Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

dersachsen und Hamburg üblichen Plattdeutschen nä-
her, als dem Holländischen. Man hat viele Mühe, es
zu verstehen. Die Leute reden sehr zwischen den Zähnen
durch, fast mit geschlossenen Lippen. Man versicherte
mich aber, daß die Sprache ihre eigne Reichthümer und
Schönheiten habe.

Meine Wohnung fand ich a la Maison rouge
recht sehr gut, und ruhte von der unterirdischen Prome-
nade zwischen den Steinkohlen bei Valenciennes noch
erst recht aus.

Den 21ten Jul.

Mein erster Gang heute war zu

Mr. Needham. -- Ich fand einen sehr kleinen,
schon sehr alten, aber äusserst höflichen und gütigen Mann
an ihm. Hr. Delor's Brief that die beste Wirkung.
Er war mit der Brille geschrieben und ward auch durch
die Brille gelesen. Seine eben so alte Schwester schenk-
te ihm grade den Thee zum Frühstück ein, und da sah
ich, daß die Engelländer einen besondern Geschmack dar-
an finden, Moutarde oder Senf unter den Thee zu mi-
schen, und Madem. Needham versicherte mich auch,
daß man in Eugelland Senf und Kaffee mit einander
kocht. *) Mr. Needham lies mich gleich seine kleine
Mineraliensammlung sehen, wo einige nicht gewöhnliche

Stücke
*) Personen, die in Engelland gewesen sind, haben die-
se Erfahrung nie gemacht. Darunter gehört auch
der
Herausgeber.

derſachſen und Hamburg uͤblichen Plattdeutſchen naͤ-
her, als dem Hollaͤndiſchen. Man hat viele Muͤhe, es
zu verſtehen. Die Leute reden ſehr zwiſchen den Zaͤhnen
durch, faſt mit geſchloſſenen Lippen. Man verſicherte
mich aber, daß die Sprache ihre eigne Reichthuͤmer und
Schoͤnheiten habe.

Meine Wohnung fand ich à la Maiſon rouge
recht ſehr gut, und ruhte von der unterirdiſchen Prome-
nade zwiſchen den Steinkohlen bei Valenciennes noch
erſt recht aus.

Den 21ten Jul.

Mein erſter Gang heute war zu

Mr. Needham. — Ich fand einen ſehr kleinen,
ſchon ſehr alten, aber aͤuſſerſt hoͤflichen und guͤtigen Mann
an ihm. Hr. Delor’s Brief that die beſte Wirkung.
Er war mit der Brille geſchrieben und ward auch durch
die Brille geleſen. Seine eben ſo alte Schweſter ſchenk-
te ihm grade den Thee zum Fruͤhſtuͤck ein, und da ſah
ich, daß die Engellaͤnder einen beſondern Geſchmack dar-
an finden, Moutarde oder Senf unter den Thee zu mi-
ſchen, und Madem. Needham verſicherte mich auch,
daß man in Eugelland Senf und Kaffee mit einander
kocht. *) Mr. Needham lies mich gleich ſeine kleine
Mineralienſammlung ſehen, wo einige nicht gewoͤhnliche

