unterhielt, ist ganz eingegangen; man hörte und sah nichts, als das häßliche Geschrei eines Kakadu. -- In diesem Garten sind auch die vielen Ananashäuser, die FranzI. mit grossen Kosten erbaute, aber sie sind versteckt und zerstreut.
Auf diesem Schlosse, so wie auch im Prater und im Augarten speist man vortreflich. Die fremden Weine, ohne welche die Wiener nicht leben, wenigstens das viele Essen nicht verdauen könnten, z. E. Tockaier, Burgunder, Champagner etc. nimmt man aus der Stadt mit. Hingegen in den meisten auch in vorzüglichen Aubergen in der Stadt, soll eine greuliche Säuerei herr- schen, und man oft lange warten müssen. Die hier be- stellten Traiteurs führen ihre Sachen Wagenweise aus der Stadt.
Aber von Musikanten und Bettelweibern wird man hier und im Augarten fast gefressen.
An Sonn- und Feiertagen fahren gemeine Leute auf den sogenannten Beiselwagen, wo Sitz an Sitz ge- macht wird, Schaarenweise nach Schönbrunn, beson- ders um des Elephanten willen. Für 1. Groschen kömmt man von der Linie bis hieher.
Auch für viele andre Leute ist es der gewöhnliche Aus- flug. Denn es sind gar viele Menschen hier, die wie Handwerksbursche keine andre Zeit haben, als den Sonn- tag, z. B. Kontoirbedienten, besonders die, so die Post besorgen müssen.
Heute Abends las ich das 1ste Stück der wöchent- lichen Wahrheiten für und über die Prediger in Wien, und fands gut geschrieben. Besonders wischte er den Mann über die Sticheleien auf die Kaiserl. Ver-
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unterhielt, iſt ganz eingegangen; man hoͤrte und ſah nichts, als das haͤßliche Geſchrei eines Kakadu. — In dieſem Garten ſind auch die vielen Ananashaͤuſer, die FranzI. mit groſſen Koſten erbaute, aber ſie ſind verſteckt und zerſtreut.
Auf dieſem Schloſſe, ſo wie auch im Prater und im Augarten ſpeiſt man vortreflich. Die fremden Weine, ohne welche die Wiener nicht leben, wenigſtens das viele Eſſen nicht verdauen koͤnnten, z. E. Tockaier, Burgunder, Champagner ꝛc. nimmt man aus der Stadt mit. Hingegen in den meiſten auch in vorzuͤglichen Aubergen in der Stadt, ſoll eine greuliche Saͤuerei herr- ſchen, und man oft lange warten muͤſſen. Die hier be- ſtellten Traiteurs fuͤhren ihre Sachen Wagenweiſe aus der Stadt.
Aber von Muſikanten und Bettelweibern wird man hier und im Augarten faſt gefreſſen.
An Sonn- und Feiertagen fahren gemeine Leute auf den ſogenannten Beiſelwagen, wo Sitz an Sitz ge- macht wird, Schaarenweiſe nach Schoͤnbrunn, beſon- ders um des Elephanten willen. Fuͤr 1. Groſchen koͤmmt man von der Linie bis hieher.
Auch fuͤr viele andre Leute iſt es der gewoͤhnliche Aus- flug. Denn es ſind gar viele Menſchen hier, die wie Handwerksburſche keine andre Zeit haben, als den Sonn- tag, z. B. Kontoirbedienten, beſonders die, ſo die Poſt beſorgen muͤſſen.
Heute Abends las ich das 1ſte Stuͤck der woͤchent- lichen Wahrheiten fuͤr und uͤber die Prediger in Wien, und fands gut geſchrieben. Beſonders wiſchte er den Mann uͤber die Sticheleien auf die Kaiſerl. Ver-
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unterhielt, iſt ganz eingegangen; man hoͤrte und ſah
nichts, als das haͤßliche Geſchrei eines Kakadu. —
In dieſem Garten ſind auch die vielen Ananashaͤuſer,
die Franz I. mit groſſen Koſten erbaute, aber ſie ſind
verſteckt und zerſtreut.
Auf dieſem Schloſſe, ſo wie auch im Prater und
im Augarten ſpeiſt man vortreflich. Die fremden
Weine, ohne welche die Wiener nicht leben, wenigſtens
das viele Eſſen nicht verdauen koͤnnten, z. E. Tockaier,
Burgunder, Champagner ꝛc. nimmt man aus der Stadt
mit. Hingegen in den meiſten auch in vorzuͤglichen
Aubergen in der Stadt, ſoll eine greuliche Saͤuerei herr-
ſchen, und man oft lange warten muͤſſen. Die hier be-
ſtellten Traiteurs fuͤhren ihre Sachen Wagenweiſe aus
der Stadt.
Aber von Muſikanten und Bettelweibern wird
man hier und im Augarten faſt gefreſſen.
An Sonn- und Feiertagen fahren gemeine Leute auf
den ſogenannten Beiſelwagen, wo Sitz an Sitz ge-
macht wird, Schaarenweiſe nach Schoͤnbrunn, beſon-
ders um des Elephanten willen. Fuͤr 1. Groſchen koͤmmt
man von der Linie bis hieher.
Auch fuͤr viele andre Leute iſt es der gewoͤhnliche Aus-
flug. Denn es ſind gar viele Menſchen hier, die wie
Handwerksburſche keine andre Zeit haben, als den Sonn-
tag, z. B. Kontoirbedienten, beſonders die, ſo die Poſt
beſorgen muͤſſen.
Heute Abends las ich das 1ſte Stuͤck der woͤchent-
lichen Wahrheiten fuͤr und uͤber die Prediger in
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/589>, abgerufen am 27.11.2024.
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