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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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gemeinen Christen immer in solchen falschen und schädli-
chen Einbildungen stärken, und ihnen ihr Geld bald da,
bald dort, bald auf diese, bald auf eine andre schändliche
Art auspressen. Es ist nicht möglich, daß nicht die
Weisen unter ihnen die betrübten Folgen solcher blinden
Ceremonien einsehen sollten. Wenn aber sie und ihre
Untergebene gleichwohl nicht aufhören, das Spiel im-
mer fortzusetzen, und ganze Schwärme von Leuten aus
ihren Häufern wegzujagen, um in einer entfernten Ka-
pelle zu beten, und unterdessen, daß das Hauswesen ver-
säumt, die Kinderzucht vernachlässigt, und das sauer
erworbene Geld auf die allerunnützeste und unbesonnenste
Weise ausser Landes verschwendet wird, auf dem Wege,
in Scheuren und Stallungen, und überall, wo man um
des Regenwetters willen liegen bleiben muß, im heiligen
Müssiggang und der innigen Vertraulichkeit, die aus
langen gemeinschaftlich gemachten Reisen entsteht, alle
mögliche Ausschweisungen und Wollüste zu treiben; wenn
die Lehrer der Kirche das und manches andre, das hierbei
in Betrachtung kommen muß, nicht bald einsehen wol-
len, so müssen wir freilich für das Beste der Menschheit
wünschen, daß Gott den Monarchen, den er dazu be-
stimmt zu haben scheint, fromme Weisheit überall lehren
zu lassen, und das Ungeheuer der Intoleranz zu verjagen,
mit Klugheit und Macht ausrüste, und ihn auf seinem
Kaiserthron schütze und befestige, bis der Irrthum ge-
stürzt und die Priesterherrschaft zu Boden geworfen seyn
wird. Aus dem Taumelkelch, der in Marien Ein-
siedel
geschenkt wird, trinken gar viele. Vielleicht ist
es in dieser ganzen Gegend die stärkste Wallfahrt.

Nur
Z 2

gemeinen Chriſten immer in ſolchen falſchen und ſchaͤdli-
chen Einbildungen ſtaͤrken, und ihnen ihr Geld bald da,
bald dort, bald auf dieſe, bald auf eine andre ſchaͤndliche
Art auspreſſen. Es iſt nicht moͤglich, daß nicht die
Weiſen unter ihnen die betruͤbten Folgen ſolcher blinden
Ceremonien einſehen ſollten. Wenn aber ſie und ihre
Untergebene gleichwohl nicht aufhoͤren, das Spiel im-
mer fortzuſetzen, und ganze Schwaͤrme von Leuten aus
ihren Haͤufern wegzujagen, um in einer entfernten Ka-
pelle zu beten, und unterdeſſen, daß das Hausweſen ver-
ſaͤumt, die Kinderzucht vernachlaͤſſigt, und das ſauer
erworbene Geld auf die allerunnuͤtzeſte und unbeſonnenſte
Weiſe auſſer Landes verſchwendet wird, auf dem Wege,
in Scheuren und Stallungen, und uͤberall, wo man um
des Regenwetters willen liegen bleiben muß, im heiligen
Muͤſſiggang und der innigen Vertraulichkeit, die aus
langen gemeinſchaftlich gemachten Reiſen entſteht, alle
moͤgliche Ausſchweiſungen und Wolluͤſte zu treiben; wenn
die Lehrer der Kirche das und manches andre, das hierbei
in Betrachtung kommen muß, nicht bald einſehen wol-
len, ſo muͤſſen wir freilich fuͤr das Beſte der Menſchheit
wuͤnſchen, daß Gott den Monarchen, den er dazu be-
ſtimmt zu haben ſcheint, fromme Weisheit uͤberall lehren
zu laſſen, und das Ungeheuer der Intoleranz zu verjagen,
mit Klugheit und Macht ausruͤſte, und ihn auf ſeinem
Kaiſerthron ſchuͤtze und befeſtige, bis der Irrthum ge-
ſtuͤrzt und die Prieſterherrſchaft zu Boden geworfen ſeyn
wird. Aus dem Taumelkelch, der in Marien Ein-
ſiedel
geſchenkt wird, trinken gar viele. Vielleicht iſt
es in dieſer ganzen Gegend die ſtaͤrkſte Wallfahrt.

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[355/0393] gemeinen Chriſten immer in ſolchen falſchen und ſchaͤdli- chen Einbildungen ſtaͤrken, und ihnen ihr Geld bald da, bald dort, bald auf dieſe, bald auf eine andre ſchaͤndliche Art auspreſſen. Es iſt nicht moͤglich, daß nicht die Weiſen unter ihnen die betruͤbten Folgen ſolcher blinden Ceremonien einſehen ſollten. Wenn aber ſie und ihre Untergebene gleichwohl nicht aufhoͤren, das Spiel im- mer fortzuſetzen, und ganze Schwaͤrme von Leuten aus ihren Haͤufern wegzujagen, um in einer entfernten Ka- pelle zu beten, und unterdeſſen, daß das Hausweſen ver- ſaͤumt, die Kinderzucht vernachlaͤſſigt, und das ſauer erworbene Geld auf die allerunnuͤtzeſte und unbeſonnenſte Weiſe auſſer Landes verſchwendet wird, auf dem Wege, in Scheuren und Stallungen, und uͤberall, wo man um des Regenwetters willen liegen bleiben muß, im heiligen Muͤſſiggang und der innigen Vertraulichkeit, die aus langen gemeinſchaftlich gemachten Reiſen entſteht, alle moͤgliche Ausſchweiſungen und Wolluͤſte zu treiben; wenn die Lehrer der Kirche das und manches andre, das hierbei in Betrachtung kommen muß, nicht bald einſehen wol- len, ſo muͤſſen wir freilich fuͤr das Beſte der Menſchheit wuͤnſchen, daß Gott den Monarchen, den er dazu be- ſtimmt zu haben ſcheint, fromme Weisheit uͤberall lehren zu laſſen, und das Ungeheuer der Intoleranz zu verjagen, mit Klugheit und Macht ausruͤſte, und ihn auf ſeinem Kaiſerthron ſchuͤtze und befeſtige, bis der Irrthum ge- ſtuͤrzt und die Prieſterherrſchaft zu Boden geworfen ſeyn wird. Aus dem Taumelkelch, der in Marien Ein- ſiedel geſchenkt wird, trinken gar viele. Vielleicht iſt es in dieſer ganzen Gegend die ſtaͤrkſte Wallfahrt. Nur Z 2

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/393>, abgerufen am 22.11.2024.