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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Anwendung auf uns.
zubringen, jede Stunde, jeder Tag, jedes lehrreiche
Buch, jeder ältere und erfahrnere Mann, jede Person
aus einem uns fremden Zirkel, jede kleine Reise in ei-
nen noch nicht gesehenen Fleck der Welt, jeder Lehrer,
jede Gelegenheit zu lernen, oder andern mitzutheilen,
wichtig und unschätzbar seyn. Fahren wir in diesem schö-
nen Eifer, dreyßig, funfzig Jahre fort, so lange, bis wir
am Grab stehen, was werden wir dann nicht mit in die
Ewigkeit hinüber nehmen? Wie viel werden wir nicht
vor denen voraus haben, die ihre Kräfte schlummern
und verrosten lassen! Wie viel leichtere Schritte werden
wir dort machen, wenn uns die Erkenntniß der Wahr-
heit schon hier mehr Freude macht, als alles andere, wenn
das Forschen und Streben darnach uns schon in den un-
tern Gegenden des Staats Gottes Bedürfniß geworden
ist*)! Unsre Schätze verwesen nicht, wir sammlen für
die Ewigkeit; der Körper kann durch anhaltende Arbeit
abgemattet werden, aber die Seele wird dadurch gestärkt.
Der Geist denkt desto richtiger, desto leichter, je mehr
er sich in seinem Element geübt hat; wir gehen mit eben
den Kräften, die wir hier gehabt haben, in jene Welt,
wo uns größere Gegenstände und mehrere Gelegenheiten
erwarten. Der Tod nimmt nur die Hindernisse weg,
er raubt uns unsre Reichthümer nicht, so wenig, als er
die leere Seele in einem Augenblick mit Erkenntniß an-
füllen kann. Das Licht, das ins Zimmer gebracht wird,

erleuch-
*) Jünglinge! wenn ihr etwas Schönes lesen wollt, so le-
set, was Quinctilian am Schluß seiner Institut. Rhe-
tor. Lib. XII. C. XI.
gesagt hat, und seuret euch da-
mit an.
Q 4

Anwendung auf uns.
zubringen, jede Stunde, jeder Tag, jedes lehrreiche
Buch, jeder ältere und erfahrnere Mann, jede Perſon
aus einem uns fremden Zirkel, jede kleine Reiſe in ei-
nen noch nicht geſehenen Fleck der Welt, jeder Lehrer,
jede Gelegenheit zu lernen, oder andern mitzutheilen,
wichtig und unſchätzbar ſeyn. Fahren wir in dieſem ſchö-
nen Eifer, dreyßig, funfzig Jahre fort, ſo lange, bis wir
am Grab ſtehen, was werden wir dann nicht mit in die
Ewigkeit hinüber nehmen? Wie viel werden wir nicht
vor denen voraus haben, die ihre Kräfte ſchlummern
und verroſten laſſen! Wie viel leichtere Schritte werden
wir dort machen, wenn uns die Erkenntniß der Wahr-
heit ſchon hier mehr Freude macht, als alles andere, wenn
das Forſchen und Streben darnach uns ſchon in den un-
tern Gegenden des Staats Gottes Bedürfniß geworden
iſt*)! Unſre Schätze verweſen nicht, wir ſammlen für
die Ewigkeit; der Körper kann durch anhaltende Arbeit
abgemattet werden, aber die Seele wird dadurch geſtärkt.
Der Geiſt denkt deſto richtiger, deſto leichter, je mehr
er ſich in ſeinem Element geübt hat; wir gehen mit eben
den Kräften, die wir hier gehabt haben, in jene Welt,
wo uns größere Gegenſtände und mehrere Gelegenheiten
erwarten. Der Tod nimmt nur die Hinderniſſe weg,
er raubt uns unſre Reichthümer nicht, ſo wenig, als er
die leere Seele in einem Augenblick mit Erkenntniß an-
füllen kann. Das Licht, das ins Zimmer gebracht wird,

erleuch-
*) Jünglinge! wenn ihr etwas Schönes leſen wollt, ſo le-
ſet, was Quinctilian am Schluß ſeiner Inſtitut. Rhe-
tor. Lib. XII. C. XI.
geſagt hat, und ſeuret euch da-
mit an.
Q 4
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[247/0253] Anwendung auf uns. zubringen, jede Stunde, jeder Tag, jedes lehrreiche Buch, jeder ältere und erfahrnere Mann, jede Perſon aus einem uns fremden Zirkel, jede kleine Reiſe in ei- nen noch nicht geſehenen Fleck der Welt, jeder Lehrer, jede Gelegenheit zu lernen, oder andern mitzutheilen, wichtig und unſchätzbar ſeyn. Fahren wir in dieſem ſchö- nen Eifer, dreyßig, funfzig Jahre fort, ſo lange, bis wir am Grab ſtehen, was werden wir dann nicht mit in die Ewigkeit hinüber nehmen? Wie viel werden wir nicht vor denen voraus haben, die ihre Kräfte ſchlummern und verroſten laſſen! Wie viel leichtere Schritte werden wir dort machen, wenn uns die Erkenntniß der Wahr- heit ſchon hier mehr Freude macht, als alles andere, wenn das Forſchen und Streben darnach uns ſchon in den un- tern Gegenden des Staats Gottes Bedürfniß geworden iſt *)! Unſre Schätze verweſen nicht, wir ſammlen für die Ewigkeit; der Körper kann durch anhaltende Arbeit abgemattet werden, aber die Seele wird dadurch geſtärkt. Der Geiſt denkt deſto richtiger, deſto leichter, je mehr er ſich in ſeinem Element geübt hat; wir gehen mit eben den Kräften, die wir hier gehabt haben, in jene Welt, wo uns größere Gegenſtände und mehrere Gelegenheiten erwarten. Der Tod nimmt nur die Hinderniſſe weg, er raubt uns unſre Reichthümer nicht, ſo wenig, als er die leere Seele in einem Augenblick mit Erkenntniß an- füllen kann. Das Licht, das ins Zimmer gebracht wird, erleuch- *) Jünglinge! wenn ihr etwas Schönes leſen wollt, ſo le- ſet, was Quinctilian am Schluß ſeiner Inſtitut. Rhe- tor. Lib. XII. C. XI. geſagt hat, und ſeuret euch da- mit an. Q 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/253>, abgerufen am 22.11.2024.