Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Gleichmüthigkeit des Erlösers. chen Gram zu ersticken! Wird dann unter den Jüngerndes sanften Jesus Christus die Zeit bald kommen, wo die Umgänglichkeit, die Verträglichkeit, die Sanftmuth, und dauerhafte Zärtlichkeit überall regieren wird? Die bösen und verdorbenen Sitten der Jugend zeugen auch manchen Kummer, manches Elend -- aber Söhne und Töchter christlicher Aeltern! werden denn die Ben- jaminne, die Josephe, bald häufiger unter euch werden? Lernet an dem Leben Jesu Christi, daß nur allein wahre Frömmigkeit, ächte christliche Tugend, und ein geschäf- tiges Leben, nicht Geburt, nicht Ehrenstellen und Ein- künfte, den wahren Adel des Menschen ausmachen. Wißt ihr auch, daß es schrecklich ist, wenn wir schon über euch seufzen müssen, ehe es noch entschieden ist, ob ihr je die Liebe der Aeltern, und den Fleiß der Lehrer be- lohnen, ob ihr je brauchbare Bürger, oder beschwerliches Ungeziefer in der Welt seyn werdet? unter Gott ist unsre Pflicht. Man kann nicht aufhören, die sanfte, seyn
Gleichmüthigkeit des Erlöſers. chen Gram zu erſticken! Wird dann unter den Jüngerndes ſanften Jeſus Chriſtus die Zeit bald kommen, wo die Umgänglichkeit, die Verträglichkeit, die Sanftmuth, und dauerhafte Zärtlichkeit überall regieren wird? Die böſen und verdorbenen Sitten der Jugend zeugen auch manchen Kummer, manches Elend — aber Söhne und Töchter chriſtlicher Aeltern! werden denn die Ben- jaminne, die Joſephe, bald häufiger unter euch werden? Lernet an dem Leben Jeſu Chriſti, daß nur allein wahre Frömmigkeit, ächte chriſtliche Tugend, und ein geſchäf- tiges Leben, nicht Geburt, nicht Ehrenſtellen und Ein- künfte, den wahren Adel des Menſchen ausmachen. Wißt ihr auch, daß es ſchrecklich iſt, wenn wir ſchon über euch ſeufzen müſſen, ehe es noch entſchieden iſt, ob ihr je die Liebe der Aeltern, und den Fleiß der Lehrer be- lohnen, ob ihr je brauchbare Bürger, oder beſchwerliches Ungeziefer in der Welt ſeyn werdet? unter Gott iſt unſre Pflicht. Man kann nicht aufhören, die ſanfte, ſeyn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0264" n="258"/><fw place="top" type="header">Gleichmüthigkeit des Erlöſers.</fw><lb/> chen Gram zu erſticken! Wird dann unter den Jüngern<lb/> des ſanften Jeſus Chriſtus die Zeit bald kommen, wo<lb/> die Umgänglichkeit, die Verträglichkeit, die Sanftmuth,<lb/> und dauerhafte Zärtlichkeit überall regieren wird? Die<lb/> böſen und verdorbenen Sitten der Jugend zeugen auch<lb/> manchen Kummer, manches Elend — aber Söhne<lb/> und Töchter chriſtlicher Aeltern! werden denn die Ben-<lb/> jaminne, die Joſephe, bald häufiger unter euch werden?<lb/> Lernet an dem Leben Jeſu Chriſti, daß nur allein wahre<lb/> Frömmigkeit, ächte chriſtliche Tugend, und ein geſchäf-<lb/> tiges Leben, nicht Geburt, nicht Ehrenſtellen und Ein-<lb/> künfte, den wahren Adel des Menſchen ausmachen.<lb/> Wißt ihr auch, daß es ſchrecklich iſt, wenn wir ſchon<lb/> über euch ſeufzen müſſen, ehe es noch entſchieden iſt, ob<lb/> ihr je die Liebe der Aeltern, und den Fleiß der Lehrer be-<lb/> lohnen, ob ihr je brauchbare Bürger, oder beſchwerliches<lb/> Ungeziefer in der Welt ſeyn werdet?</p><lb/> <note place="left">Unterwerfung<lb/> unter Gott iſt<lb/> unſre Pflicht.</note> <p>Man kann nicht aufhören, die ſanfte,<lb/> ruhige, gelaſſene Seele Jeſu Chriſti zu be-<lb/> wundern. Und indem man über dieſe ſeine<lb/> Größe nachdenkt, ſteigt jedem der Wunſch auf, daß<lb/> dieſe vortrefliche Art zu denken und zu handeln, nämlich,<lb/><hi rendition="#fr">die gänzliche Unterwerfung unter Gott,</hi> unter den<lb/> Nachfolgern des Erlöſers nicht ſo ſelten ſeyn möchte.<lb/> Wem gefällt nicht ſeine ruhige, ungezwungene, unver-<lb/> ſtellte Frömmigkeit? Möchten alle Menſchen eben ſo<lb/> gern von Gott abhängen, und ſich eben ſo willig und zu-<lb/> frieden von ſeiner Weisheit und Güte führen laſſen! Die<lb/> Angelegenheiten und Zufälle dieſes Lebens ſind ſo man-<lb/> nichfaltig, daß wir immer gewaffnet, immer gerüſtet<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſeyn</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [258/0264]
Gleichmüthigkeit des Erlöſers.
chen Gram zu erſticken! Wird dann unter den Jüngern
des ſanften Jeſus Chriſtus die Zeit bald kommen, wo
die Umgänglichkeit, die Verträglichkeit, die Sanftmuth,
und dauerhafte Zärtlichkeit überall regieren wird? Die
böſen und verdorbenen Sitten der Jugend zeugen auch
manchen Kummer, manches Elend — aber Söhne
und Töchter chriſtlicher Aeltern! werden denn die Ben-
jaminne, die Joſephe, bald häufiger unter euch werden?
Lernet an dem Leben Jeſu Chriſti, daß nur allein wahre
Frömmigkeit, ächte chriſtliche Tugend, und ein geſchäf-
tiges Leben, nicht Geburt, nicht Ehrenſtellen und Ein-
künfte, den wahren Adel des Menſchen ausmachen.
Wißt ihr auch, daß es ſchrecklich iſt, wenn wir ſchon
über euch ſeufzen müſſen, ehe es noch entſchieden iſt, ob
ihr je die Liebe der Aeltern, und den Fleiß der Lehrer be-
lohnen, ob ihr je brauchbare Bürger, oder beſchwerliches
Ungeziefer in der Welt ſeyn werdet?
Man kann nicht aufhören, die ſanfte,
ruhige, gelaſſene Seele Jeſu Chriſti zu be-
wundern. Und indem man über dieſe ſeine
Größe nachdenkt, ſteigt jedem der Wunſch auf, daß
dieſe vortrefliche Art zu denken und zu handeln, nämlich,
die gänzliche Unterwerfung unter Gott, unter den
Nachfolgern des Erlöſers nicht ſo ſelten ſeyn möchte.
Wem gefällt nicht ſeine ruhige, ungezwungene, unver-
ſtellte Frömmigkeit? Möchten alle Menſchen eben ſo
gern von Gott abhängen, und ſich eben ſo willig und zu-
frieden von ſeiner Weisheit und Güte führen laſſen! Die
Angelegenheiten und Zufälle dieſes Lebens ſind ſo man-
nichfaltig, daß wir immer gewaffnet, immer gerüſtet
ſeyn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/264 |
Zitationshilfe: | Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/264>, abgerufen am 23.06.2024. |