ses Bassin hat. Der Ort ist bergicht. Von da geht die herrliche Strasse nach
Pfalzburg. Sie ist in ihrer ganzen Länge zu beiden Seiten mit Steinen an den Reinen untermauert, und zieht sich rings am Berg hinauf. Die Stadt Za- bern muß sie durch eigne Leute unterhalten, hat aber da- für von allen Lastwagen eine gewisse Abgabe, wovon aber Karossen frei sind. Je höher man hinauf kömmt, desto- mehr ergötzt sich das Auge an der herrlicheu Aussicht ins prächtige Elsas, das sich immer mehr aufhellt, und in seinen majestätisch sich krümmenden, kostbaren, Triften ganz darbietet. Pfalzburg selber hat schöne Häuser, einen angenehmen Markt- und Paradeplatz, und scheidet Elsas und Lothringen.
Saarburg, ein kleines Städtchen, hat auf der einen Seite einen waldichten Berg, aber auf der andern herrliche Gegenden. Zu meiner Verwunderung hörte ich da gemeine Leute schlecht französisch, aber ausnehmend gut deutsch sprechen. Die Bergart zwischen Zabern und Pfalzburg ist ein rother, feiner, stark eisenhaltiger Thon. Auf der Steig hörte ich (den 13ten Mai) überall Ku- kuke rufen.
Einige stolze Abteien präsentiren sich auf den Sei- ten. Aber ohne Unwillen kan man's nicht ansehen, wie in dem vortreflichen reichen Lande Armuth, Unwissenheit, Blindheit, Sittenlosigkeit und Elend unter dem gemei- nen Volk so gros sind. Kaum hält ein Reisender an, so sind Kinder, Männer, und Weiber um ihn herum und betteln. Halbe Dörfer kommen ihm entgegen und bet- teln. In den Ohren thuts dem Menschenfreunde weh, wenn Gottes Geschöpfe im Paradies der Erden mit la- teinischen Gebetsformeln, die sie nicht aussprechen, nicht
nach-
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ſes Baſſin hat. Der Ort iſt bergicht. Von da geht die herrliche Straſſe nach
Pfalzburg. Sie iſt in ihrer ganzen Laͤnge zu beiden Seiten mit Steinen an den Reinen untermauert, und zieht ſich rings am Berg hinauf. Die Stadt Za- bern muß ſie durch eigne Leute unterhalten, hat aber da- fuͤr von allen Laſtwagen eine gewiſſe Abgabe, wovon aber Karoſſen frei ſind. Je hoͤher man hinauf koͤmmt, deſto- mehr ergoͤtzt ſich das Auge an der herrlicheu Ausſicht ins praͤchtige Elſas, das ſich immer mehr aufhellt, und in ſeinen majeſtaͤtiſch ſich kruͤmmenden, koſtbaren, Triften ganz darbietet. Pfalzburg ſelber hat ſchoͤne Haͤuſer, einen angenehmen Markt- und Paradeplatz, und ſcheidet Elſas und Lothringen.
Saarburg, ein kleines Staͤdtchen, hat auf der einen Seite einen waldichten Berg, aber auf der andern herrliche Gegenden. Zu meiner Verwunderung hoͤrte ich da gemeine Leute ſchlecht franzoͤſiſch, aber ausnehmend gut deutſch ſprechen. Die Bergart zwiſchen Zabern und Pfalzburg iſt ein rother, feiner, ſtark eiſenhaltiger Thon. Auf der Steig hoͤrte ich (den 13ten Mai) uͤberall Ku- kuke rufen.
Einige ſtolze Abteien praͤſentiren ſich auf den Sei- ten. Aber ohne Unwillen kan man’s nicht anſehen, wie in dem vortreflichen reichen Lande Armuth, Unwiſſenheit, Blindheit, Sittenloſigkeit und Elend unter dem gemei- nen Volk ſo gros ſind. Kaum haͤlt ein Reiſender an, ſo ſind Kinder, Maͤnner, und Weiber um ihn herum und betteln. Halbe Doͤrfer kommen ihm entgegen und bet- teln. In den Ohren thuts dem Menſchenfreunde weh, wenn Gottes Geſchoͤpfe im Paradies der Erden mit la- teiniſchen Gebetsformeln, die ſie nicht ausſprechen, nicht
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Pfalzburg. Sie iſt in ihrer ganzen Laͤnge zu
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und zieht ſich rings am Berg hinauf. Die Stadt Za-
bern muß ſie durch eigne Leute unterhalten, hat aber da-
fuͤr von allen Laſtwagen eine gewiſſe Abgabe, wovon aber
Karoſſen frei ſind. Je hoͤher man hinauf koͤmmt, deſto-
mehr ergoͤtzt ſich das Auge an der herrlicheu Ausſicht ins
praͤchtige Elſas, das ſich immer mehr aufhellt, und in
ſeinen majeſtaͤtiſch ſich kruͤmmenden, koſtbaren, Triften
ganz darbietet. Pfalzburg ſelber hat ſchoͤne Haͤuſer,
einen angenehmen Markt- und Paradeplatz, und ſcheidet
Elſas und Lothringen.
Saarburg, ein kleines Staͤdtchen, hat auf der
einen Seite einen waldichten Berg, aber auf der andern
herrliche Gegenden. Zu meiner Verwunderung hoͤrte ich
da gemeine Leute ſchlecht franzoͤſiſch, aber ausnehmend
gut deutſch ſprechen. Die Bergart zwiſchen Zabern und
Pfalzburg iſt ein rother, feiner, ſtark eiſenhaltiger Thon.
Auf der Steig hoͤrte ich (den 13ten Mai) uͤberall Ku-
kuke rufen.
Einige ſtolze Abteien praͤſentiren ſich auf den Sei-
ten. Aber ohne Unwillen kan man’s nicht anſehen, wie
in dem vortreflichen reichen Lande Armuth, Unwiſſenheit,
Blindheit, Sittenloſigkeit und Elend unter dem gemei-
nen Volk ſo gros ſind. Kaum haͤlt ein Reiſender an, ſo
ſind Kinder, Maͤnner, und Weiber um ihn herum und
betteln. Halbe Doͤrfer kommen ihm entgegen und bet-
teln. In den Ohren thuts dem Menſchenfreunde weh,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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