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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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terscheidet die Rheinhäuser Weide, die Altspeirer
Weide vor dem Wormser Thor, und die Hasenpfuler
Weide. Das letzte ist der Namen einer Vorstadt, die
viel tiefer liegt, als die Stadt selber. An der Rhein-
häuser
Weide haben alle Bürger Antheil, aber die bei-
den andern sind den Einwohnern jener Vorstädte eigen.
Man hat auch in Speier schon von der Abschaffung die-
ser Almenden geredet, aber noch wollen die Bürger nichts
davon hören. Sie wissen, daß in Reichsstädten das
Gute immer etwas langsamer wächst, und später zu
Stande kommt, als in andern Verfassungen, wiewohl
es nicht allgemein wahr ist. Man zaudert an andern
Orten auch, und bedenkt sich über jede Kleinigkeit oft un-
erträglich lange.

Zu den Waldungen der Stadt gehört der sogenann-
te Streitwald, worinnen Fichten, Föhren, Eichen,
Espen, Birken und andere Bäume vorkommen. Nicht
eine einzige Tanne, das Klima ist zu warm dazu. Ei-
chen gedeihen nicht sonderlich, weil der Boden Sand ist.
Man sieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der
grossen Mordbrenner an. Die Stadt läßt alle Jahre in
diesem Walde Holz für das Rathhaus schlagen, und so
viel, als zu Besoldungen nöthig ist, hauen. Die Bür-
ger müssen alle ihr Holz kaufen. Von der Murz kom-
men grosse Flöße an, auch aus Neuburg und aus den
Pfälzischen Waldungen. Am Rheinufer ist immer
eine starke Niederlage von Holz, man kan sicher in jedem
Jahre viel tausend Klaftern rechnen. Daher es auch
nach dem eigenen Urtheil der Bürger nicht theuer ist.
Sechs Guldeu kostet die Klafter Büchenholz. Ferner
verkauft die Stadt, und auch die Hospitäler verkaufen

jährlich
U 4

terſcheidet die Rheinhaͤuſer Weide, die Altſpeirer
Weide vor dem Wormſer Thor, und die Haſenpfuler
Weide. Das letzte iſt der Namen einer Vorſtadt, die
viel tiefer liegt, als die Stadt ſelber. An der Rhein-
haͤuſer
Weide haben alle Buͤrger Antheil, aber die bei-
den andern ſind den Einwohnern jener Vorſtaͤdte eigen.
Man hat auch in Speier ſchon von der Abſchaffung die-
ſer Almenden geredet, aber noch wollen die Buͤrger nichts
davon hoͤren. Sie wiſſen, daß in Reichsſtaͤdten das
Gute immer etwas langſamer waͤchſt, und ſpaͤter zu
Stande kommt, als in andern Verfaſſungen, wiewohl
es nicht allgemein wahr iſt. Man zaudert an andern
Orten auch, und bedenkt ſich uͤber jede Kleinigkeit oft un-
ertraͤglich lange.

Zu den Waldungen der Stadt gehoͤrt der ſogenann-
te Streitwald, worinnen Fichten, Foͤhren, Eichen,
Eſpen, Birken und andere Baͤume vorkommen. Nicht
eine einzige Tanne, das Klima iſt zu warm dazu. Ei-
chen gedeihen nicht ſonderlich, weil der Boden Sand iſt.
Man ſieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der
groſſen Mordbrenner an. Die Stadt laͤßt alle Jahre in
dieſem Walde Holz fuͤr das Rathhaus ſchlagen, und ſo
viel, als zu Beſoldungen noͤthig iſt, hauen. Die Buͤr-
ger muͤſſen alle ihr Holz kaufen. Von der Murz kom-
men groſſe Floͤße an, auch aus Neuburg und aus den
Pfaͤlziſchen Waldungen. Am Rheinufer iſt immer
eine ſtarke Niederlage von Holz, man kan ſicher in jedem
Jahre viel tauſend Klaftern rechnen. Daher es auch
nach dem eigenen Urtheil der Buͤrger nicht theuer iſt.
Sechs Guldeu koſtet die Klafter Buͤchenholz. Ferner
verkauft die Stadt, und auch die Hoſpitaͤler verkaufen

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[311/0349] terſcheidet die Rheinhaͤuſer Weide, die Altſpeirer Weide vor dem Wormſer Thor, und die Haſenpfuler Weide. Das letzte iſt der Namen einer Vorſtadt, die viel tiefer liegt, als die Stadt ſelber. An der Rhein- haͤuſer Weide haben alle Buͤrger Antheil, aber die bei- den andern ſind den Einwohnern jener Vorſtaͤdte eigen. Man hat auch in Speier ſchon von der Abſchaffung die- ſer Almenden geredet, aber noch wollen die Buͤrger nichts davon hoͤren. Sie wiſſen, daß in Reichsſtaͤdten das Gute immer etwas langſamer waͤchſt, und ſpaͤter zu Stande kommt, als in andern Verfaſſungen, wiewohl es nicht allgemein wahr iſt. Man zaudert an andern Orten auch, und bedenkt ſich uͤber jede Kleinigkeit oft un- ertraͤglich lange. Zu den Waldungen der Stadt gehoͤrt der ſogenann- te Streitwald, worinnen Fichten, Foͤhren, Eichen, Eſpen, Birken und andere Baͤume vorkommen. Nicht eine einzige Tanne, das Klima iſt zu warm dazu. Ei- chen gedeihen nicht ſonderlich, weil der Boden Sand iſt. Man ſieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der groſſen Mordbrenner an. Die Stadt laͤßt alle Jahre in dieſem Walde Holz fuͤr das Rathhaus ſchlagen, und ſo viel, als zu Beſoldungen noͤthig iſt, hauen. Die Buͤr- ger muͤſſen alle ihr Holz kaufen. Von der Murz kom- men groſſe Floͤße an, auch aus Neuburg und aus den Pfaͤlziſchen Waldungen. Am Rheinufer iſt immer eine ſtarke Niederlage von Holz, man kan ſicher in jedem Jahre viel tauſend Klaftern rechnen. Daher es auch nach dem eigenen Urtheil der Buͤrger nicht theuer iſt. Sechs Guldeu koſtet die Klafter Buͤchenholz. Ferner verkauft die Stadt, und auch die Hoſpitaͤler verkaufen jaͤhrlich U 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/349>, abgerufen am 25.11.2024.