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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Den 24sten Sept.

Heute war ich wieder bei Hrn. D. Schulze, und
fuhr mit Besehung seiner Insekten fort.

Mittags speiste ich in sehr angenehmer Gesellschaft
bei Hrn. Grotjahn aufm Garten, und dann machten
wir eine Spazierfahrt an der Elbe nach Dockenhu-
den,
auf Stuhlwagen, wo wir auch Knaben nach dem
Ziel springen liessen. Auf den Abend waren wir wieder
aufm Garten, und unsere Herzen waren frölich.

Den 25sten Sept.

Früh machte ich Hrn. D. Reimarus, dem Sohne
des seel. Sam. Reimarus, einen Besuch, war alsdann
wieder bei Hrn. D. Schulze, und ging die Versteine-
rungen durch. Hierauf nahm ich die

Neue Michaeliskirche in Augenschein. Die alte
ward durch einen Blitzstrahl in die Asche gelegt. Diese
neue kostet 100,000. Mark, und ist noch nicht fertig.
Sie steht ganz auf einem herlichen Gewölbe für die Lei-
chen, und ist mit schwedischem Kupfer gedeckt, das der
König lizentfrei ausführen lies. Das Altarblatt stellt
die Auferstehung vor, und ist von Tischbein. Die
Hauptfigur taugt nichts, das Morgenroth und das Schre-
cken der Hüter aber sind gar vortreflich ausgedrückt. Der
Thurm hat 566. Stufen; 436. stiegen wir hinauf, und
hier hatten wir auf der Kuppel eine herliche Aussicht.
Man sieht durch ein englisches Teleskop Lüneburg, das
Silber der Elbe, die Schiffe, wie sie ankommen und ab-
gehen, das Baumhaus umringt von Schiffen! O, die
grosse Stadt! Die Kuppel wird von 10. kupfernen Säu-
len getragen! In der Mitte ist ein hohler kupferner Cy-

linder.
O 4
Den 24ſten Sept.

Heute war ich wieder bei Hrn. D. Schulze, und
fuhr mit Beſehung ſeiner Inſekten fort.

Mittags ſpeiſte ich in ſehr angenehmer Geſellſchaft
bei Hrn. Grotjahn aufm Garten, und dann machten
wir eine Spazierfahrt an der Elbe nach Dockenhu-
den,
auf Stuhlwagen, wo wir auch Knaben nach dem
Ziel ſpringen lieſſen. Auf den Abend waren wir wieder
aufm Garten, und unſere Herzen waren froͤlich.

Den 25ſten Sept.

Fruͤh machte ich Hrn. D. Reimarus, dem Sohne
des ſeel. Sam. Reimarus, einen Beſuch, war alsdann
wieder bei Hrn. D. Schulze, und ging die Verſteine-
rungen durch. Hierauf nahm ich die

Neue Michaeliskirche in Augenſchein. Die alte
ward durch einen Blitzſtrahl in die Aſche gelegt. Dieſe
neue koſtet 100,000. Mark, und iſt noch nicht fertig.
Sie ſteht ganz auf einem herlichen Gewoͤlbe fuͤr die Lei-
chen, und iſt mit ſchwediſchem Kupfer gedeckt, das der
Koͤnig lizentfrei ausfuͤhren lies. Das Altarblatt ſtellt
die Auferſtehung vor, und iſt von Tiſchbein. Die
Hauptfigur taugt nichts, das Morgenroth und das Schre-
cken der Huͤter aber ſind gar vortreflich ausgedruͤckt. Der
Thurm hat 566. Stufen; 436. ſtiegen wir hinauf, und
hier hatten wir auf der Kuppel eine herliche Ausſicht.
Man ſieht durch ein engliſches Teleskop Luͤneburg, das
Silber der Elbe, die Schiffe, wie ſie ankommen und ab-
gehen, das Baumhaus umringt von Schiffen! O, die
groſſe Stadt! Die Kuppel wird von 10. kupfernen Saͤu-
len getragen! In der Mitte iſt ein hohler kupferner Cy-

linder.
O 4
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[215/0253] Den 24ſten Sept. Heute war ich wieder bei Hrn. D. Schulze, und fuhr mit Beſehung ſeiner Inſekten fort. Mittags ſpeiſte ich in ſehr angenehmer Geſellſchaft bei Hrn. Grotjahn aufm Garten, und dann machten wir eine Spazierfahrt an der Elbe nach Dockenhu- den, auf Stuhlwagen, wo wir auch Knaben nach dem Ziel ſpringen lieſſen. Auf den Abend waren wir wieder aufm Garten, und unſere Herzen waren froͤlich. Den 25ſten Sept. Fruͤh machte ich Hrn. D. Reimarus, dem Sohne des ſeel. Sam. Reimarus, einen Beſuch, war alsdann wieder bei Hrn. D. Schulze, und ging die Verſteine- rungen durch. Hierauf nahm ich die Neue Michaeliskirche in Augenſchein. Die alte ward durch einen Blitzſtrahl in die Aſche gelegt. Dieſe neue koſtet 100,000. Mark, und iſt noch nicht fertig. Sie ſteht ganz auf einem herlichen Gewoͤlbe fuͤr die Lei- chen, und iſt mit ſchwediſchem Kupfer gedeckt, das der Koͤnig lizentfrei ausfuͤhren lies. Das Altarblatt ſtellt die Auferſtehung vor, und iſt von Tiſchbein. Die Hauptfigur taugt nichts, das Morgenroth und das Schre- cken der Huͤter aber ſind gar vortreflich ausgedruͤckt. Der Thurm hat 566. Stufen; 436. ſtiegen wir hinauf, und hier hatten wir auf der Kuppel eine herliche Ausſicht. Man ſieht durch ein engliſches Teleskop Luͤneburg, das Silber der Elbe, die Schiffe, wie ſie ankommen und ab- gehen, das Baumhaus umringt von Schiffen! O, die groſſe Stadt! Die Kuppel wird von 10. kupfernen Saͤu- len getragen! In der Mitte iſt ein hohler kupferner Cy- linder. O 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/253>, abgerufen am 24.11.2024.