noch von dem einzigen Baume 2. Gulden und 45. Kreu- zer. In diesem Jahre hatte der nämliche Baum wieder so viele, daß man anfing, sie zu dörren, und wieder auf- gekocht waren sie als ein Beiessen bei Braten sehr schmack- haft. Auch hat man daran eine köstliche Erquickung für die Kranken. Weil jedermann so viel Obst hat, so macht man auch Cyder oder Aepfelmost davon; das Maas kostet insgemein 4. Kreuzer; im Sommer gibt man diesen Trank den Weingärtnern, Tagelöhnern, und andern Handwerksleuten. Mancher Cyder ist freilich schlechter als Wasser, weil ihn viele Leute nicht zu berei- ten und nicht zu erhalten wissen. Wenn man nicht un- ter einen Fuhrling Cyder ein Maas Branntwein mengt, so hält er sich nicht. Ehemals hatte man Apfelmost in der Stadt, der zwei, auch drei Jahre alt, und alsdann vorzüglich gut war. Die Sommerbirnen kan man nicht dazu brauchen, weil sie schnell teig werden, desto besser sind diese zum Dörren und Essen im Winter. Aus Cyder kan man keinen Essig machen, und wenn das Obst von der Kelter, wo es ausgepreßt wurde, abgenom- men wird, so fressen es die Schweine nicht einmahl. Es ist zu weiter nichts mehr gut, als daß man es auf den Misthaufen wirft.
Die Wiesen, die der Stadt gehören, liegen nach einem Dorfe am Rhein zu, gegen Otterstadt. Die meisten aber sind über den Strom, wo 5--6000. Mor- gen aneinander sind, lauter kostbare Wiesen, die gewäs- sert und zweimal gemäht werden können. Aber freilich thut der Rhein auch zuweilen grossen Schaden.
Der Speirer Weidgang ist ein langer Bezirk, dessen Umfang etwa zwei Stunden beträgt. Man un-
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noch von dem einzigen Baume 2. Gulden und 45. Kreu- zer. In dieſem Jahre hatte der naͤmliche Baum wieder ſo viele, daß man anfing, ſie zu doͤrren, und wieder auf- gekocht waren ſie als ein Beieſſen bei Braten ſehr ſchmack- haft. Auch hat man daran eine koͤſtliche Erquickung fuͤr die Kranken. Weil jedermann ſo viel Obſt hat, ſo macht man auch Cyder oder Aepfelmoſt davon; das Maas koſtet insgemein 4. Kreuzer; im Sommer gibt man dieſen Trank den Weingaͤrtnern, Tageloͤhnern, und andern Handwerksleuten. Mancher Cyder iſt freilich ſchlechter als Waſſer, weil ihn viele Leute nicht zu berei- ten und nicht zu erhalten wiſſen. Wenn man nicht un- ter einen Fuhrling Cyder ein Maas Branntwein mengt, ſo haͤlt er ſich nicht. Ehemals hatte man Apfelmoſt in der Stadt, der zwei, auch drei Jahre alt, und alsdann vorzuͤglich gut war. Die Sommerbirnen kan man nicht dazu brauchen, weil ſie ſchnell teig werden, deſto beſſer ſind dieſe zum Doͤrren und Eſſen im Winter. Aus Cyder kan man keinen Eſſig machen, und wenn das Obſt von der Kelter, wo es ausgepreßt wurde, abgenom- men wird, ſo freſſen es die Schweine nicht einmahl. Es iſt zu weiter nichts mehr gut, als daß man es auf den Miſthaufen wirft.
Die Wieſen, die der Stadt gehoͤren, liegen nach einem Dorfe am Rhein zu, gegen Otterſtadt. Die meiſten aber ſind uͤber den Strom, wo 5—6000. Mor- gen aneinander ſind, lauter koſtbare Wieſen, die gewaͤſ- ſert und zweimal gemaͤht werden koͤnnen. Aber freilich thut der Rhein auch zuweilen groſſen Schaden.
Der Speirer Weidgang iſt ein langer Bezirk, deſſen Umfang etwa zwei Stunden betraͤgt. Man un-
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noch von dem einzigen Baume 2. Gulden und 45. Kreu-
zer. In dieſem Jahre hatte der naͤmliche Baum wieder
ſo viele, daß man anfing, ſie zu doͤrren, und wieder auf-
gekocht waren ſie als ein Beieſſen bei Braten ſehr ſchmack-
haft. Auch hat man daran eine koͤſtliche Erquickung fuͤr
die Kranken. Weil jedermann ſo viel Obſt hat, ſo
macht man auch Cyder oder Aepfelmoſt davon; das
Maas koſtet insgemein 4. Kreuzer; im Sommer gibt
man dieſen Trank den Weingaͤrtnern, Tageloͤhnern, und
andern Handwerksleuten. Mancher Cyder iſt freilich
ſchlechter als Waſſer, weil ihn viele Leute nicht zu berei-
ten und nicht zu erhalten wiſſen. Wenn man nicht un-
ter einen Fuhrling Cyder ein Maas Branntwein mengt,
ſo haͤlt er ſich nicht. Ehemals hatte man Apfelmoſt in
der Stadt, der zwei, auch drei Jahre alt, und alsdann
vorzuͤglich gut war. Die Sommerbirnen kan man
nicht dazu brauchen, weil ſie ſchnell teig werden, deſto
beſſer ſind dieſe zum Doͤrren und Eſſen im Winter. Aus
Cyder kan man keinen Eſſig machen, und wenn das
Obſt von der Kelter, wo es ausgepreßt wurde, abgenom-
men wird, ſo freſſen es die Schweine nicht einmahl. Es
iſt zu weiter nichts mehr gut, als daß man es auf den
Miſthaufen wirft.
Die Wieſen, die der Stadt gehoͤren, liegen nach
einem Dorfe am Rhein zu, gegen Otterſtadt. Die
meiſten aber ſind uͤber den Strom, wo 5—6000. Mor-
gen aneinander ſind, lauter koſtbare Wieſen, die gewaͤſ-
ſert und zweimal gemaͤht werden koͤnnen. Aber freilich
thut der Rhein auch zuweilen groſſen Schaden.
Der Speirer Weidgang iſt ein langer Bezirk,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/348>, abgerufen am 25.11.2024.
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