Heute passirte ich erst noch einen Forst, der noch ins Bambergische gehört, und dann betrat ich Obersach- sen, das sich gleich durch eine schöne Aussicht ankündigt. In der Ferne erblickt man den berühmten Thüringer Wald. Eine halbe Stunde vor Judenbach fängt die Strasse an, den steilen und steinichten Weg hinan zu gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren Klapperstecken an die hintern Achsen, die zwischen die Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der Wagen nicht stürzt. Sie warnen dadurch zugleich einen andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen könnte, weil's oft fast unmöglich ist, auszuweichen, Man be- gegnet immer Güterwagen, die über Koburg, Schlaitz, Gera etc. Frankenwein nach Leipzig führen. Dagegen gehen auf der Strasse, die ich nahm, beständig. Wagen mit hallischem Salz durchs ganze Land herab. Die Fuhrleute tragen alle weisse leinene Kittel. Man baut hierherum Korn, Hafer, Gerste, Grundbirnen, auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt erst an.
Judenbach, worauf ich nun zukam, ist ein ziem- lich grosser Flecken, und gehört Sachsen-Meinungen. Gleich vor dem Orte sieht man neben der Landstrasse viele Kohlenbrenner, die eine Menge Holz verhauen, ihre Meiler dampfen unaufhörlich. Sie sind eine ehrliche, grade, simple Art von Menschen. Das Gebürge ist ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenbäumen, Wachhol- dern u. dergl. bewachsen, und besteht ganz aus Schie- fer, der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch- gängig hier im Lande damit. Einige Schiefer sind
schwarz,
Den 5ten Aug.
Heute paſſirte ich erſt noch einen Forſt, der noch ins Bambergiſche gehoͤrt, und dann betrat ich Oberſach- ſen, das ſich gleich durch eine ſchoͤne Ausſicht ankuͤndigt. In der Ferne erblickt man den beruͤhmten Thuͤringer Wald. Eine halbe Stunde vor Judenbach faͤngt die Straſſe an, den ſteilen und ſteinichten Weg hinan zu gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren Klapperſtecken an die hintern Achſen, die zwiſchen die Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der Wagen nicht ſtuͤrzt. Sie warnen dadurch zugleich einen andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen koͤnnte, weil’s oft faſt unmoͤglich iſt, auszuweichen, Man be- gegnet immer Guͤterwagen, die uͤber Koburg, Schlaitz, Gera ꝛc. Frankenwein nach Leipzig fuͤhren. Dagegen gehen auf der Straſſe, die ich nahm, beſtaͤndig. Wagen mit halliſchem Salz durchs ganze Land herab. Die Fuhrleute tragen alle weiſſe leinene Kittel. Man baut hierherum Korn, Hafer, Gerſte, Grundbirnen, auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt erſt an.
Judenbach, worauf ich nun zukam, iſt ein ziem- lich groſſer Flecken, und gehoͤrt Sachſen-Meinungen. Gleich vor dem Orte ſieht man neben der Landſtraſſe viele Kohlenbrenner, die eine Menge Holz verhauen, ihre Meiler dampfen unaufhoͤrlich. Sie ſind eine ehrliche, grade, ſimple Art von Menſchen. Das Gebuͤrge iſt ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenbaͤumen, Wachhol- dern u. dergl. bewachſen, und beſteht ganz aus Schie- fer, der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch- gaͤngig hier im Lande damit. Einige Schiefer ſind
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Den 5ten Aug.
Heute paſſirte ich erſt noch einen Forſt, der noch ins
Bambergiſche gehoͤrt, und dann betrat ich Oberſach-
ſen, das ſich gleich durch eine ſchoͤne Ausſicht ankuͤndigt.
In der Ferne erblickt man den beruͤhmten Thuͤringer
Wald. Eine halbe Stunde vor Judenbach faͤngt die
Straſſe an, den ſteilen und ſteinichten Weg hinan zu
gehen. Die Fuhrleute binden daher im Herabfahren
Klapperſtecken an die hintern Achſen, die zwiſchen die
Felgen des Rads eingreifen, und vorhindern, daß der
Wagen nicht ſtuͤrzt. Sie warnen dadurch zugleich einen
andern Wagen, der ihnen etwa entgegen kommen koͤnnte,
weil’s oft faſt unmoͤglich iſt, auszuweichen, Man be-
gegnet immer Guͤterwagen, die uͤber Koburg,
Schlaitz, Gera ꝛc. Frankenwein nach Leipzig fuͤhren.
Dagegen gehen auf der Straſſe, die ich nahm, beſtaͤndig.
Wagen mit halliſchem Salz durchs ganze Land herab.
Die Fuhrleute tragen alle weiſſe leinene Kittel. Man
baut hierherum Korn, Hafer, Gerſte, Grundbirnen,
auch etwas Flachs und Hanf. Die Erndte fing jetzt
erſt an.
Judenbach, worauf ich nun zukam, iſt ein ziem-
lich groſſer Flecken, und gehoͤrt Sachſen-Meinungen.
Gleich vor dem Orte ſieht man neben der Landſtraſſe viele
Kohlenbrenner, die eine Menge Holz verhauen, ihre
Meiler dampfen unaufhoͤrlich. Sie ſind eine ehrliche,
grade, ſimple Art von Menſchen. Das Gebuͤrge iſt
ganz mit Tannen, Fohren, Lerchenbaͤumen, Wachhol-
dern u. dergl. bewachſen, und beſteht ganz aus Schie-
fer, der an der Luft verwittert. Man deckt auch durch-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/133>, abgerufen am 25.11.2024.
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