Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Gesinnung Jesu Christi dern, so müssen wir auch von Empfindungen der De-muth durchdrungen werden. Können wir noch auf un- sre Frömmigkeit stolz seyn? Sind wir auch so gesinnt, auch so standhaft, auch so zärtlich, auch so voll Unter- werfung unter Gott? Beschweren wir uns nicht oft über die mühsamen Geschäfte? Ermatten wir nicht zuweilen, wenn andre Menschen gegen uns undankbar, und unge- recht sind? Gerathen wir nicht zuweilen in Hitze, sobald man unsre Verdienste verkennen und verkleinern will? Vergleichet das mit dem Betragen Jesu Christi, der das mühevollste Leben hatte, und beständig dem Muth- willen, der Verläumdung, der Verachtung andrer aus- gesetzt war. Es ist wahr, wir haben die Kräfte des Er- lösers nicht, aber wir haben auch seine Leiden nicht. Wir können nicht für alle Menschen sterben, aber wir können doch seinen Geist nachahmen, seine Gesinnung annehmen. Wir müssen eben so, wie er, bereit seyn, das Ansehen der Religion zu vertheidigen, und für ihre Erhaltung, wenn wir dazu berufen werden, sterben. Wir können, so wie er, im täglichen Gebet und Umgang mit Gott unsre Wonne, und im Gehorsam gegen ihn unsre Ehre suchen. Laßt uns also auch unter Seufzen und Thränen die Laufbahn fortsetzen, und uns mit dem stillen Trost des Gewissens, das wie Gott in uns redet, begnügen. Lasset uns laufen und anhalten in dem Kampf, der uns verordnet ist! (Ebr. 12, 1.) ist es nicht Schande wenn die Knechte müd und träge werden, da der Herr selber so viel übernommen hat? Fallen wir nie- der in seinem Dienst, so wird er uns aufrichten: Gott ist treu, er wird uns nicht über Vernidgen auf- bürden. (1 Cor. 10, 13.) Paulus hatte bey dem An- blick
Geſinnung Jeſu Chriſti dern, ſo müſſen wir auch von Empfindungen der De-muth durchdrungen werden. Können wir noch auf un- ſre Frömmigkeit ſtolz ſeyn? Sind wir auch ſo geſinnt, auch ſo ſtandhaft, auch ſo zärtlich, auch ſo voll Unter- werfung unter Gott? Beſchweren wir uns nicht oft über die mühſamen Geſchäfte? Ermatten wir nicht zuweilen, wenn andre Menſchen gegen uns undankbar, und unge- recht ſind? Gerathen wir nicht zuweilen in Hitze, ſobald man unſre Verdienſte verkennen und verkleinern will? Vergleichet das mit dem Betragen Jeſu Chriſti, der das mühevollſte Leben hatte, und beſtändig dem Muth- willen, der Verläumdung, der Verachtung andrer aus- geſetzt war. Es iſt wahr, wir haben die Kräfte des Er- löſers nicht, aber wir haben auch ſeine Leiden nicht. Wir können nicht für alle Menſchen ſterben, aber wir können doch ſeinen Geiſt nachahmen, ſeine Geſinnung annehmen. Wir müſſen eben ſo, wie er, bereit ſeyn, das Anſehen der Religion zu vertheidigen, und für ihre Erhaltung, wenn wir dazu berufen werden, ſterben. Wir können, ſo wie er, im täglichen Gebet und Umgang mit Gott unſre Wonne, und im Gehorſam gegen ihn unſre Ehre ſuchen. Laßt uns alſo auch unter Seufzen und Thränen die Laufbahn fortſetzen, und uns mit dem ſtillen Troſt des Gewiſſens, das wie Gott in uns redet, begnügen. Laſſet uns laufen und anhalten in dem Kampf, der uns verordnet iſt! (Ebr. 12, 1.) iſt es nicht Schande wenn die Knechte müd und träge werden, da der Herr ſelber ſo viel übernommen hat? Fallen wir nie- der in ſeinem Dienſt, ſo wird er uns aufrichten: Gott iſt treu, er wird uns nicht über Vernidgen auf- bürden. (1 Cor. 10, 13.) Paulus hatte bey dem An- blick
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Geſinnung Jeſu Chriſti
dern, ſo müſſen wir auch von Empfindungen der De-
muth durchdrungen werden. Können wir noch auf un-
ſre Frömmigkeit ſtolz ſeyn? Sind wir auch ſo geſinnt,
auch ſo ſtandhaft, auch ſo zärtlich, auch ſo voll Unter-
werfung unter Gott? Beſchweren wir uns nicht oft über
die mühſamen Geſchäfte? Ermatten wir nicht zuweilen,
wenn andre Menſchen gegen uns undankbar, und unge-
recht ſind? Gerathen wir nicht zuweilen in Hitze, ſobald
man unſre Verdienſte verkennen und verkleinern will?
Vergleichet das mit dem Betragen Jeſu Chriſti, der
das mühevollſte Leben hatte, und beſtändig dem Muth-
willen, der Verläumdung, der Verachtung andrer aus-
geſetzt war. Es iſt wahr, wir haben die Kräfte des Er-
löſers nicht, aber wir haben auch ſeine Leiden nicht. Wir
können nicht für alle Menſchen ſterben, aber wir können
doch ſeinen Geiſt nachahmen, ſeine Geſinnung annehmen.
Wir müſſen eben ſo, wie er, bereit ſeyn, das Anſehen
der Religion zu vertheidigen, und für ihre Erhaltung,
wenn wir dazu berufen werden, ſterben. Wir können,
ſo wie er, im täglichen Gebet und Umgang mit Gott
unſre Wonne, und im Gehorſam gegen ihn unſre Ehre
ſuchen. Laßt uns alſo auch unter Seufzen und Thränen
die Laufbahn fortſetzen, und uns mit dem ſtillen Troſt
des Gewiſſens, das wie Gott in uns redet, begnügen.
Laſſet uns laufen und anhalten in dem Kampf,
der uns verordnet iſt! (Ebr. 12, 1.) iſt es nicht
Schande wenn die Knechte müd und träge werden, da
der Herr ſelber ſo viel übernommen hat? Fallen wir nie-
der in ſeinem Dienſt, ſo wird er uns aufrichten: Gott
iſt treu, er wird uns nicht über Vernidgen auf-
bürden. (1 Cor. 10, 13.) Paulus hatte bey dem An-
blick
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