Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Arbeitsamkeit des Erlösers. nen, Sammlungen, Instrumente etc. gehabt haben, umaus dem ganzen Gebiet menschlicher Wissenschaften das auszuwählen, was ihnen am meisten Freude macht? Giebt es nicht im Gegentheil viele, für die das sichtbare Glück in der Welt gar nichts gethan hat, die es sich sauer werden lassen müssen, wenn sie dem Emporstreben der Seele Genüge thun, und sich in eine Sphäre setzen wollen, wo der Geist seine Flügel ausbreiten, und in Lichtstralen schwimmen kann? Das Bauernkind hat öfters Talente und Wißbegierde, aber ihm fehlt in sei- ner abgelegenen Hütte die Gelegenheit; wer zeigt ihm den Weg zum Tempel der Musen? Unendlich wichtiger ist die Zeit des Königssohnes, des Prinzen, dem Gott zu großen Bestimmungen auch große Mittel gegeben hat. Meine Zeit steht in deinen Händen, sagt ein ver- folgter, und oft mißhandelter König zu Gott. (Psalm 31, 16.) Oft hatte er im mühevollen Leben erfahren, daß die größte Bosheit der Menschen nicht eine Sylbe im Buche Gottes verändern kann. Man wollt' ihm oft das Leben nehmen, ehe er auf den Thron kam; aber eher mußte die regierende königliche Familie gleich im ersten Geschlecht ausgehen, als daß jenes geschehen wäre. Im Anfange saß er nicht fest auf dem Thron, aber er regierte doch ausserordentlich lang. Selbst seine eigene Kinder machten ihm viel Schande, Unruhe, Schmerzen und Verdruß, aber die Zeit und alle Umstände seiner Re- gierung waren doch, alles zusammengenommen, so er- wünscht, so vortheilhaft, so gut für Land und Volk, daß ihn selbst sein weiser Sohn darin nicht übertraf, daß er noch jezt der Stolz und Liebling der Nation ist. Das alles verdankt der fromme König der Führung Gottes. Er erkannte
Arbeitſamkeit des Erlöſers. nen, Sammlungen, Inſtrumente ꝛc. gehabt haben, umaus dem ganzen Gebiet menſchlicher Wiſſenſchaften das auszuwählen, was ihnen am meiſten Freude macht? Giebt es nicht im Gegentheil viele, für die das ſichtbare Glück in der Welt gar nichts gethan hat, die es ſich ſauer werden laſſen müſſen, wenn ſie dem Emporſtreben der Seele Genüge thun, und ſich in eine Sphäre ſetzen wollen, wo der Geiſt ſeine Flügel ausbreiten, und in Lichtſtralen ſchwimmen kann? Das Bauernkind hat öfters Talente und Wißbegierde, aber ihm fehlt in ſei- ner abgelegenen Hütte die Gelegenheit; wer zeigt ihm den Weg zum Tempel der Muſen? Unendlich wichtiger iſt die Zeit des Königsſohnes, des Prinzen, dem Gott zu großen Beſtimmungen auch große Mittel gegeben hat. Meine Zeit ſteht in deinen Händen, ſagt ein ver- folgter, und oft mißhandelter König zu Gott. (Pſalm 31, 16.) Oft hatte er im mühevollen Leben erfahren, daß die größte Bosheit der Menſchen nicht eine Sylbe im Buche Gottes verändern kann. Man wollt’ ihm oft das Leben nehmen, ehe er auf den Thron kam; aber eher mußte die regierende königliche Familie gleich im erſten Geſchlecht ausgehen, als daß jenes geſchehen wäre. Im Anfange ſaß er nicht feſt auf dem Thron, aber er regierte doch auſſerordentlich lang. Selbſt ſeine eigene Kinder machten ihm viel Schande, Unruhe, Schmerzen und Verdruß, aber die Zeit und alle Umſtände ſeiner Re- gierung waren doch, alles zuſammengenommen, ſo er- wünſcht, ſo vortheilhaft, ſo gut für Land und Volk, daß ihn ſelbſt ſein weiſer Sohn darin nicht übertraf, daß er noch jezt der Stolz und Liebling der Nation iſt. Das alles verdankt der fromme König der Führung Gottes. Er erkannte
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Arbeitſamkeit des Erlöſers.
nen, Sammlungen, Inſtrumente ꝛc. gehabt haben, um
aus dem ganzen Gebiet menſchlicher Wiſſenſchaften das
auszuwählen, was ihnen am meiſten Freude macht?
Giebt es nicht im Gegentheil viele, für die das ſichtbare
Glück in der Welt gar nichts gethan hat, die es ſich
ſauer werden laſſen müſſen, wenn ſie dem Emporſtreben
der Seele Genüge thun, und ſich in eine Sphäre ſetzen
wollen, wo der Geiſt ſeine Flügel ausbreiten, und in
Lichtſtralen ſchwimmen kann? Das Bauernkind hat
öfters Talente und Wißbegierde, aber ihm fehlt in ſei-
ner abgelegenen Hütte die Gelegenheit; wer zeigt ihm
den Weg zum Tempel der Muſen? Unendlich wichtiger
iſt die Zeit des Königsſohnes, des Prinzen, dem Gott
zu großen Beſtimmungen auch große Mittel gegeben hat.
Meine Zeit ſteht in deinen Händen, ſagt ein ver-
folgter, und oft mißhandelter König zu Gott. (Pſalm
31, 16.) Oft hatte er im mühevollen Leben erfahren,
daß die größte Bosheit der Menſchen nicht eine Sylbe
im Buche Gottes verändern kann. Man wollt’ ihm oft
das Leben nehmen, ehe er auf den Thron kam; aber eher
mußte die regierende königliche Familie gleich im erſten
Geſchlecht ausgehen, als daß jenes geſchehen wäre. Im
Anfange ſaß er nicht feſt auf dem Thron, aber er regierte
doch auſſerordentlich lang. Selbſt ſeine eigene Kinder
machten ihm viel Schande, Unruhe, Schmerzen und
Verdruß, aber die Zeit und alle Umſtände ſeiner Re-
gierung waren doch, alles zuſammengenommen, ſo er-
wünſcht, ſo vortheilhaft, ſo gut für Land und Volk, daß
ihn ſelbſt ſein weiſer Sohn darin nicht übertraf, daß er
noch jezt der Stolz und Liebling der Nation iſt. Das
alles verdankt der fromme König der Führung Gottes. Er
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