Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeitsamkeit des Erlösers.
[nod] laufen mußten. (1 Cor. 9.) Diesen Leuten, die we-
[gen ih]rer Kunst und Geschwindigkeit bey der Nation in
großem Ansehen stunden, war auf der Laufbahn jede
Minute wichtig. Sie wetteiferten mit einander, daß
keiner dem andern zuvorkam. Und so sollte uns, die
wir darnach ringen sollten beym Eintritt in das männ-
liche Alter schon viele Vollkommenheiten, viele Einsich-
ten, viele gute Neigungen, viele selige Gewohnheiten,
viele Freuden der Tugend, viele fromme und geläufige
Grundsätze, viele gewonnene Freunde für die Ewigkeit,
viele gute Saamkörner, viele angenehme Erinnerungen,
viel Geschmack für die Feste der Natur, viel Bekannt-
schaft mit Gott, viele Ansprüche an den Beyfall des ed-
lern Theils der Menschheit aus den Jugendjahren mit-

zubrin-
Großthun, zum Verschwenden, zur Ueppigkeit, zur Klei-
derpracht etc. unterhalten, beynahe mit Gewißheit voraus
sagen, daß sie auch bey guten Gaben das nie leisten wer-
den, was andre thun, die ihr Glück mehr sich selber, als
der Geburt, und dem geerbten Vermögen, zu danken ha-
ben. Wer das saure Amt hat, an jungen Leuten zu ar-
beiten, wird unser Jahrhundert von dieser Seite am be-
sten schildern können. Ich bedaure die Kinder, die nicht
schon im älterlichen Hause durch kluge und absichtsvolle
Vertheilung der kleinern Familiengeschäfte zu einer stä-
ten Arbeit gewohnt worden sind, ehe sie in die Welt ge-
stoßen werden; und ich gestehe gerne, daß ich schon deswe-
gen den Philantropinen den Ausgang, den sie früh haben
mußten, geweissagt habe, weil sie durch ihr abgebrochenes
und immer verändertes Lehren den flüchtigen Charakter
des Kindes, der auf eine vernünstige Art sixirt werden
sollte, noch mehr zum Quecksilber machten.

Arbeitſamkeit des Erlöſers.
[nod] laufen mußten. (1 Cor. 9.) Dieſen Leuten, die we-
[gen ih]rer Kunſt und Geſchwindigkeit bey der Nation in
großem Anſehen ſtunden, war auf der Laufbahn jede
Minute wichtig. Sie wetteiferten mit einander, daß
keiner dem andern zuvorkam. Und ſo ſollte uns, die
wir darnach ringen ſollten beym Eintritt in das männ-
liche Alter ſchon viele Vollkommenheiten, viele Einſich-
ten, viele gute Neigungen, viele ſelige Gewohnheiten,
viele Freuden der Tugend, viele fromme und geläufige
Grundſätze, viele gewonnene Freunde für die Ewigkeit,
viele gute Saamkörner, viele angenehme Erinnerungen,
viel Geſchmack für die Feſte der Natur, viel Bekannt-
ſchaft mit Gott, viele Anſprüche an den Beyfall des ed-
lern Theils der Menſchheit aus den Jugendjahren mit-

