Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Vom äußerlichen Gottesdienst. mit blutigem Schwerdt zum Altar treiben wollte, mitLebensgefahr unter freyem Himmel, zwischen Steinen und Felsen, in der Wüsten (au desert) zusammenkom- men, wenn wir Jesu Christi Religion hören wollen. Möchten wir dann an der Unterdrückung Andrer unsre Ehre, an ihrem Unglück unser Glück, an ihrem Thränen- vollen Auge unsre Ruhe, an ihrem Mangel unsern Ueberfluß, an ihren Kränkungen und Mißhandlungen unsre Sicherheit und Freyheit, aber auch unsre größre Verpflichtung zum Dank, und zur würdigen Anwendung dieser so oft verkannten Gabe Gottes einsehen lernen! Die Zeit, Christen! ist noch nicht lange dahin, und be- tet doch, wenn ihr anders eure Glaubensbrüder lieb habt, betet ernstlich, daß sie nicht wiederkomme, die schreckliche Zeit, woselbst das Grab, und der Anfang der Vermoderung unsre Mitanbeter Gottes nicht vor Be- schimpfungen sichern konnte. Da konnten sie Helden im Vekenntniß der Religion werden, da sah man noch Märtyrer des Glaubens und der christlichen Gottselig- keit, da ruhte noch Pauli feuervoller Geist auf den Chri- sten, und wandelte sichtbar auf Erden herum, da litt man für die Wahrheit, und stieg auf die Blutbühne hin- auf, damit man seinen Kindern die Lehre Jesu Christi rein und unverfälscht erhalten könnte *) -- aber wir! wir *) Jch beziehe mich hier auf die neueste Religionsge- schichte des Herrn Consistorialraths Walchs in Göt- tingen, und besonders auf die darin enthaltenen Nach- richten vom Unglück unsrer protestantischen Brüder in Frankreich. Ein Buch, das seiner Wichtigkeit, und sei- ner Schätze halben billig in mehrerer Religionslehrer Händen O 4
Vom äußerlichen Gottesdienſt. mit blutigem Schwerdt zum Altar treiben wollte, mitLebensgefahr unter freyem Himmel, zwiſchen Steinen und Felſen, in der Wüſten (au déſert) zuſammenkom- men, wenn wir Jeſu Chriſti Religion hören wollen. Möchten wir dann an der Unterdrückung Andrer unſre Ehre, an ihrem Unglück unſer Glück, an ihrem Thränen- vollen Auge unſre Ruhe, an ihrem Mangel unſern Ueberfluß, an ihren Kränkungen und Mißhandlungen unſre Sicherheit und Freyheit, aber auch unſre größre Verpflichtung zum Dank, und zur würdigen Anwendung dieſer ſo oft verkannten Gabe Gottes einſehen lernen! Die Zeit, Chriſten! iſt noch nicht lange dahin, und be- tet doch, wenn ihr anders eure Glaubensbrüder lieb habt, betet ernſtlich, daß ſie nicht wiederkomme, die ſchreckliche Zeit, woſelbſt das Grab, und der Anfang der Vermoderung unſre Mitanbeter Gottes nicht vor Be- ſchimpfungen ſichern konnte. Da konnten ſie Helden im Vekenntniß der Religion werden, da ſah man noch Märtyrer des Glaubens und der chriſtlichen Gottſelig- keit, da ruhte noch Pauli feuervoller Geiſt auf den Chri- ſten, und wandelte ſichtbar auf Erden herum, da litt man für die Wahrheit, und ſtieg auf die Blutbühne hin- auf, damit man ſeinen Kindern die Lehre Jeſu Chriſti rein und unverfälſcht erhalten könnte *) — aber wir! wir *) Jch beziehe mich hier auf die neueſte Religionsge- ſchichte des Herrn Conſiſtorialraths Walchs in Göt- tingen, und beſonders auf die darin enthaltenen Nach- richten vom Unglück unſrer proteſtantiſchen Brüder in Frankreich. Ein Buch, das ſeiner Wichtigkeit, und ſei- ner Schätze halben billig in mehrerer Religionslehrer Händen O 4
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Vom äußerlichen Gottesdienſt.
mit blutigem Schwerdt zum Altar treiben wollte, mit
Lebensgefahr unter freyem Himmel, zwiſchen Steinen
und Felſen, in der Wüſten (au déſert) zuſammenkom-
men, wenn wir Jeſu Chriſti Religion hören wollen.
Möchten wir dann an der Unterdrückung Andrer unſre
Ehre, an ihrem Unglück unſer Glück, an ihrem Thränen-
vollen Auge unſre Ruhe, an ihrem Mangel unſern
Ueberfluß, an ihren Kränkungen und Mißhandlungen
unſre Sicherheit und Freyheit, aber auch unſre größre
Verpflichtung zum Dank, und zur würdigen Anwendung
dieſer ſo oft verkannten Gabe Gottes einſehen lernen!
Die Zeit, Chriſten! iſt noch nicht lange dahin, und be-
tet doch, wenn ihr anders eure Glaubensbrüder lieb
habt, betet ernſtlich, daß ſie nicht wiederkomme, die
ſchreckliche Zeit, woſelbſt das Grab, und der Anfang der
Vermoderung unſre Mitanbeter Gottes nicht vor Be-
ſchimpfungen ſichern konnte. Da konnten ſie Helden
im Vekenntniß der Religion werden, da ſah man noch
Märtyrer des Glaubens und der chriſtlichen Gottſelig-
keit, da ruhte noch Pauli feuervoller Geiſt auf den Chri-
ſten, und wandelte ſichtbar auf Erden herum, da litt
man für die Wahrheit, und ſtieg auf die Blutbühne hin-
auf, damit man ſeinen Kindern die Lehre Jeſu Chriſti
rein und unverfälſcht erhalten könnte *) — aber wir!
wir
*) Jch beziehe mich hier auf die neueſte Religionsge-
ſchichte des Herrn Conſiſtorialraths Walchs in Göt-
tingen, und beſonders auf die darin enthaltenen Nach-
richten vom Unglück unſrer proteſtantiſchen Brüder in
Frankreich. Ein Buch, das ſeiner Wichtigkeit, und ſei-
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