schleifen, und mir in kurzer Zeit eine prächtige Samm- lung von inländischen und wohlfeilen Schönheiten ver- schaffen!
Von Waldkirch ritt ich durch einige Hochbergische Dörfer, z. E. Denzlingen, Gundelfingen, um wie- der auf die gerade Strasse zu kommen, die nach der Schweiz zuläuft. Sie führt durch Freiburg wo ich mich jetzt nicht aufhielt, um so weniger, da mein Freund, der einzige, den ich in der Stadt besuchen wollte, nicht zu Hause war. Von Freiburg ritt ich noch eine Sta- tion fort nach Grozingen, und fand unterweges die Oberländer Bauern überall stark mit ihrem Herbst be- schäftigt. In Wolfenweiler (Oberamts Baaden- weiler) hat man meistens weisse Weine, weil sie lau- ter Mostrauben haben, keine rothe, und keine Ebertrau- ben, indem sie blos auf die Menge des Weins sehen. Die Schwaben und sogenannte Wälder kaufen ihnen diesen Wein meistens ab, sie verlangen aber, daß der Wein gelber seyn soll; daher thun sie auch, was an so vielen Orten in der Welt, im Grossen und im Kleinen geschieht, sie lassen Zucker über dem Feuer schmelzen, und thun ihn in den Wein. Man rechnet auf Ein Saum Wein Ein Pfund Zucker. Wenige Tropfen vertheilen und ziehen sich im ganzen Fuhrling herum. Die Marg- gräflich Baadische Unterthanen lernen diese Künste von den Einwohnern des Schwabenlandes. Denn die Schwaben treiben das ungescheut, und färben gleich im Baadischen Wirthshause den Wein, den sie gekauft ha- ben. Sonst ist der Wein hier so gut, daß man schon zweijährigen Wein insgemein als einen sehr guken Wein Fremden vorsetzen kan. Und heuer galt das Maas vom zweijährigen Wein in Wolfenweiler nicht mehr als
16. Kreuzer
Zweiter Theil. A a
ſchleifen, und mir in kurzer Zeit eine praͤchtige Samm- lung von inlaͤndiſchen und wohlfeilen Schoͤnheiten ver- ſchaffen!
Von Waldkirch ritt ich durch einige Hochbergiſche Doͤrfer, z. E. Denzlingen, Gundelfingen, um wie- der auf die gerade Straſſe zu kommen, die nach der Schweiz zulaͤuft. Sie fuͤhrt durch Freiburg wo ich mich jetzt nicht aufhielt, um ſo weniger, da mein Freund, der einzige, den ich in der Stadt beſuchen wollte, nicht zu Hauſe war. Von Freiburg ritt ich noch eine Sta- tion fort nach Grozingen, und fand unterweges die Oberlaͤnder Bauern uͤberall ſtark mit ihrem Herbſt be- ſchaͤftigt. In Wolfenweiler (Oberamts Baaden- weiler) hat man meiſtens weiſſe Weine, weil ſie lau- ter Moſtrauben haben, keine rothe, und keine Ebertrau- ben, indem ſie blos auf die Menge des Weins ſehen. Die Schwaben und ſogenannte Waͤlder kaufen ihnen dieſen Wein meiſtens ab, ſie verlangen aber, daß der Wein gelber ſeyn ſoll; daher thun ſie auch, was an ſo vielen Orten in der Welt, im Groſſen und im Kleinen geſchieht, ſie laſſen Zucker uͤber dem Feuer ſchmelzen, und thun ihn in den Wein. Man rechnet auf Ein Saum Wein Ein Pfund Zucker. Wenige Tropfen vertheilen und ziehen ſich im ganzen Fuhrling herum. Die Marg- graͤflich Baadiſche Unterthanen lernen dieſe Kuͤnſte von den Einwohnern des Schwabenlandes. Denn die Schwaben treiben das ungeſcheut, und faͤrben gleich im Baadiſchen Wirthshauſe den Wein, den ſie gekauft ha- ben. Sonſt iſt der Wein hier ſo gut, daß man ſchon zweijaͤhrigen Wein insgemein als einen ſehr guken Wein Fremden vorſetzen kan. Und heuer galt das Maas vom zweijaͤhrigen Wein in Wolfenweiler nicht mehr als
16. Kreuzer
Zweiter Theil. A a
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ſchleifen, und mir in kurzer Zeit eine praͤchtige Samm-
lung von inlaͤndiſchen und wohlfeilen Schoͤnheiten ver-
ſchaffen!
Von Waldkirch ritt ich durch einige Hochbergiſche
Doͤrfer, z. E. Denzlingen, Gundelfingen, um wie-
der auf die gerade Straſſe zu kommen, die nach der
Schweiz zulaͤuft. Sie fuͤhrt durch Freiburg wo ich
mich jetzt nicht aufhielt, um ſo weniger, da mein Freund,
der einzige, den ich in der Stadt beſuchen wollte, nicht
zu Hauſe war. Von Freiburg ritt ich noch eine Sta-
tion fort nach Grozingen, und fand unterweges die
Oberlaͤnder Bauern uͤberall ſtark mit ihrem Herbſt be-
ſchaͤftigt. In Wolfenweiler (Oberamts Baaden-
weiler) hat man meiſtens weiſſe Weine, weil ſie lau-
ter Moſtrauben haben, keine rothe, und keine Ebertrau-
ben, indem ſie blos auf die Menge des Weins ſehen.
Die Schwaben und ſogenannte Waͤlder kaufen ihnen
dieſen Wein meiſtens ab, ſie verlangen aber, daß der
Wein gelber ſeyn ſoll; daher thun ſie auch, was an ſo
vielen Orten in der Welt, im Groſſen und im Kleinen
geſchieht, ſie laſſen Zucker uͤber dem Feuer ſchmelzen, und
thun ihn in den Wein. Man rechnet auf Ein Saum
Wein Ein Pfund Zucker. Wenige Tropfen vertheilen
und ziehen ſich im ganzen Fuhrling herum. Die Marg-
graͤflich Baadiſche Unterthanen lernen dieſe Kuͤnſte von
den Einwohnern des Schwabenlandes. Denn die
Schwaben treiben das ungeſcheut, und faͤrben gleich im
Baadiſchen Wirthshauſe den Wein, den ſie gekauft ha-
ben. Sonſt iſt der Wein hier ſo gut, daß man ſchon
zweijaͤhrigen Wein insgemein als einen ſehr guken Wein
Fremden vorſetzen kan. Und heuer galt das Maas vom
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/407>, abgerufen am 22.11.2024.
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