Wer sind sie? fragte der andre, Donus, Donas machte der dritte aus dem Namen des Dichters, nun hatte ich genug, und lies die Unwürdigen ohne Kompli- mente stehen. -- Trauriges Schicksal der hellsten und fähigsten Köpfe, daß ihre Lichtstralen immer mehr in der Ferne wirken, als in der Nähe! Bei solchen und ähnli- chen Auftritten dankt man's freilich der Vorsehung, daß sie einmahl einen Fürsten auf den Thron setzte, der nicht vergeblich leben und die Majestät seiner Würde geniessen will.
Mir wiederfuhr indessen doch hier die Ehre, daß ein Hildburghäusischer Geh. Rath Hr. von Fischer mit sei- ner Gemahlin, und ein Kaiserl. alter christlicher General von Frise, der ebenfalls mit seiner Gemahlin meine Schrif- ten, besonders die von der Vorsehung etc. liest, mich zu sich bitten liessen.
Obgleich Bürger und Handwerksleute hier sehr leicht viel Geld verdienen, und sich alles schrecklich bezah- len lassen, so verzehren sie auch wieder alles eben so schnell; denn Jedermann ist hier, wie ich schon gesagt, in der Ueppigkeit ersoffen, und einer lernt das Schwelgen vom andern, z. B. Leute von der gemeinsten Gattung gehen in den Prater spazieren, fahren im Karoussel einen ganzen Nachmittag, und fressen und saufen bis auf den Abend.
Daher ists kein Wunder, daß auch die Domesti- ken verdorben sind. Wer im Hause ißt, z. B. Haus- knecht, Köchin, Stubenmagd etc. verlangt nicht nur alle Mahlzeiten Suppe, Rindfleisch, Gemüse und Beilage, sondern man muß ihnen noch ausserdem das sogenannte Fastengeld geben, d. h. statt des Bratens gibt man
dem
Wer ſind ſie? fragte der andre, Donus, Donas machte der dritte aus dem Namen des Dichters, nun hatte ich genug, und lies die Unwuͤrdigen ohne Kompli- mente ſtehen. — Trauriges Schickſal der hellſten und faͤhigſten Koͤpfe, daß ihre Lichtſtralen immer mehr in der Ferne wirken, als in der Naͤhe! Bei ſolchen und aͤhnli- chen Auftritten dankt man’s freilich der Vorſehung, daß ſie einmahl einen Fuͤrſten auf den Thron ſetzte, der nicht vergeblich leben und die Majeſtaͤt ſeiner Wuͤrde genieſſen will.
Mir wiederfuhr indeſſen doch hier die Ehre, daß ein Hildburghaͤuſiſcher Geh. Rath Hr. von Fiſcher mit ſei- ner Gemahlin, und ein Kaiſerl. alter chriſtlicher General von Friſe, der ebenfalls mit ſeiner Gemahlin meine Schrif- ten, beſonders die von der Vorſehung ꝛc. lieſt, mich zu ſich bitten lieſſen.
Obgleich Buͤrger und Handwerksleute hier ſehr leicht viel Geld verdienen, und ſich alles ſchrecklich bezah- len laſſen, ſo verzehren ſie auch wieder alles eben ſo ſchnell; denn Jedermann iſt hier, wie ich ſchon geſagt, in der Ueppigkeit erſoffen, und einer lernt das Schwelgen vom andern, z. B. Leute von der gemeinſten Gattung gehen in den Prater ſpazieren, fahren im Karouſſel einen ganzen Nachmittag, und freſſen und ſaufen bis auf den Abend.