zubrin-
Großthun, zum Verſchwenden, zur Ueppigkeit, zur Klei-
derpracht ꝛc. unterhalten, beynahe mit Gewißheit voraus
ſagen, daß ſie auch bey guten Gaben das nie leiſten wer-
den, was andre thun, die ihr Glück mehr ſich ſelber, als
der Geburt, und dem geerbten Vermögen, zu danken ha-
ben. Wer das ſaure Amt hat, an jungen Leuten zu ar-
beiten, wird unſer Jahrhundert von dieſer Seite am be-
ſten ſchildern können. Ich bedaure die Kinder, die nicht
ſchon im älterlichen Hauſe durch kluge und abſichtsvolle
Vertheilung der kleinern Familiengeſchäfte zu einer ſtä-
ten Arbeit gewohnt worden ſind, ehe ſie in die Welt ge-
ſtoßen werden; und ich geſtehe gerne, daß ich ſchon deswe-
gen den Philantropinen den Ausgang, den ſie früh haben
mußten, geweiſſagt habe, weil ſie durch ihr abgebrochenes
und immer verändertes Lehren den flüchtigen Charakter
des Kindes, der auf eine vernünſtige Art ſixirt werden
ſollte, noch mehr zum Queckſilber machten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0252" n="246"/><fw place="top" type="header">Arbeit&#x017F;amkeit des Erlö&#x017F;ers.</fw><lb/><supplied>nod</supplied> laufen mußten. (1 Cor. 9.) Die&#x017F;en Leuten, die we-<lb/><supplied>gen ih</supplied>rer Kun&#x017F;t und Ge&#x017F;chwindigkeit bey der Nation in<lb/>
großem An&#x017F;ehen &#x017F;tunden, war auf der Laufbahn jede<lb/>
Minute wichtig. Sie wetteiferten mit einander, daß<lb/>
keiner dem andern zuvorkam. Und &#x017F;o &#x017F;ollte uns, die<lb/>
wir darnach ringen &#x017F;ollten beym Eintritt in das männ-<lb/>
liche Alter &#x017F;chon viele Vollkommenheiten, viele Ein&#x017F;ich-<lb/>
ten, viele gute Neigungen, viele &#x017F;elige Gewohnheiten,<lb/>
viele Freuden der Tugend, viele fromme und geläufige<lb/>
Grund&#x017F;ätze, viele gewonnene Freunde für die Ewigkeit,<lb/>
viele gute Saamkörner, viele angenehme Erinnerungen,<lb/>
viel Ge&#x017F;chmack für die Fe&#x017F;te der Natur, viel Bekannt-<lb/>
&#x017F;chaft mit Gott, viele An&#x017F;prüche an den Beyfall des ed-<lb/>
lern Theils der Men&#x017F;chheit aus den Jugendjahren mit-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zubrin-</fw><lb/><note xml:id="n04c" prev="#n04b" place="foot" n="*)">Großthun, zum Ver&#x017F;chwenden, zur Ueppigkeit, zur Klei-<lb/>
derpracht &#xA75B;c. unterhalten, beynahe mit Gewißheit voraus<lb/>
&#x017F;agen, daß &#x017F;ie auch bey guten Gaben das nie lei&#x017F;ten wer-<lb/>
den, was andre thun, die ihr Glück mehr &#x017F;ich &#x017F;elber, als<lb/>
der Geburt, und dem geerbten Vermögen, zu danken ha-<lb/>
ben. Wer das &#x017F;aure Amt hat, an jungen Leuten zu ar-<lb/>
beiten, wird un&#x017F;er Jahrhundert von die&#x017F;er Seite am be-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;childern können. Ich bedaure die Kinder, die nicht<lb/>
&#x017F;chon im älterlichen Hau&#x017F;e durch kluge und ab&#x017F;ichtsvolle<lb/>
Vertheilung der kleinern Familienge&#x017F;chäfte zu einer &#x017F;tä-<lb/>
ten Arbeit gewohnt worden &#x017F;ind, ehe &#x017F;ie in die Welt ge-<lb/>
&#x017F;toßen werden; und ich ge&#x017F;tehe gerne, daß ich &#x017F;chon deswe-<lb/>
gen den Philantropinen den Ausgang, den &#x017F;ie früh haben<lb/>
mußten, gewei&#x017F;&#x017F;agt habe, weil &#x017F;ie durch ihr abgebrochenes<lb/>
und immer verändertes Lehren den flüchtigen Charakter<lb/>
des Kindes, der auf eine vernün&#x017F;tige Art &#x017F;ixirt werden<lb/>
&#x017F;ollte, noch mehr zum Queck&#x017F;ilber machten.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0252] Arbeitſamkeit des Erlöſers. nod laufen mußten. (1 Cor. 9.) Dieſen Leuten, die we- gen ihrer Kunſt und Geſchwindigkeit bey der Nation in großem Anſehen ſtunden, war auf der Laufbahn jede Minute wichtig. Sie wetteiferten mit einander, daß keiner dem andern zuvorkam. Und ſo ſollte uns, die wir darnach ringen ſollten beym Eintritt in das männ- liche Alter ſchon viele Vollkommenheiten, viele Einſich- ten, viele gute Neigungen, viele ſelige Gewohnheiten, viele Freuden der Tugend, viele fromme und geläufige Grundſätze, viele gewonnene Freunde für die Ewigkeit, viele gute Saamkörner, viele angenehme Erinnerungen, viel Geſchmack für die Feſte der Natur, viel Bekannt- ſchaft mit Gott, viele Anſprüche an den Beyfall des ed- lern Theils der Menſchheit aus den Jugendjahren mit- zubrin- *) *) Großthun, zum Verſchwenden, zur Ueppigkeit, zur Klei- derpracht ꝛc. unterhalten, beynahe mit Gewißheit voraus ſagen, daß ſie auch bey guten Gaben das nie leiſten wer- den, was andre thun, die ihr Glück mehr ſich ſelber, als der Geburt, und dem geerbten Vermögen, zu danken ha- ben. Wer das ſaure Amt hat, an jungen Leuten zu ar- beiten, wird unſer Jahrhundert von dieſer Seite am be- ſten ſchildern können. Ich bedaure die Kinder, die nicht ſchon im älterlichen Hauſe durch kluge und abſichtsvolle Vertheilung der kleinern Familiengeſchäfte zu einer ſtä- ten Arbeit gewohnt worden ſind, ehe ſie in die Welt ge- ſtoßen werden; und ich geſtehe gerne, daß ich ſchon deswe- gen den Philantropinen den Ausgang, den ſie früh haben mußten, geweiſſagt habe, weil ſie durch ihr abgebrochenes und immer verändertes Lehren den flüchtigen Charakter des Kindes, der auf eine vernünſtige Art ſixirt werden ſollte, noch mehr zum Queckſilber machten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/252
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/252>, abgerufen am 22.11.2024.