ordnungen. Sie sprechen von Zeiten, wo man dem Al- tare lieber nimmt als gibt etc.
Den 6ten Mai.
In dieser Nacht erhob sich ein fürchterlicher Sturm- wind, der nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Lande schrecklich raste. Man wohnt in Wien in starken steinernen Häusern, aber doch war manchem ban- ge. In der Höhe des vierten Stocks, wo ich schlief, tobte er noch gewaltig, und eben so unten auf den Stras- sen. Viele standen aus den Betten auf, und konnten nicht schlafen. In diesem Stücke ist Wien gerade das Gegentheil von Paris. Dort spürt man das ganze Jahr durch fast keinen Wind, und hier in Wien hört er beinahe nicht auf.
Glück war's, daß der Wind nicht kalt wehte, sonst würde er noch mehr Schaden gethan haben. Es war warm dabei, vermischt mit fruchtbarem Regenwetter. Auch sah ich doch den andern Morgen, daß nicht alle Blüten von den Bäumen abgeschüttelt waren. Die
Reise nach Presburg
war festgesetzt. Ein wenig legte sich der Wind am Mor- gen. Man rechnet 10. Meilen dahin. Für einen Sieb- zehner kan man auf der Donau hinabfahren, aber die Schiffer landen oft an, und jetzt war kein Wetter dazu. Man kan aber auch alle Tage mit der Deligence für 2. Gulden hinkommen, und diesen Weg erwählte ich.
Windsturm und Regen mit Schnee untermischt, dauerten bis gegen Mittag fort. Der Wind wehete die schönsten Wellen in der Winterfrucht, die zu beiden Seiten die vortreflichen breiten und weiten Felder deckte.
Das
ordnungen. Sie ſprechen von Zeiten, wo man dem Al- tare lieber nimmt als gibt ꝛc.
Den 6ten Mai.
In dieſer Nacht erhob ſich ein fuͤrchterlicher Sturm- wind, der nicht nur in der Stadt, ſondern auch auf dem Lande ſchrecklich raſte. Man wohnt in Wien in ſtarken ſteinernen Haͤuſern, aber doch war manchem ban- ge. In der Hoͤhe des vierten Stocks, wo ich ſchlief, tobte er noch gewaltig, und eben ſo unten auf den Straſ- ſen. Viele ſtanden aus den Betten auf, und konnten nicht ſchlafen. In dieſem Stuͤcke iſt Wien gerade das Gegentheil von Paris. Dort ſpuͤrt man das ganze Jahr durch faſt keinen Wind, und hier in Wien hoͤrt er beinahe nicht auf.
Gluͤck war’s, daß der Wind nicht kalt wehte, ſonſt wuͤrde er noch mehr Schaden gethan haben. Es war warm dabei, vermiſcht mit fruchtbarem Regenwetter. Auch ſah ich doch den andern Morgen, daß nicht alle Bluͤten von den Baͤumen abgeſchuͤttelt waren. Die
Reiſe nach Presburg
war feſtgeſetzt. Ein wenig legte ſich der Wind am Mor- gen. Man rechnet 10. Meilen dahin. Fuͤr einen Sieb- zehner kan man auf der Donau hinabfahren, aber die Schiffer landen oft an, und jetzt war kein Wetter dazu. Man kan aber auch alle Tage mit der Deligence fuͤr 2. Gulden hinkommen, und dieſen Weg erwaͤhlte ich.
Windſturm und Regen mit Schnee untermiſcht, dauerten bis gegen Mittag fort. Der Wind wehete die ſchoͤnſten Wellen in der Winterfrucht, die zu beiden Seiten die vortreflichen breiten und weiten Felder deckte.
Das
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ordnungen. Sie ſprechen von Zeiten, wo man dem Al-
tare lieber nimmt als gibt ꝛc.
Den 6ten Mai.
In dieſer Nacht erhob ſich ein fuͤrchterlicher Sturm-
wind, der nicht nur in der Stadt, ſondern auch auf
dem Lande ſchrecklich raſte. Man wohnt in Wien in
ſtarken ſteinernen Haͤuſern, aber doch war manchem ban-
ge. In der Hoͤhe des vierten Stocks, wo ich ſchlief,
tobte er noch gewaltig, und eben ſo unten auf den Straſ-
ſen. Viele ſtanden aus den Betten auf, und konnten
nicht ſchlafen. In dieſem Stuͤcke iſt Wien gerade das
Gegentheil von Paris. Dort ſpuͤrt man das ganze
Jahr durch faſt keinen Wind, und hier in Wien hoͤrt
er beinahe nicht auf.
Gluͤck war’s, daß der Wind nicht kalt wehte, ſonſt
wuͤrde er noch mehr Schaden gethan haben. Es war
warm dabei, vermiſcht mit fruchtbarem Regenwetter.
Auch ſah ich doch den andern Morgen, daß nicht alle
Bluͤten von den Baͤumen abgeſchuͤttelt waren. Die
Reiſe nach Presburg
war feſtgeſetzt. Ein wenig legte ſich der Wind am Mor-
gen. Man rechnet 10. Meilen dahin. Fuͤr einen Sieb-
zehner kan man auf der Donau hinabfahren, aber die
Schiffer landen oft an, und jetzt war kein Wetter dazu.
Man kan aber auch alle Tage mit der Deligence fuͤr 2.
Gulden hinkommen, und dieſen Weg erwaͤhlte ich.
Windſturm und Regen mit Schnee untermiſcht,
dauerten bis gegen Mittag fort. Der Wind wehete die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/590>, abgerufen am 28.11.2024.
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