Daher iſts kein Wunder, daß auch die Domeſti- ken verdorben ſind. Wer im Hauſe ißt, z. B. Haus- knecht, Koͤchin, Stubenmagd ꝛc. verlangt nicht nur alle Mahlzeiten Suppe, Rindfleiſch, Gemuͤſe und Beilage, ſondern man muß ihnen noch auſſerdem das ſogenannte Faſtengeld geben, d. h. ſtatt des Bratens gibt man
dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0514"n="476"/>
Wer ſind ſie? fragte der andre, <hirendition="#fr">Donus, Donas</hi><lb/>
machte der dritte aus dem Namen des Dichters, nun<lb/>
hatte ich genug, und lies die Unwuͤrdigen ohne Kompli-<lb/>
mente ſtehen. — Trauriges Schickſal der hellſten und<lb/>
faͤhigſten Koͤpfe, daß ihre Lichtſtralen immer mehr in der<lb/>
Ferne wirken, als in der Naͤhe! Bei ſolchen und aͤhnli-<lb/>
chen Auftritten dankt man’s freilich der Vorſehung, daß<lb/>ſie einmahl einen Fuͤrſten auf den Thron ſetzte, der nicht<lb/>
vergeblich leben und die Majeſtaͤt ſeiner Wuͤrde genieſſen<lb/>
will.</p><lb/><p>Mir wiederfuhr indeſſen doch hier die Ehre, daß ein<lb/><hirendition="#fr">Hildburghaͤuſi</hi>ſcher Geh. Rath Hr. <hirendition="#fr">von Fiſcher</hi> mit ſei-<lb/>
ner Gemahlin, und ein Kaiſerl. alter chriſtlicher General<lb/><hirendition="#fr">von Friſe,</hi> der ebenfalls mit ſeiner Gemahlin meine Schrif-<lb/>
ten, beſonders die <hirendition="#fr">von der Vorſehung</hi>ꝛc. lieſt, mich<lb/>
zu ſich bitten lieſſen.</p><lb/><p>Obgleich <hirendition="#fr">Buͤrger</hi> und <hirendition="#fr">Handwerksleute</hi> hier ſehr<lb/>
leicht viel Geld verdienen, und ſich alles ſchrecklich bezah-<lb/>
len laſſen, ſo verzehren ſie auch wieder alles eben ſo<lb/>ſchnell; denn Jedermann iſt hier, wie ich ſchon geſagt,<lb/>
in der Ueppigkeit erſoffen, und einer lernt das Schwelgen<lb/>
vom andern, z. B. Leute von der gemeinſten Gattung<lb/>
gehen in den <hirendition="#fr">Prater</hi>ſpazieren, fahren im <hirendition="#fr">Karouſſel</hi><lb/>
einen ganzen Nachmittag, und freſſen und ſaufen bis auf<lb/>
den Abend.</p><lb/><p>Daher iſts kein Wunder, daß auch die <hirendition="#fr">Domeſti-<lb/>
ken</hi> verdorben ſind. Wer im Hauſe ißt, z. B. Haus-<lb/>
knecht, Koͤchin, Stubenmagd ꝛc. verlangt nicht nur alle<lb/>
Mahlzeiten Suppe, Rindfleiſch, Gemuͤſe und Beilage,<lb/>ſondern man muß ihnen noch auſſerdem das ſogenannte<lb/><hirendition="#fr">Faſtengeld</hi> geben, d. h. ſtatt des <hirendition="#fr">Bratens</hi> gibt man<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dem</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[476/0514]
Wer ſind ſie? fragte der andre, Donus, Donas
machte der dritte aus dem Namen des Dichters, nun
hatte ich genug, und lies die Unwuͤrdigen ohne Kompli-
mente ſtehen. — Trauriges Schickſal der hellſten und
faͤhigſten Koͤpfe, daß ihre Lichtſtralen immer mehr in der
Ferne wirken, als in der Naͤhe! Bei ſolchen und aͤhnli-
chen Auftritten dankt man’s freilich der Vorſehung, daß
ſie einmahl einen Fuͤrſten auf den Thron ſetzte, der nicht
vergeblich leben und die Majeſtaͤt ſeiner Wuͤrde genieſſen
will.
Mir wiederfuhr indeſſen doch hier die Ehre, daß ein
Hildburghaͤuſiſcher Geh. Rath Hr. von Fiſcher mit ſei-
ner Gemahlin, und ein Kaiſerl. alter chriſtlicher General
von Friſe, der ebenfalls mit ſeiner Gemahlin meine Schrif-
ten, beſonders die von der Vorſehung ꝛc. lieſt, mich
zu ſich bitten lieſſen.
Obgleich Buͤrger und Handwerksleute hier ſehr
leicht viel Geld verdienen, und ſich alles ſchrecklich bezah-
len laſſen, ſo verzehren ſie auch wieder alles eben ſo
ſchnell; denn Jedermann iſt hier, wie ich ſchon geſagt,
in der Ueppigkeit erſoffen, und einer lernt das Schwelgen
vom andern, z. B. Leute von der gemeinſten Gattung
gehen in den Prater ſpazieren, fahren im Karouſſel
einen ganzen Nachmittag, und freſſen und ſaufen bis auf
den Abend.
Daher iſts kein Wunder, daß auch die Domeſti-
ken verdorben ſind. Wer im Hauſe ißt, z. B. Haus-
knecht, Koͤchin, Stubenmagd ꝛc. verlangt nicht nur alle
Mahlzeiten Suppe, Rindfleiſch, Gemuͤſe und Beilage,
ſondern man muß ihnen noch auſſerdem das ſogenannte
Faſtengeld geben, d. h. ſtatt des Bratens gibt man
dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/514>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.