Stuͤcke
*) Perſonen, die in Engelland geweſen ſind, haben die-
ſe Erfahrung nie gemacht. Darunter gehoͤrt auch
der
Herausgeber.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0451" n="427"/><hi rendition="#fr">der&#x017F;ach&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#fr">Hamburg</hi> u&#x0364;blichen Plattdeut&#x017F;chen na&#x0364;-<lb/>
her, als dem Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen. Man hat viele Mu&#x0364;he, es<lb/>
zu ver&#x017F;tehen. Die Leute reden &#x017F;ehr zwi&#x017F;chen den Za&#x0364;hnen<lb/>
durch, fa&#x017F;t mit ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Lippen. Man ver&#x017F;icherte<lb/>
mich aber, daß die Sprache ihre eigne Reichthu&#x0364;mer und<lb/>
Scho&#x0364;nheiten habe.</p><lb/>
            <p>Meine Wohnung fand ich <hi rendition="#aq">à la Mai&#x017F;on rouge</hi><lb/>
recht &#x017F;ehr gut, und ruhte von der unterirdi&#x017F;chen Prome-<lb/>
nade zwi&#x017F;chen den Steinkohlen bei <hi rendition="#fr">Valenciennes</hi> noch<lb/>
er&#x017F;t recht aus.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 21ten Jul.</head><lb/>
            <p>Mein er&#x017F;ter Gang heute war zu</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Mr. <hi rendition="#i">Needham.</hi></hi> &#x2014; Ich fand einen &#x017F;ehr kleinen,<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;ehr alten, aber a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t ho&#x0364;flichen und gu&#x0364;tigen Mann<lb/>
an ihm. Hr. <hi rendition="#fr">Delor</hi>&#x2019;s Brief that die be&#x017F;te Wirkung.<lb/>
Er war mit der Brille ge&#x017F;chrieben und ward auch durch<lb/>
die Brille gele&#x017F;en. Seine eben &#x017F;o alte Schwe&#x017F;ter &#x017F;chenk-<lb/>
te ihm grade den Thee zum Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck ein, und da &#x017F;ah<lb/>
ich, daß die Engella&#x0364;nder einen be&#x017F;ondern Ge&#x017F;chmack dar-<lb/>
an finden, <hi rendition="#aq">Moutarde</hi> oder Senf unter den Thee zu mi-<lb/>
&#x017F;chen, und <hi rendition="#aq">Madem. <hi rendition="#i">Needham</hi></hi> ver&#x017F;icherte mich auch,<lb/>
daß man in Eugelland Senf und Kaffee mit einander<lb/>
kocht. <note place="foot" n="*)">Per&#x017F;onen, die in Engelland gewe&#x017F;en &#x017F;ind, haben die-<lb/>
&#x017F;e Erfahrung nie gemacht. Darunter geho&#x0364;rt auch<lb/>
der<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note> <hi rendition="#aq">Mr. <hi rendition="#i">Needham</hi></hi> lies mich gleich &#x017F;eine kleine<lb/>
Mineralien&#x017F;ammlung &#x017F;ehen, wo einige nicht gewo&#x0364;hnliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stu&#x0364;cke</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[427/0451] derſachſen und Hamburg uͤblichen Plattdeutſchen naͤ- her, als dem Hollaͤndiſchen. Man hat viele Muͤhe, es zu verſtehen. Die Leute reden ſehr zwiſchen den Zaͤhnen durch, faſt mit geſchloſſenen Lippen. Man verſicherte mich aber, daß die Sprache ihre eigne Reichthuͤmer und Schoͤnheiten habe. Meine Wohnung fand ich à la Maiſon rouge recht ſehr gut, und ruhte von der unterirdiſchen Prome- nade zwiſchen den Steinkohlen bei Valenciennes noch erſt recht aus. Den 21ten Jul. Mein erſter Gang heute war zu Mr. Needham. — Ich fand einen ſehr kleinen, ſchon ſehr alten, aber aͤuſſerſt hoͤflichen und guͤtigen Mann an ihm. Hr. Delor’s Brief that die beſte Wirkung. Er war mit der Brille geſchrieben und ward auch durch die Brille geleſen. Seine eben ſo alte Schweſter ſchenk- te ihm grade den Thee zum Fruͤhſtuͤck ein, und da ſah ich, daß die Engellaͤnder einen beſondern Geſchmack dar- an finden, Moutarde oder Senf unter den Thee zu mi- ſchen, und Madem. Needham verſicherte mich auch, daß man in Eugelland Senf und Kaffee mit einander kocht. *) Mr. Needham lies mich gleich ſeine kleine Mineralienſammlung ſehen, wo einige nicht gewoͤhnliche Stuͤcke *) Perſonen, die in Engelland geweſen ſind, haben die- ſe Erfahrung nie gemacht. Darunter gehoͤrt auch der Herausgeber.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/451
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/451>, abgerufen am 22.11.2024.