F;ophen, Dich-<lb/>
ter &#xA75B;c. der Alten vorge&#x017F;tellt &#x017F;ind. Ein Abbe&#x2019; hat &#x017F;ie hier-<lb/>
her ge&#x017F;chenkt, und nun wundert man &#x017F;ich nicht mehr,<lb/>
wenn man die Kreuzigung Chri&#x017F;ti, die Anbetung der<lb/>
Wei&#x017F;en &#xA75B;c. neben den Bachanalien und Lupercalien findet.</p><lb/>
            <p>Um 1. Uhr nahm ich Ab&#x017F;chied von Hrn. <hi rendition="#fr">de Bo-<lb/>
mare.</hi> Wir &#x017F;prachen noch von allerlei. Er wu&#x017F;te noch<lb/>
nicht, daß <hi rendition="#fr">Martini</hi> eine deut&#x017F;che Umarbeitung &#x017F;eines<lb/>
Diktionairs angefangen hatte, und wunderte &#x017F;ich, daß<lb/>
er, wie er &#x017F;agte, die Ho&#x0364;flichkeit nicht ha&#x0364;tte, ihm ein<lb/>
Exemplar zu &#x017F;chicken, wiewohl er kein deut&#x017F;ches Buch le-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0399] ger richten, daß er auf die kleinſten Kreiſe geht. Eine noch ſchoͤnre Sache aber iſt, daß ſo lange man drauf ſteht, der Zeiger beſtaͤndig ſchlaͤgt, und dieſe Schlaͤge correſpon- diren ziemlich genau mit den Pulsſchlaͤgen deſſen, der ſich waͤgt. Der andre darf ihm nur an den Puls greifen, ſo merkt er’s. Es hat ſie vor etlichen Jahren jemand aus der Normandie gefunden, und dem Koͤnige praͤſen- tirt. Der Prinz von Conde’ war eben beim Koͤnige und beſtellte ſich auch eine. Ich wog 120. Pfund, alſo weniger als vorm Jahr in Oberweiler um eben dieſe Zeit, wo ich 124. Pfund ſchwer war. 2) Eine goldne Medaillenſammlung von allen franzoͤſiſchen Koͤnigen, von Pharamund an bis auf Louis XV. Der Platz zu Louis XVI. iſt ſchon da, aber er kommt erſt nach dem Tode hinein. Varin, ein groſſer Medailleur unter Louis XIV. hat die beſten Abbildungen von den aͤlte- ſten Zeiten und Koͤnigen geſammelt, und von dem ſind ſie. Es ſind auch ſonſt noch viele Medaillen da. 3) Eine Boëte de Mythologie, wo auf geſchnittenen Stei- nen (einige ſchienen mir gefaͤrbtes Glas zu ſeyn,) die Goͤtter, Tempel, Opfer, Prieſter, Philoſophen, Dich- ter ꝛc. der Alten vorgeſtellt ſind. Ein Abbe’ hat ſie hier- her geſchenkt, und nun wundert man ſich nicht mehr, wenn man die Kreuzigung Chriſti, die Anbetung der Weiſen ꝛc. neben den Bachanalien und Lupercalien findet. Um 1. Uhr nahm ich Abſchied von Hrn. de Bo- mare. Wir ſprachen noch von allerlei. Er wuſte noch nicht, daß Martini eine deutſche Umarbeitung ſeines Diktionairs angefangen hatte, und wunderte ſich, daß er, wie er ſagte, die Hoͤflichkeit nicht haͤtte, ihm ein Exemplar zu ſchicken, wiewohl er kein deutſches Buch le- ſen A a 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/399
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/399>, abgerufen am 22.11.2024.